Johann Valentin Andreae
Chymische Hochzeit: Christiani Rosencreütz
Anno 1459
Arcana publicata vilescunt; & gratiam prophanata amittunt.
Ergo: ne Margarit as obyce porcis, seu Asino substerne rosas.

Erster Tag

[1] Erster Tag.

An einem Abend vor dem Ostertag, saß ich an einem Tisch, vnd wie ich mich meiner gewonheit nach[Rand: Meditation / des Verf.] mit meinem Schöpffer, in meinem demütigen Gebett gnugsam ersprachet: Vnd vielen grossen Geheimnussen: (deren mich der Vatter deß Liechts seine Majestät nit wenig sehen lassen) nachgedacht. Auch nuhn mir mit meinem lieben Osterlämblein, ein ohngesäurt, vnbeflecktes Küchlein in meinem Hertzen zubereitten wöllen, kommet einsmals ein solcher grausamer Wind daher, das ich nit anders meinte, dann es wurde der Berg, darein mein Häußlein gegraben, vor grossem gewalt zerspringen müssen. Weil mir aber solches vnnö dergleichen an dem Teuffel (der mir manch leyds gethan) nit ant that, fasset ich einen muth, vnd bleib in meiner Meditation, biß mich, wider mein gewonheit jemand auff den Rucken anreget, darvon ich dermassen erschrocken, das ich mich kaum vmbsehen dörffen, noch stellet ich mich so frewdig, als Menschliche schwachheit zu dergleichen sachen seyn kan. Vnd[Rand: ihm / erscheint /eine / Heroldin] wie mich solch ding zu etlich mahlen beim Rock zupffet, sihe ich hinvmb, da war es ein schön herrlich Weibsbild, deren Kleid gantz blaw, vnd mit gulden Sternen, wie der Himmel, zierlich versetzt gewesen. In der rechten Hand trug sie ein gantz güldin Posaun, daran ein Nam gestochen gewest, den ich wol lesen kund, mir aber [1] nochmahlen zu offenbaren verbotten worden. In der lincken Hand hatte sie ein grosses büschel Brieff, von allerley sprachen, die sie (wie ich hernach erfahren) in alle Land tragen muste: Sie hatte aber auch Flügel, grosse vnd schön, voller Augen, durch vnd durch, mit denen sie sich aufschwingen, vnd schneller dann kein Adler fliegen kundt. Ich hette vielleicht noch mehr an jhr können notieren, Aber weil sie so kurtz bey mir geblieben, und noch aller schreck vnd verwunderung in mir gestecket, muß ichs so sein lassen. Dann so bald ich mich vmbgewendet, blättert sie ihre Brieff hin vnd wieder, vnd zeücht entlich ein klein Briefflein herauß, welches sie mit grosser Reverentz auff den Tisch gelegt, vnd ohne einig wort, von mir gewichen. Im auffschwingen aber hat sie so kräfftig in ihr schöne Posaunen gestossen, das der gantze Berg davon erhallet, vnnd ich fast ein Viertel stund hernach mein eygen wort kaum mehr gehöret. In solcher vnversener Abentheur wuste ich mir Armen selbsten weder zu rahten noch zu helffen: fiel deßwegen auff meine Knie, vnd bat meinen Schöpffer: Er wolte mir nichts wider mein Ewiges Heyl zugehen lassen:[Rand: mit einem / Brief] Gieng darauff mit forcht vnd zittern zu dem Briefflein, das war nuhn so schwer, das, da es lauter Goldt gewesen were, hette es kaum so schwer seyn können. Wie ich es nun fleissig besihe, befinde ich ein klein Sigill, damit es vermacht, Darauff ward ein zartes Creütz gegraben[Rand: dessen / Siegel] mit der Inscription: In hoc signovinces. So bald ich nun das Zeichen befunden, war ich desto getröster, als welchem nit vnbewust, dz solches Sigill dem Teuffel nit annemmlich, viel weniger gebräuchlich were. Macht derowegen das Briefflein subtil auff: Darinnen fand ich im blawen Feld mit guldenen Buchstaben, nachfolgende Verß geschrieben:


Heut, Heut, Heut,
Ist deß Königs Hochzeit,
[2]
Bistu hierzu gebohren,
Von Gott zu Frewd erkohren,
Magst auff den Berge gehen,
Darauff drey Tempel stehen,
Daselbst die Geschicht besehen.
Halt Wacht,
Dich selbst betracht,
Wirstu dich nit fleissig baden,
Die Hochzeit kan dir schaden.
Schad hat wer hie verzeucht,
Hüet sich wer ist zu Leicht,
Vnden an stund: Sponsus & Sponsa.


