328. Behextes Kind.
Als eine Frau zu Nußloch mittags ihrem sechswöchigen Kinde Brei gab, kam eine Krautschneiderin in die Stube und fragte sie, warum das Kind so wenig Brei erhalte. Die Frau erwiederte, das gehe die Krautschneiderin nichts an; worauf dieselbe voll Zorn sich entfernte. Am Abend, wo das Kind wieder Brei bekommen [301] sollte, nahm es keinen an, sondern weinte heftig, und den ganzen andern Tag war sein Benehmen eben so. Bekümmert trug die Frau das Kind im Dorf herum und fragte, ob ihm niemand helfen könne. Ein alter Strumpfstricker erbot sich dazu und ging mit ihm am folgenden Morgen um fünf Uhr nach Wiesloch zu den Kapuzinern. Nachdem dieselben lange über das Kind gebetet hatten, kam eine große Kapsel zur Thüre herein und sagte, sie sollten sie öffnen. Dies geschah, und man sah darin viele Päckchen liegen, deren jedes mit einem Namen überschrieben war. Die Kapsel sprach weiter, sie sei die Krautschneiderin und habe das Kind behext; es könne jedoch davon befreit werden, wenn man ihm Pulver aus dem Päckchen gäbe, worauf sein Name stehe. Die Kapuziner fanden letzteres und gaben die eine Hälfte des Pulvers dem Kind ein, die andere dem Strumpfstricker mit nach Hause. Dort sagte derselbe der Mutter des Kindes, am Abend werde die Krautschneiderin wieder zu ihr kommen, welcher sie das Pulver, das er mitgebracht, in einem Stück Brod zu essen geben solle. Die Frau that dies, worauf die Krautschneiderin ganz rasend wurde und zum Schornstein oben hinausfuhr. Das Kind war wieder ganz hergestellt und lebt, als uralte Frau, noch heute.