Schuld

Mündlich.


Es ging ein Knab spazieren,
Zu Augsburg in den Wald,
Da begegnet ihm ein Mägdlein,
War achtzehn Jahre alt,
Gar schön war sie gestallt.
Er nahm das Mädel gefangen,
Gefangen must du sein!
Er zog ihr aus die Kleider,
Und schlug sie also sehr,
Hat ihr genommen die Ehr.
Zu Augsburg in dem Wirthshaus
Saß er bei Speis und Trank;
Da kam dasselb'ge Mägdlein,
Griff ihn an seine Hand,
Schloß ihn in Ketten und Band.
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Zu Augsburg auf dem Thurme,
Wo er gefangen saß,
Da kam seine liebste Frau Mutter:
Mein Sohn was machst du da?
Was hast du da gemacht?
Was ich allhier wohl mache,
Das darf ich euch schon sag'n:
Ich hab das schwarzbraun Mägdelein
Geschlagen also sehr,
Hab ihr genommen die Ehr.
Ach Jüngling! liebster Jüngling,
Ist das nicht Schand und Spott?
Dein Kopf der gehört an Galgen,
Dein Körper auf das Rad,
Weil du's verschuldet hast.
Ach Mutter, liebste Mutter mein!
Ist denn der Bericht schon da?
So bestellt mir Roß und Wagen,
Ich geh nicht mehr zu Fuß,
Weil ich weiß, daß ich sterben muß.
Ihr lieben Herrn von Augsburg!
Noch eine Bitt an euch:
Den Kirchhof thut mir schenken,
Dazu ein seidenes Kiß'n,
Wo's gut drauf rasten ist.
Ach Jüngling, liebster Jüngling mein!
Das geht nicht bei der Stadt,
Der Kopf gehört an Galgen,
Der Körper auf das Rad,
Weil dus verschuldet hast!
[189]

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TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 2. Schuld. Schuld. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0B9D-D