Da ich nuhn diesen Brieff gelesen, erst wolte mir gantz geschwinden, alle Haar giengen mir zu Berg, vnd[Rand: Inhalt / von der / Hochzeit] lieff mir der kalte Schweiß vber den gantzen Leib herab, dann ob wol ich merckte, daß diß die angestelt Hochzeit were, von deren mir vor sieben Jahren in einem Leiblichen Gesicht gesagt worden, auch welcher ich nuhn ein so lange zeit mit grossem verlangen gewartet, vnd endtlich in fleissiger nachrechnung vnd Calculation meiner annotierten[Rand: Erfordernisse / an / den Hochzeitgästen / nach / 7 Punkten] Planeten also befunden, hätte Ich mich doch nimmermehr versehen, daß es mit so schweren vnnd gefährlichen Conditionen würde zugehen. Dann da ich zuvor gemeint: Ich dörffte nur gerad bey der Hochzeit erscheinen, da wurde ich willkommen vnd lieber Gast sein, jetzt aber weist es mich auff Göttliche versehung,[Rand: 1. / ungewisse / Erwählung] derer ich noch dißfals nimmer gewiß: so befandt ich auch bey mir selbst, je mehr ich mich selbsten erwegete, das in meinem Kopff nichts dann grosser vnverstandt, vnd blindheit in geheymen sachen were, auch daß nit[Rand: 2. / Unwissenheit vnd / Blindheit / des Verstandes] verstehen kundt, daß mir vnter den Füssen gelegen, vnnd mit dem ich täglich vmbgangen, viel weniger daß ich solte zu erforschung vnd erkandtnuß der Natur Secreten gebohren sein, weil meines erachtens die Natur allwegen einen Tugentlicheren discipel hette finden mögen, dem[3] [Rand: 3.] sie ihren so theüren, gleichwol zeitlichen vnd vergänglichen[Rand: 4.] Schatz vertrawete. So befand ich auch daß mein[Rand: Geheimnisse der / Natur] Leib, vnd eusserlicher guter wandel vnd Brüderliche lieb gegen meinem nechsten auch nit recht gereiniget[Rand: 5.] vnd geseübert were. So erzeigt sich auch noch deß[Rand: 6.] Fleisches kützel, welchem sein Sinn nur zu hohem ansehen, vnd weltlichem Pracht, nit dem neben Menschen zu gut stund, vnd jmmer gedachte, ey wie köndte ich[Rand: Weltsinn] durch solch Kunst meinen nutzen in kurtzem so trefflich befördern, statliche Gebäw aufführen, ein ewigen Namen in der Welt machen, vnd was dergleichen fleischliche gedancken mehr sein, sonderlich aber bekümmerten mich[Rand: 7.] die dunckele Wort, von den 3. Tempeln, die ich mit keinem nachdenken zuwege bringen köndte, Auch vielleicht noch nit kundte, wann mir solches nit wunderbarlich were eröffnet worden. Wie ich nuhn in solcher forcht und hoffnung steckte, mich selbsten hin vnd wider erwegete, zu allmahlen aber nur mein Schwachheit, vnnd vnvermöglichkeit befande, vnd also mir selbsten in keinen weg helffen konte, auch mich vor gemelter betrawung hefftig entsetzete: griff ich entlich nach meinem gewönlichen vnnd aller sichersten weg, legte mich nach[Rand: Gebet] vollendtem ernstlichem vnd eifferigem Gebett in mein Bett: Ob mir doch mein guter Engel auß Göttlicher verhengnuß möcht erscheinen, in diesem zweifelichem handel, wie vormals etlichmal beschehen, berichten, welches dann auch Gott zu Lob, mir zum besten, vnd meinem Nechsten zu trewlicher vnd hertzlicher warnung vnd besserung geschehen. Dann wie ich kaum entschlaffen,[Rand: Gesicht im /Schlaff] dauchte mich, ich lege in einem finstern Thurn neben andern unzahlbaren Menschen, an grossen Ketten[Rand: Der / finstere / Thurm] gefangen, darinnen wir dann ohn alles Liecht und schein, wie die Immen vbereinander gewimlet, vnnd also einer dem andern sein trübsal noch schwerer gemacht: wiewol nuhn weder Ich, noch vnser keiner ein sticken gesehen, höret ich doch jmmer sich einen vber den andern [4] zu erheben, wann sein Ketten oder Springer, nur vmb das geringste leichter gewesen, ohn angesehen, vnser keiner den andern viel auffzuheben hatte: Weil wir allezumal gemachte tropffen gewesen. Wie ich nun auch in solchem Trübsal mit andern ein gute weil verhartte, vnd immer einer den andern ein blinden vnd gefangenen gescholten, hören wir entlich mit viel Trommeten zusammen blasen, auch die Heertrommel so Künstlich darzu schlagen, daß es vns dennoch in vnserm Creütz erquickt vnd erfrewet hatt. Vnter solchem gethön wirdt[Rand: Erleuchtung] der Deckel am Thurn oben auffgehoben, vnd vns ein wenig Liechts zugelassen. Da hette man vns erst recht sehen durch einander burtzlen, dann da gieng alles durch einander, vnd muste etwa der, so sich zu viel erhoben, andern vnder die Füß kommen: Summa, ein jeder wolt der oberst seyn, wie ich mich dann selbsten nit gesaumt, sondern mit meinen schweren Springern, dannoch vnder andern herfür gewischt, vnd an einen[Rand: der zum / Schutz / dienende / Stein] stein, den ich erwischt, erhoben, wiewol ich auch da etlich mahl von andern angriffen worden, da ich mich allweg, so gut ich gemöcht, mit Händ vnd Füssen erwehrt, dann wir meineten nit anders, dann wir werden alle ledig gelassen werden, welches doch weit anders geschehen: Dann nach dem sich die Herren, so oben vom Loch deß Thurns auff vns hinab gesehen, durch solches zabeln vnnd wünseln ein wenig erlustriert, heisset vns ein Alter[Rand: der Aufseher des / Thurms] Eyßgrawer Mann still sein, vnnd wie er diß kaum erhalten, fanget er, wie ich es noch behalten, also an zu reden:


Wann sichs nicht thet erheben,
Das arm Menschlich geschlecht,
Wer jhm viel guts gegeben,
Von meiner Mutter recht,
Weils aber nit will folgen,
Bleibt es in solchen sorgen,
[5]
[Rand: siehe S. / Bernhard / serm. 3. / de 7. fragmentis] Vnd muß gefangen sein.
Noch will mein liebe Mutter,
Ansehen ihr Vnarth nicht,
Last jhre schöne Gütter,
Zu viel kommen ans Liecht,
Wiwol solchs geschicht gar selten,
Damit sie auch was gelten,
Sonst helt mans für ein Gdicht,
Darumb dem Fest zu ehre,
Welchs wir heut feyren thun,
Das man jhr Gnad vermehre,
Ein gut Werck will sie thun,
Das Seil wird man jetzt sencken,
Wer sich daran wirdt hencken,
Der selb soll werden los.

