Schloß Orban

Aus einem längeren Gedichte bey Diebold Schilling Burgund. Krieg. Bern, 1743. S. 183.


Der Winter wollte lang bey uns seyn,
Des trauerte manches Vögelein,
Das jezt gar fröhlich singet,
Auf grünem Zweig hört mans im Wald
Gar süssiglich erklingen.
Der Zweig hat gebracht gar manches Blat,
Danach man grosses Verlangen hat,
Die Heid' ist worden grüne;
Darum so ist gezogen aus
Gar mancher Mann so kühne.
[133]
Einer zog auf, der andre ab,
Das hat genommen gar wilde Hab,
Der Schimpf hat sich gemachet,
Des hat der Herzog von Burgund
Gar wenig mehr gelachet.
Man ist gezogen in sein Land,
Ein Stadt ist Ponterlin genannt,
Da ist der Reigen anfangen,
Darin so sieht man Wittwen viel
Gar trauriglichen prangen.
Der Bär eilt ihnen nach mit der Fahn,
Er brannt, als er vormals gethan,
Den Welschen da zum Leide,
Da er das Dorf gezündet an,
Da zog er auf weite Heide.
Da nun der Zug gen Orban kam,
Da brannt die Stadt in Feuers Flamm,
Wann sie sich hätten ergeben
An die frommen Herren von Bern!
Das war dem Schloß nicht eben.
Darum sie es gezündet an,
Das hat entgolten mancher Mann,
Der in das Schloß ist kommen,
Die Eidgenossen in der Stadt
Sie löschten das Feuer zum Frommen.
Gesellen nahmen den Kirchthurm ein,
Und schossen zu den Welschen herein,
Daß es so laut erkrachet,
[134]
Wiewohl es war ein grosser Ernst
Des Schiessens mancher lachet.
In dem da stürmt man an das Schloß,
Man achtet gar kein Wurfgeschoß,
Sie hauen ein Loch in die Mauren,
Dadurch schlüpft mancher kühne Mann,
Um sich hat er kein Trauren.
Die von Bern stürmten vorne dran
Und die von Basel hinten an,
Sie kamen darin mit Genossen,
Das Fähnlein von Luzern, weiß und blau,
Sah man gar bald im Schloße.
Da nun die Welschen sahen klar,
Wie schnell das Schloß erstiegen war,
Sie warfen ab die Wehrn,
Und baten, daß man auf sollt nehmen,
Durch Gott und unser Frauen Ehrn.
Hätten sie das beyzeit gethan,
Man hätt sie allesamt leben gelahn,
Jezt wollt man sie nicht ehren;
Da nun die Welschen sehen das,
Begannen sie sich zu wehren.
Sie hatten ein Thurm eingenomm'n,
Da konnt man lang nicht zu ihn komm'n,
Da waren viele innen,
Sie wehrten sich gar lange Zeit,
Und mocht ihr keiner entrinnen.
Da fügt sich daß man zu ihn kam,
Inwendig im Thurm man aufhin klam,
[135]
Viel höher als sie waren,
Man warf ihr eben viel zu todt,
Und traf sie über den Ohren.
Es geschah nie kein'm Mann grösser Noth,
Man warf sie lebendig und todt,
Allsamt über die Zinnen,
Das Schloß Orban man also thät
Den Welschen abgewinnen.
Darin waren mehr denn hundert Mann,
Die all ihr Leben musten lahn,
Darin will ich nicht lügen,
Man lehrt sie über die Mauer all
Ohn alles Gefieder fliegen.
Noch ist ein stark Schloß Jungi genannt,
Dem ward es auch gar bald bekannt,
Wie es zu Orban ergangen,
Da waren viel der Welschen auf,
Herab hatten sie Verlangen.
Man zog gen Jungi in die Stadt,
Nach dem Scholß man groß Verlangen hat;
Da man kam dargeschlichen,
Da waren die Welschen alle daraus
In welsche Land gewichen.
Der Bär war gelaufen aus dem Höhl,
Es ist ihm ergangen also wohl,
Wieder heim ist er gesprungen,
Gott geb ihm fürbas Glück und Heil,
Hat uns Veit Weber gesungen.
[136]

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TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 2. Schloß Orban. Schloß Orban. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-10FF-A