[273] Das Erdbeben

Frankfurt, 10. des Christmonds 1848.


Die Welt erbebt und zittert rings,
Und alle Vögel sind im Schweben,
Des Geistes Vögel all, als ging's
Zum letzten Kampf auf Tod und Leben.
Komm denn, mein Vogel, leichter Sinn!
Komm, Leichtsinn, auch! Wir müssen's wagen.
Man soll uns nicht als Leichen hin
Lebend'gen Leibs zu Grabe tragen.
Durch Blitz und Donner fröhlich hin!
Dein Flügelklang sei Klang der Wonne,
Als flöge Glück mit mir dahin,
Umleuchtet von des Sieges Sonne.
Hinein in dicksten Schlachtenkampf,
Wo ältste Königsthrone fallen!
Dort überm Kampf und überm Dampf
Laß Siegeslieder lustig schallen.
Dort greife dir den süßen Raub
Des Muts, dem ew'ge Sterne blinken,
Und, muß es sein, laß froh den Staub,
Der nicht du ist, zu Staub versinken.
Ha! Was ist Leben? Was ist Tod?
Soweit des Geistes Lüfte wehen,
Wird neu erblühn dein Morgenrot,
Neu deine Sonne auferstehen.
Laß unten Krähn und Raben schrein,
Empor, wo Adlerschwingen tönen!
So in den vollsten Kampf hinein
Im Mut des Guten und des Schönen!

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TextGrid Repository (2011). Arndt, Ernst Moritz. Gedichte. Gedichte. Das Erdbeben. Das Erdbeben. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0582-C