[Rand: die Fraw / mit dem / Seil] Wie er nun diß kaum außgeredt, befahle die Alte Fraw jhren Dienern, das Seil in den Thurn zu sieben mahlen hinab zu lassen, vnnd wer da behangen wurde,[Rand: siebenmal] herauff zu ziehen. O wolte Gott ich köndte gnugsam beschreiben, was vnruh sich dazumahl vnder uns erhaben, dann jeder wolt an das Seil fallen, vnd hindert doch nuhr einer den andern. Es war aber nach sieben[Rand: der erste / Zug 4.] minuten, mit dem Glöcklein ein Zeichen gegeben. Darauff die Diener auffs erste mahl vier außgezogen, dann dazumal konte ich noch bey weitem zum Seil nit kommen, als der ich mich, wie vorgemelt, zu meinem grösten vnglück, an der Wand deß Thurns auff einen Stein begeben, vnd deßwegen zum Seil, daß in der[Rand: der zweyte] mitten hinab gangen, nit kommen mögen. Deß andern mals wirdt das Seil hinab gelassen, Aber weil manchem die Ketten zu schwer, die Händlin aber zu weich gewesen, kondte er sich am Seil nit erhalten, sonder schlug noch wol manchen der sich villeicht erhalten hette, mit sich hinab, Ja es wurde noch wol mancher von eim andern herab gerissen, der doch selbsten nit dahin kommen[6] konte: waren also in vnserm grossen Elend noch neydig auf einander. Die aber daurten mich selbsten am aller vbelsten, denen jhr Gewicht so schwer gewesen, daß sie jhnen selbst die Hand auß dem Leib gerissen, vnd doch nicht hinauff kommen können. Also kams, das zu den fünffmahlen gar wenig auffgezogen worden: Dann so bald das Zeichen ward gegeben, waren die Diener mit dem auffziehen so schnell, das der mehrtheil vber ein ander geburtzelt: sonderlich aber das fünfftemahl das Seil gar ler auffgezogen worden, deßwegen der mehrtheil, auch ich selbsten an vnser erledigung verzagt, vnd Gott angeruffen, er wolte sich vnser erbarmen, vnd da es müglich auß dieser finsternuß vns erlösen: der dann auch etliche vnder uns erhört. Dann da das Seil zum[Rand: der / sechste] sechsten mal kommet, hencken sich jhrer etliche festiglich daran. Vnd weil das Seil im auffziehen hin vnnd her schwanket, ist es villeicht auß Göttlichem willen zu mir gefahren, welches ich schnell erhaschet, zu obrist auff alle andere gesessen, vnnd also entlich wider verhoffen heraußkommen, welches mich hoch erfrewet, das ich der Wvnden, so ich am Kopff, von eim spitzigen[Rand: Wunden / im / Thurm] Stein im auffziehen empfangen nit empfunden, biß ich mit andern erledigten, den 7. vnd letzsten zug thun helffen (wie zuvor allweg beschehen) müssen, da mir dann von arbeit dz Blut vber mein gantzes kleid abgeloffen, welchs ich doch vor frewd nicht geacht hatte.[Rand: der / siebente / Zug] Wie nun auch der letste zug, daran noch am aller meisten gehangen, vollendt gewesen, lasset die Fraw das Seil hinweg thun, vnd jhren vhralten Sohn (dessen[Rand: der Sohn / der Fraw] ich mich höchlich verwundert) den andern gefangenen jhren bescheid verkündigen, der sie dann nach wenigem bedencken also angeredt:


Ihr liebe Kind,
Die jhr hie sind,
Es ist vollendt,
[7]
Was lengst erkennt,
Was meiner Mutter grosse gnad
Ewren beyden hie erwiesen hat,
Daß solt jhr ihn nit thun mißgönnen,
Ein frölich zeit die soll bald kommen.
Darin einer wirt dem andern gleich,
Keiner wirt sein arm oder reich,
Wem viel befohlen,
Muß viel holen,
Wem viel vertrawt,
Dem gehts and' haut,
Darumb so last ewer grosse klag,
Was ists vmb etlich wenig tag.

So bald er die wort vollendt, ward der Deckel wider zugethan, vnd verschlossen, vnd das Trommeten vnd Heertrommeln wider angehoben: So laut kont aber der Thon nit sein, man hört noch der gefangenen bittere klag, die sich im Thurn erhoben für allen herauß. Welches mir dann auch bald die Augen vbergetrieben.[Rand: die Fraw / zählt die / herausgezognen] Bald setzt sich die alt Fraw mit jhrem Sohn auff zubereitte Sessel nieder, vnd befilcht die erlöste zu zehlen. Wie sie nun die zahl vernommen, vnd auff ein Goldgelb Täffelein auff geschrieben, begert sie eines jeden Namen, welche auch von eim Knäblein auffgeschrieben[Rand: der / Schreiber] worden: Wie sie vns nun nacheinander ansihet, erseüfftzet sie, vnd spricht zu jhrem Sohn, dz ichs wol hören kundt: Ach wie tawren mich die arme Menschen im Thurn so vbel, wolt Gott, ich dörffte sie[Rand: warum / nicht alle / erlöst sind] alle erledigen. Darauff der Sohn geantwortet: Mutter, so ists von Gott verordnet, dem sollen wir nit widerstreben, wann wir alle Herren weren, vnd alles Gut hetten auff Erden, vnd weren dann zu Disch gesessen, wer wolt vns doch bringen zu essen. Deßwegen die Mutter geschwiegen, Aber bald darauff sagt sie: Nuhn so last doch diese von jhren Springern erledigen: [8] Welches dann auch schnell geschehen, und war ich ohn[Rand: Danckbarkeit des / erlösten / Verfassers] wenig der letste. Noch kundte ich mich nit enthalten, ob ich wol als auff andere gesehen, sonder neiget mich vor der alten Frawen, vnnd dancket Gott, der durch sie mich auß solchem Finsternuß ans Liecht gnedig vnnd Vätterlich bringen wöllen, welches dann auch andere nach mir gethon, vnd also die Fraw vernieget. Entlich wurde einem jeden ein guldiner denck- vnd zehrpfenning gegeben, Darauff war auff der einen seitten[Rand: Goldmüntze / ⊙] die Sonn, wie sie auffgieng gepreget, auff der andern seiten stunden meines behaltens diese drey Buchstaben[Rand: Deus Lux / Solis / vel / Deo Laus /Semper] D. L. S. Damit einem jeden vrlaub gegeben, vnd zu seim thun geschickt worden, mit dem anhang wir solten zu Gottes lob, vnserm Nechsten nutzen, vnnd was vns vertrawet, verschwigen behalten, welches wir auch zu thun versprachen, vnd also von einander geschieden.[Rand: Gebot des / Stillschweigens] Ich aber kundte von wegen der Wunden, so mir die Springer gemacht, nit wol fort kommen, sonder hinckte an beeden Füssen, welches die Alte bald ersehen, hierüber gelacht, vnd wider zu sich gefordert vnd angeredt. Mein Sohn, laß dich diesen mangel nit bekümmern, sonder erinnere dich deiner Schwachheiten, vnd dancke[Rand: Beurlaubung / des Verf.] ödaneben Gott, der dich zu so hohem Liecht, noch auff dieser Welt, vnnd im stand deiner vnvollkommenheit kommen lassen, vnd behalte diese Wunden von meinet wegen. Darauff sich dann das Trommeten abermal[Rand: Wunden /an den / Füssen] erhoben, welches mich dermassen erschreckt, dz ich erwacht, vnd erst gemerck't dz es nuhr ein Traum gewesen, welcher mir doch so starck im Sinn gelegen, das ich[Rand: Erwachung / vom / Traume] mich noch immer vor dem Traum besorget, so däucht mich auch, wie ich noch der Wunden an den Füssen empfünde. Wie nun dem allen, so verstund ich doch wol, dz mir von Gott vergünnet worden were, solcher[Rand: Trost] heimlichen vnd verborgenen Hochzeit beyzuwohnen, deßwegen ich seiner Göttlichen Majestät hierumben mit Kindtlichem vertrawen gedanck't vnd gebetten, Er wolte[9] [Rand: Gebet] mich ferner also in seiner forcht erhalten, mein Hertz täglich mit Weißheit vnd verstandt erfüllen, auch entlich zu erwünschtem end, ohne mein verdienst gnediglich[Rand: Zurüstung / zur Reise] bringen. Darauff rüstet ich mich auff den weg, zog meinen weisen Leinen Rock an, vmbgürtet meine lenden mit einem Blutrohten Bendel kreützweiß vber die Achslen gebunden: Auff meinen Hut steckt ich vier rohter Rosen: damit ich vnder dem Hauffen durch solche Zeichen könte desto eh gemerckt werden. Zur Speiß nam ich Brot, Saltz vnd Wasser. Deren ich mich dann, auß raht eines Verständigen, zu gewisser zeit nit ohne nutz in solchen fählen gebraucht. Ehe ich aber auß meinem Hüttlein gewichen, fall ich zuvor in solchem meinem Apparat vnd Hochzeitkleid auff die Kniehe, vnd bitte[Rand: Gelübde] Gott, dz wa solches war, Er es doch mir zu eim guten end gereichen lassen wolt, hab auch darauff vor Gottes Angesicht gelobt: daß da mir etwas durch sein Gnad wurde eröffnet werden, Ich mich dessen weder zu ehr noch ansehen in der Welt, sonder seines Namens befürderung vnd dem neben Menschen zu dienst wölle gebrauchen. Und bin mit solchem Gelübt, vnd guter Hoffnung mit frewden auß meiner Cellen geschieden.

