12.
Das Seufftzen des Gefangenen.
Die Seele liegt mit Ketten gebunden an die Welt/und sich selbst/ wird auch von hinten zu durch den Satan noch gehalten.

Wie lieg ich/ Arme/ noch gebunden/
Wie druckt mich meiner Fessel Last.
Ich meint'/ ich hätte Freyheit funden/
Als mich die Lieb der Welt gefast.
Da wollt ich ungebunden gehn/
Und meinen freyen Willen haben:
Drauff must ich zu gebotte stehn
Den Feinden/ die mich nicht loß gaben.
Nun sah ich/ daß ich noch nicht bin
Auß ihrer Macht und Stricken gangen:
[264]
Ach Herr/ nimm diese Fessel hin:
Mach loß/ was noch von mir gefangen.
Die Welt-Lieb ist noch sehr subtil
In mir nach der Natur verborgen/
Und was ich noch vom Fleische fühl/
Das macht dem Geist viel tausend Sorgen.
O schaue mein Gefängniß an/
Ich lasse nimmer ab zu schreyen.
Doch deine Langmuth ists/ die kan
Mich nach Verzug geschwind erfreuen.
Mach nur eins nach dem andern los/
So komm ich frey in deinen Schoos.

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TextGrid Repository (2011). Arnold, Gottfried. Gedichte. Dichtungen und spekulativ-mystische Schrift. Aus: Göttliche Liebesfunken, Erster Teil. 12. Das Seufftzen des Gefangenen. 12. Das Seufftzen des Gefangenen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-FCE5-C