An die deutschen Fürsten
1842.
Ihr schaut den deutschen Michel
1 an?
Er trägt nicht mehr den Stamm der Tannen,
Doch ist er noch der wilde Mann,
Der nicht viel dannen fragt noch wannen,
Das Riesenkind im alten Traum,
Vor dessen Faust die Welt muß strauchen;
Und nimmt er sich den Weberbaum,
Er weiß wie weiland ihn zu brauchen.
Ihr schaut den deutschen Michel an?
O meinet nicht mit ihm zu scherzen!
Er ist noch heut der wilde Mann,
Der viel im Arm hat, mehr im Herzen.
[241]Traut nicht zuviel auf seinen Traum,
Er träumet hart am Morgentore,
Ein solcher Traum wird nimmer Schaum,
Er hat die volle Lichtaurore.
Ja, schaut euch nur den Michel an,
Er reibt die Augen zum Erwachen,
Ihm träumte, wie er ein Gespann
Von einem Riesen schlug und Drachen –
O schaut, wie ihm des Schlafes Sand
Vom lichtbestrahlten Auge fließet,
Wie er halb träumend mit der Hand
Wie durch die Lüfte Speere schießet.
Ja, schaut euch nur den Michel an,
Die Faust, das Herz, das Speereschießen,
Der schwere Schlaf gottlob! wird dann
Auch euch wie ihm im Licht zerfließen –
Kommt, schaut den Traum, des Träumers Spiel,
Und traut nicht, daß er nur will spielen:
Weil er mit Geistern spielt zum Ziel,
So wird er desto schärfer zielen.
Ja, schaut euch nur den Michel an
Und lernt im Michel euch erkennen,
Lernt mit dem deutschen, starken Mann
Wie weiland für die Freiheit brennen,
Für deutsche Ehre, deutsches Recht,
Für deutsche Wahrheit, deutsche Freude –
Lernt das, dann weidet eu'r Geschlecht
Auch künftig mit auf deutscher Weide.
Ja, schaut den deutschen Michel an,
Was soll ich Fürsten Wahrheit fälschen?
Zieht an den vollen deutschen Mann,
Werft weg den bunten Rock der Welschen,
Werft weg den welschen Lügenschein,
All eure welschen Feinereien –
Dann tritt der deutsche Held herein,
Der erste Freie unter Freien.
Ja, schaut den deutschen Michel an –
O wärt ihr ganz aus seinem Holze!
Gleich stünde da der ganze Mann,
Der Stille, Tapfre, Freie, Stolze,
[242]Der winkte durch die Welt hinaus:
»Still, Moskowiter! Still, Franzose!
Wir stehen fertig jedem Strauß
Und schütteln kühn die roten Lose.«
Ja, schaut den deutschen Michel an –
Das Riesenkind mit Geisterträumen –
Nicht wird die Brandung, die begann,
Im dünnen Wellenspiel verschäumen –
Mit ihm mit hellem Mut hinein,
Wie wild auch Sturm und Woge treiben!
So werdet ihr die ersten sein,
Und Michel wird der zweite bleiben.