Zweyter Tag

[10] Zweyter Tag.

Bloß war ich auß meiner Cellen, in den Wald[Rand: Frewde / aller / Creaturen / wegen der / Hochzeit] kommen, da duncket mich schon, es hette sich der gantze Himmel vnd alle Element, zu solcher Hochzeit geschmucket. Dann auch die Vögel meines erachtens lieblicher sungen dann zuvor: so sprungen die junge Hirschlin so frewdig daher, das sie mein altes Hertz erfrewet, vnnd zu singen bewegt, fieng derwegen mit lauter Stimm auch also an zusingen:


Frew dich du liebes Vögelein,
Dein Schöpffer hoch zu loben,
Dein Stimm erheb nun hell vnd fein,
Dein Gott ist hoch erhoben,
Dein Speiß hat er dir vorbereit,
Gibt dirs zu recht bequemer zeit,
Daran laß du dich genügen,
Was wolstu doch unlustig sein,
Was wolst vber Gott zürnen,
Daß er dich wolt ein Vögelin sein,
Wolst das Köpfflin verwirren,
Daß er dich nicht ein Menschen gemacht,
O schweig er hatt es baß bedacht,
Daran laß du dich genügen.
Was mach ich armer Erden Wurm,
Wolt ich mit Gott thun rechten:
[11]
Daß ich so in den Himmelstürm,
Mit g'walt groß Kunst z'erfechten,
Gott will sich ja nit bochen lan,
Wer hie nit daugt mach sich davon,
O Mensch laß dich genüegen.
Daß er dich nit zum Keyser g'macht,
Das laß du dich nit krencken,
Sein Namen hetst villeicht veracht,
Deß hatt er sein bedencken:
Die Augen Gottes heller sein,
Er sieht dir gar ins Hertz hinein,
Drumb wirst Gott nit betriegen.

[Rand: durch den / Wald] Diß sang ich nun von grund meines Hertzens, durch den Wald hindurch, daß es allenthalben erschallte, vnd die Berg mir die letsten wort repetierten, biß ich[Rand: auf die / Heyde] entlich ein schöne grüne Heyden ersehen: Dahin ich mich auß dem Wald begeben. Auff dieser Heyden stunden[Rand: 3. Cedern] drey hohe schöne Cedern Bäum, welche umb jhrer breiten willen, ein herrlichen vnd erwünschten Schatten[Rand: 3 Tempel] gegeben, dessen ich mich höchlich erfrewet: dann ob ich wol noch nit weit gangen, machte mich doch das grosse verlangen schier müed, deßwegen ich den Bäumen zugeeylet, darunder ein wenig zu ruhen. Wie ich aber[Rand: ein / Täfelchen / ] neher hinzu komme, ersihe ich ein Täfelein, so an den einen Baum gehefftet, Auff welches, da ichs nachmalen gelesen, nachfolgende wort, mit zierlichen Buchstaben geschrieben gewesen:


Hospes salue: si quid tibi forsitan de nuptiis Regis auditum. Verba haec perpende. Quatuor viarum optionem per nos tibi sponsus offert, per quas omnes, modo non in devias delabaris, ad Regiam ejus aulam peruenire [Rand: 1.] possis. Prima breuis est, sed periculosa, & quae te in varios scopulos deducet, ex quibus vix te expedire licebit. [Rand: 2.] Altera longior, quae circumducet te, non abducet, plana ea [12] est, & facitis, si te Magnetis auxilio, neque ad dextrum, neque finistrum abduci patieris. Tertia vere Regia est, quae [Rand: 3.] per varias Regis nostri delicias & spectacula viam tibi reddet jucundam. Sed quod vix millesimo hactenus obtigit. [Rand: 4.] Per quartam nemini hominum licebit ad Regiam peruenire, ut pote, quae consumens, et non nisi corporibus incorruptibilibus conveniens est. Elige nunc ex tribus quam velis, & in ea constans permane. Scito autem quamcunque ingressus fueris: ab immutabili Fato tibi ita destinatum, nec nisi cum maximo vitae periculo regredi fas esse.

Haec sunt quae te scivisse voluimus: sed heus cave ignores, quanto cum periculo te huic viae commiseris: nam si te vel minimi delicti contra Regis nostri leges nosti obnoxium: quaeso dum adhuc licet per eandem viam, qua accessisti: domum te confer quam citissime.


So bald ich nuhn diese Schrifft gelesen, war mir schon alle frewd wider dahin, vnd der ich zuvor frölich gesungen, fieng nuhn an inniglich zu weinen: dann ich sahe gleichwol alle drey Weg, vor mir, vnd wuste auch das mir nach der zeit erlaubt were, mir einen Weg zu erwehlen. Noch besorget ich, da ich auff den Steinigen[Rand: der Verf. / soll einen / Weg / wählen] vnd Felsigen Weg käme, möchte ich jämmerlich zu todt fallen: Oder da mir der lange Weg wurde, köndte ich entweders durch abweg verirren oder sonsten auff der weiten Reiß bleiben: So dorffte ich auch nit hoffen, das vnter tausent ich eben der sein solte, der den Königlichen Weg erwehlte. Den vierten sahe ich gleichwol vor mir, aber er war mit Fewr vnd Dampff dermassen vmbgeben, daß ich bey weitem nit hinzu nahen dörffte. Bedachte mich also hin vnd her, ob ich wider vmbkehren, oder der Wege einen für mich nemmen[Rand: bedenckt / sich] solte. Mein vnwürdigkeit bedacht ich wol, aber mich tröstet alzeit der Traum, da ich auß dem Thurn erlediget worden, vnd dorffte mich doch nit kecklich auff ein Traum verlassen, deßwegen ich mich dann so lang [13] hin vnd wider besonnen, biß mir von grosser mattigkeit wegen, der hunger vnd durst in Bauch kommen. Deßwegen ich bald mein Brot herfür gezogen, vnd [Rand: eine weisse / Taube / fliegt zu / ihm] auffgeschnitten, welches ein Schneeweiße Taub, so auff dem Baum gesessen, deren ich nit wahr genommen, ersehen, vnd deßwegen villeicht jhrer gewonheit nach herab gemacht, vnd zu mir gar heimlich sich begeben, deren ich dann mein Speiß gern mit getheilt: die es auch angenommen, vnd also durch ihr schöne, wider ein wenig: erquickt. So bald es aber ihr feind ein schwartzer[Rand: ein / schwartzer / Rabe] Rab ersehen, Ist er gleich auff die Taub zugeschossen, vnd gleichwol meiner nit begert, sondern der Tauben das jhre nemmen wöllen, die sich anders nit dann mit fliehen erwehren können. Seindt deßwegen mit einander[Rand: fliegen / beyde /gegen / Mittag] Mittagwerts zu geflogen, welches mich dann dermassen erzürnet vnd betrübt, daß ich auß vnbedacht dem losen Raben nacheylt, vnd also wider meinen willen, fast einer Ackerlänge weit, in der verzeichneten Weg einen geloffen, vnd also den Raben vertrieben, die Tauben[Rand: der Verf. / geräth im / Nachlaufen auf / den unrechten / Weg] aber erlöst. Allererst mercket ich, was ich unbesonnen gehandlet, vnd das ich allbereit auff ein Weg kommen, darvon ich nit wider (bey gefahr grosser Straff) weichen dörffte. Vnd wiewol ich mich noch etlicher massen hätte trösten können, war mir doch dz allermeist, das ich mein Säcklein vnd Brot bey dem Baum gelassen, vnd es nimmer holen kundte. Dann so bald ich mich vmbkehret, war mir ein so grosser Wind so starck zu wider, daß er mich leichtlich fellet, gieng ich dann zu dem Weg fort, so mercket ich gantz vnd gar nichts: darauß ich leichtlich schliessen können, Es würde mir das Leben kosten, da ich mich solte wider den Wind legen. Nam deßwegen mein Creütz gedultig auff mich, macht mich auff die Füß, vnd gedachte, weil es je sein muste, wölle ich dahin arbeiten, das ich vor Nacht könte dahin[Rand: nimmt / seinen / Compaß] kommen. Wiewol sich nuhn manch scheinlicher abweg erzeiget, wischet ich doch allweg mit meinem Compaß [14] herauß, vnd wolte von der Mittaglini vmb kein Schritt nit weichen, wiewol der Weg manchmal so rauch vnd vngebant gewesen, daß ich nit wenig ob jhm gezweiffelt, auff solchem Weg gedacht ich stettigs an die Taube vnd Raben, vnd kundte es doch nit erspeculieren: Biß ich entlich auff einem hohen Berg ein schön Portal von[Rand: findet / gegen / Sonnenuntergang / ein Portal / Unterg. / ⊙] weitem ersehen, dem ich dann vngeacht, es mir weit, weit ab dem Weg war, zugeeilt, weil allbereit die Sonn sich vnder die Berg verborgen, vnd ich sonsten bey weitem noch kein bleybende stadt ersehen können, vnd das zwar schreib ich allein Gott zu, der mich wol hätte können auff solchem Weg fort gehen lassen, vnd mir die Augen verhalten mögen, daß ich solche Port hätte können vbergaffen: Der eyle ich nun, wie gesagt, hefftig zu, die ich dann noch bey solcher Tagzeit erreichet, daß ich sie dannoch nach aller notturfft besehen können. Es war aber ein vberauß Königlich schön Portal, daran viel herrlicher Bilder vnd Sachen gehawen, deren jetlichs, wie ich hernach erfahren, sein sondere bedeutnuß hatte. Oben an war ein zimlich groß Täfelin gehefftet, mit diesen Worten: Procul hinc, procul ite Prophani: Vnd[Rand: mit einer / Aufschrift] anders mehr, welches mir zuerzehlen ernstlich verbotten worden. So bald Ich nuhn vnder die Portal kommen, wischet gleich einer in eim Himmel blawen Kleid herfür, den ich dann freündtlich gegrüst, dessen er sich gleichwolen bedanckt, aber alsbald mein Ladbrieff von mir[Rand: der / Thürhüter / fordert / den Brief] gefordert. O wie froh war ich da zumalen, daß ich ihn mit genommen: dann wie leicht hätte es sein können, das ich seiner vergessen, welches dann auch andern beschehen, wie er mir selber referiert: den hab ich nuhn bald auffgelegt, dessen er nit nur zufrieden gewesen, sonder mich noch, darob ich mich verwundert, hoch geehret, vnd gesagt: Geht hin mein Bruder, ein lieber Gast seyt jhr mir: Bat mich darneben, ich wolt jhm meinen Namen nit verhalten, da ich jhm nuhn geantwortet, Ich wer der Bruder von dem Rohten Rosen[15] [Rand: Nahmen / des Verf.] Creütz, hat er sich verwundert, vnd gleichsam gefrewet, vnd darauff angehebt: Mein Bruder, habt jhr nit so viel zu euch genommen, daß jhr könten ein Zeichen kauffen. Ich antwortet: Mein vermögen were ring, sehe er aber etwas bey mir, daß jhm liebt, daß möchte[Rand: muß ein /Zeichen / kaufen] er nemmen. Wie er nuhn mein Fläschlin mit Wasser von mir begert, Ich auch solches bewilliget, gibt er mir ein guldin Zeichen, darauff stund mehr nit als diese zween Buchstaben S. C. (Sanctitate Constantia, Sponsus Charus, Spes Charitas.) mit vermanung, da mir solches wol würde bekommen, solte ich seiner gedencken: darauff fraget ich ihn wieviel vor mir hinein weren, welches er mich auch berichtet: Entlich auß guter freüntschafft[Rand: ein versiegelter /Brief.] hat er mir ein verpitschiert Briefflein an den andern Hüetter geben. Wie ich mich nuhn etwas lengers bey jhm auffhielte, fället die Nacht, daher, deßwegen bald auff der Porten ein grosse Pechpfannen angezündet worden, damit so jemandt noch auff dem Weg were, er herzu eylen köndte: der Weg aber so vollendt zum[Rand: Schloß] Schloß gieng, war zu beyden seiten mit Mawren beschlossen, vnd mit schönen Bäumen von allerley Früchten besetzet, auch allweg drey Bäum auff beeden seiten, daran Laternen gehefftet, darinnen schon allbereit alle[Rand: die Jungfraw mit /einer / Fackel / oder Hofmeisterin / Vögtin] Liechter, durch eine schöne Jungfraw auch im Blawen Kleyd, mit einer herrlichen Fackel angezündt worden, das war so herrlich vnd Meisterlich anzusehen, daß ich mich wider die notturfft etwas langes auffgehalten. Entlich aber nach genugsamen bericht, vnd nutzlicher instruction bin ich vom ersten Hütter freündtlich geschieden: Auff dem Weg hatte ich gleichwol gern gewüst, was in meinem Briefflein geschrieben, weil ich aber dem Hütter nichts böses zutrawen dörffte, must ich mein fürnemmen im Zaum halten, vnd also den[Rand: die andere / Pforte] Weg fort passieren, biß ich auch zur andern Porten kommen, die gleichwol der andern fast gleich, aber mit andern Bildern, vnd heimlichen bedeütungen gezieret [16] gewesen. In dem angehefften Täffelin stund Date &[Rand: an derselben / ein Täfelchen] dabitur vobis. Vnder dieser Porten lag an einer Ketten ein grausamer Löw, der sich, so bald er mich ersehen, auffgericht, vnd meiner mit grossem brüllen begehrt:[Rand: darvor / ein Löwe] Darvon dann der ander Hütter, so auff einem Marmelstein gelegen, auffgewacht, vnd mich geheissen ohne Sorg[Rand: der 2te / Thürhüter] vnd Forcht seyn. Darauff auch den Löwen hinder sich getrieben, vnd das Briefflein, welches ich jhme mit zittern dargereicht, empfangen, gelesen, vnd mit grosser Reverentz also angesprochen: Nun sey mir Gott willkommen, der Mensch den ich längst gern gesehen hätte: vnder dessen zeücht er auch ein Zeichen herauß, vnd fragt mich, ob ichs lösen köndte. Weil ich aber nichts[Rand: gibt ein / Zeichen / das durch /Salz gelöset wird] mehr hatte, dann mein Saltz, bot ich jhm das dar, welches er mit danck angenommen. Auff dem zeichen stund abermal nur zwen Buchstaben, nemlich, S. M. (Studio Merentis. Sal humor, Sponso mittendus, Sal mineralis, Sal menstrualis,) wie ich nuhn auch mit dem sprachen wöllen, fanget man in dem Schloß an zu leutten, deßwegen mich der Hütter ermahnet, Ich solte schnell lauffen, sonsten wer all mein gehabte mühe vnd arbeit vergebens, dann man fieng schon oben an die Liechter außzuleschen: daß ich dann so schnell gethan, dz ich auch den Hütter nit behiet, so angst war mir, vnd zwar war es warlich vonnöten. Dann so starck kunt ich nit lauffen, es war die Jungfraw schon an mir, nach deren alle Liechter außgeloschen, hätte auch den weg nimmer treffen können, wann sie mir nit mit jhrer Fackel noch ein schein gemacht hätte: Noch treibet mich die not, das ich allernechst an jhr hinein kommen, da dann die Port so schnell zugeschlagen worden, das mir auch ein stuck vom Rocke hinein geschlossen worden,[Rand: die Pforte / wird verschlossen] welchs ich gewißlichen dahinden lassen müssen, dann den Thorwartten kondten weder Ich, noch die so allbereit vor der Thüren daraussen gerufft, dahin bringen, dz er wider eröffnet hätte, Sondern er hab die Schlüssel [17] der Jungfrawen gegeben; die sie mit sich in den Hoff genommen: Vnder deßen sihe ich mich abermals an der Porten vmb, die war nuhn so köstlich, daß jhrs[Rand: zwo Pyramiden vor / derselben] gleichens die gantze Welt nicht hatt: Neben der Thüren waren zwo Seülen. Auff der einen stund ein frölich Bild mit dieser inscription:congratulor. Das and' verhület sein Angesicht, war trawrig, vnd stund darunder Condoleo. In Summa, solche dunckele verborgene Sprüch, vnd Bilder waren daran, daß sie die gescheidesten auff[Rand: Versprechen / des Verf.] der Erden nit hätten außlegen können. Es sollen aber solche alle, so es anderst Gott zulest, in kurtzem von mir an Tag gebracht, vnnd eröffnet werden. Vnder dieser Porten mußte ich abermal meinen Namen geben, der würde in ein Pergamentin Büchlein zu letst angeschrieben, vnd alsbald mit andern, dem H. Bräutigam vberschickt, da ward mir erst dz rechte Gastzeichen gegeben, das war etwas kleiners dann die andern, doch viel schwerer, auff diesem stunden diese Buchstaben S. P. N. (Salus per naturam, Sponsi praesentandus nuptiis.) vber deß gab man mir ein new par schu, dann der Boden deß Schlosses war von lauter hellem Marmor gelegt, Meine alte Schuh dörffte ich der Armen einem, so häuffig vnter dem Thor, doch fein ordentlich gesessen, geben, welchem ich wolte. Die ich dann einem alten[Rand: ein Knabe /führt ihn] Mann geschencket: Darauff führet mich ein Knab, mit zweyen Fackeln in ein kleines Gemächlein. Da hiessen sie mich auff ein Banck nider sitzen, welches ich auch gethon, sie aber steckten jhre Fackeln, in 2. löcher, so in den Boden gemacht, vnd gehen darvon, lassen mich also allein sitzen. Bald darauff hörte ich ein gereüsch, sahe[Rand: Balbierer] aber nichts, vnnd das waren etlich Männer die fallen vber mich hin, weil ich aber nichts sehen kundt, mußt ichs so geschehen lassen, vnd warten, was sie doch mit mir wurden anfangen. Weil ich aber bald vermerckt, daß es Balbierer: bitte ich sie, sie wolten mich nit so heben, ich wäre doch willig zuthun, was sie begehrten, [18] darauff sie mich bald gelassen, vnd also einer,[Rand: schneiden / ihm das / Haar ab, / vnd lassen / andres / stehen] den ich doch nit sehen kundt, fein sitlich dz Haar mitten auff dem Kopff herumb hinweg geschnitten, an der Stirn aber, Ohren vnd Augen, mein langes eyßgrawes Haar hangen lassen. In solchem ersten angriff, muß ich bekennen: Wer ich schier verzagt: dann weil mich jhrer etliche so starck hebten, vnd ich doch nichts sehen kundt, möcht ich nit anders gedencken, dann Gott hette mich vmb meines fürwitz wegen fallen lassen. Nun diese vnsichtbare Balbierer lesen das abgeschnitten Haar fleissig auff, vnd tragens mit sich hinweg: darauff sich dann beyde Knaben wieder eingestelt, vnd mein jnniglich gelacht,[Rand: zween / Knaben] daß ich mich so geförcht hette. Wie sie aber kaum etlich Wort mit mir geredt, fanget man wid' an mit eim kleinen Glöcklein zuleutten, vnd wie mich die Knaben bericht, der versamblung zeichen zugeben. Deßwegen sie mich auffgemant, vnd durch viel Gänge, Thüren vnnd Schnecken, in ein grossen Saal vorgeleüchtet.[Rand: Speisesaal] In diesem Saal war ein grosse menge der Gäst, von Keyser, König, Fürsten vnd Herren, Edel vnnd Vnedel, Reich vnd Arm, vnd allerley gesinds, dessen ich mich höchlich verwundert, vnd bey mir selbsten gedacht: Ach wie bistu so ein grosser Narr gewesen, daß du dir solche Reyse so bitter vnd sawr hast lassen angelegen seyn, Sihe da sein doch Gesellen, die du wol kennest, vnd nie nichts auff sie gehalten: die seind nun alle hie: vnd bistu mit all deim bitten vnd beten kaum zu letst hierein kommen. Diß vnd anders mehr gab mir der Teufel dazumal ein, den ich doch, so gut ich[Rand: Gottlosigkeit derer, / so nicht /den rechten Weg / gekommen / waren] kunt, auff den Außgang gewiesen. Vnder deß spricht mich meiner bekandten einer hie, d' ander da, an. Sihe Frater Rosencreutz, bistu auch hie: Ja antwortet ich, meine Brüder, die Gnad Gottes hat mir auch herein geholffen, dessen sie sehr gelacht, vnd für spöttisch gehalten, in so schlechtem ding auch Gottes bedürffen. Wie ich nuhn jeden seines wegs halber befragt, mehrertheil [19] aber vber die Felsen abklettern müssen, fahet man an mit ettlich trommeten, deren wir doch keinen gesehen zu Tisch zublasen: darauff sich dann männiglich gesetzt, jmmer einer nach dem jhn gedauchte, er were vber andere: deßwegen mir sampt andern armen Gesellen kaum ein Pletzlein an dem vndersten Tisch worden. Bald stellen sich die beyde Knaben ein, vnnd Betet einer vnder jhnen so schöne vnd herrliche Gebetlein, daß sich mein Hertz im Leib erfrewet. Dessen doch etlich[Rand: einige / unterlassen / das Beten] große Hansen wenig geachtet, sondern mit einander gelachet, einander gewuncken, in die Hüt gebissen, vnd dergleichen Fantaseyen mehr getrieben. Darnach ward das[Rand: Gerichte] Essen auffgetragen, vnd wiewol man keinen Menschen sehen kundt, war doch alles so ordentlich versehen,[Rand: unsichtbare / Diener] daß mich gedaucht, es hette ein jeder Gast, seinen eigenen diener. Wie nun meine Künstler sich ein wenig erlabt, vnd jhnen der Wein die scham ein wenig vom Hertzen geruckt: Da erhub sich erst ein Rühmen, vnd wol können. Der wolte diß probieren, der ander jenes, vnd[Rand: Prahlerey / der / betrunckenen] waren gemeiniglich vnnütze tropffen die läuttesten: ach wann ich gedenck was vbernatürlichs, vnd vnmüglichs außthun ich damalen gehört, möchte mir noch darüber vnwillen. Endlich blieben sie auch nimmer bey jrer ordnung, sondern da flicket sich da ein Lecker zwischen den Herren ein, da ein anderer, da gaben sie solche streich für, dergleichen weder Samson, noch Hercules mit all jhrer Stärcke nit hetten zuwegen bringen können. Der wolte Atlantem seines Lasts erledigen, Jener wolte den dreyköpffigen Cerberum wieder auß der Hellen ziehen. In Summa, jeder hat sein eigen geschwader, noch waren die grossen Herren so Närrisch, daß sie jhrem fürgeben glaubten, vnd die Bößwicht so verwegen, daß ob wol einer hie der ander da, mit dem Messer auff die Finger geklopfft worden, sie doch sich nit daran kereten, sondern da einer etwa ein guldin Ketten erschnapt, wolten sie es alle darauff wagen, Ich sahe einen, der hörte die [20] Himmel rauschen. Der ander kundte Platonis Ideas sehen. Der dritte wolte Democriti Atomos zehlen. So waren auch der ewig mobilisten nicht wenig. Mancher hatte meines erachtens ein guten verstandt, aber er masse jhm selbst zu sei nem verderben zuviel zu. Endlich war auch einer, der wolt vns kurtzumb bereden, Er sehe die Diener, so auffwarteten, hette auch sein streitten noch lenger getrieben, wann jhm nicht der vnsichtbaren[Rand: unsichtbare / Diener] auffwärter einer ein so redlichs auff sein verlogenes Maul geben hette, daß nicht allein er, sondern auch viel neben jhm wie die Mäußlein geschwiegen. Daß[Rand: Bescheidenheit der / rechten / Gäste] aber gefiel mir am besten, daß alle die Jenige, auff die ich etwas gehalten, in jhrem thun fein still waren, vnd nicht laut darzu schrien, sondern erkandten sich für vnverstendige Menschen, denen der Natur geheimnuß zu hoch, sie aber viel zu gering weren. In solchem Tumult hette ich schier den tag daran ich hieher kommen, verflucht: dann ich muste mit schmertzen sehen, daß lose Leichtfertige, Leut, oben am bret waren, Ich aber in solchem geringen ort noch nicht köndte mit frieden bleiben, wie mich dann dieser Bößwicht einer hönisch ein geschecketen Narren gescholten: Nun gedacht ich nicht daß noch ein Port vorhanden were, dadurch wir musten gehen, sondern meinte, Ich wurde die gantze Hochzeit vber, in solchem Spot, Verachtung, vnnd vnwerdt müssen verbleiben, welches ich doch weder vmb den H. Breuttigam, noch Braut jemalen verschuldet hette, solte jhm deßwegen meines erachtens einen andern Narren zu seiner Hochzeit gesucht haben dann mich. Sihe zu solcher Vngedult bringet einfeltige Hertzen die vngleichheit[Rand: Ungedult / wegen Ungleichheit] dieser Welt. Aber daß war eigentlich ein stuck meines Hinckens, darvon mir, wie oben gemeldet, getraumet, vnd zwar nam diß geschrey je lenger je mehr zu. Dann da waren schon die sich falscher vnd erdichter Gesicht berümbten, die greyflich erlogene träwm vns wolten bereden. Nun saß ein feiner stiller Mann[21] [Rand: ein bescheidener / Tischnachbar] bey mir, der redet nun zu manchmalen von feinen sachen, Endtlich spricht er, sihe mein Bruder, wann nun jemand keme, der solche verstockte Leut wolte auff den rechten Weg bringen, wurde man jhn auch hören: Nein[Rand: die Welt / will betrogen sein] trawn antwortet Ich. So will nun, spricht er, die Welt mit gewalt betrogen seyn, vnd mag die nit hören, so es gut mit jr meinen. Sihestu auch jenen Lecker, mit was grüllengirigen Figuren, und Närrischen gedancken er andere an sich bringt. Dort äffet einer mit vnerhörten verborgenen Worten die Leut. Doch glaube mir darumb, es kommet noch die zeit, da man diesen Mummereyen die schämen wird abziehen, vnd aller Welt Weisen, wz für Landsbetrieger darunder gesteckt, da wird villeicht noch gelten, dessen man nit geachtet. Wie er diß redet, vnd das geschrey auch je lenger je ärger wird, erhebt sich einsmals in dem Saal ein so[Rand: Music] zierliche vnd statliche Music, dergleichen ich die Tag meines Lebens niemalen gehört: deßwegen Männiglich geschwiegen vnd gewartet, wz doch darauß werden wolte. Es waren aber bey solcher Music alle Seitenspiel, dergleichen man hette erdencken mögen, vnd mit solcher Harmoni zusammen gestimmet, dz ich mein selbsten vergaß vnd also vnbeweglich gesessen, daß sich meine Beysitzer[Rand: Strafe / für die, / so nicht / zuhörten] ab mir verwunderten, vnd diß weret fast ein halbe stund, darinnen vnser keiner kein wort geredt, dann so bald einer daß Maul wolt auffthun, wurde im vnversehens ein streich, vnd wuste doch nit, waher er käme: Mich gedauchte weil vns je von den Musicanten nichts zu sehen zu theil wurde, wann ich nur alle Instrumenta, deren sie sich gebrauchten, beschawen möchte. Nach einer halbenstund hörete diese Music vnversehens auff, vnnd kundten wir nichts weiters sehen noch hören. Bald darauff erhebt sich vor des Saals Thür ein groß geprassel vnd gethön, von Posaunen, Trommeten, vnd Heerpaucken, vnd war alles so meysterlich, als wolte der Römische Keyser einziehen. Deßwegen die Thür[22] sich selbsten eröfnet, da dann der Posaunen schall so laut worden, daß wir es kaum möchten erleiden: vnder deß kommen in den Saal meines erachtens viel tausent Liechtlein, welche alle in richtiger ordnung für sich selbst[Rand: Liechter] daher gezogen, dz wir vns gentzlich entsetzet, bis endlich die vorgenanten zwen Knaben mit hellen Fackeln in den Saal getretten vnd einer schönen Jungfrawen, so auff[Rand: die Jungfraw mit /der Fackel] einem Herrlich vergulten Triumph Sessel für sich selbsten daher gefahren, vorgeleuchtet, mich gedauchte, es were eben die, so zuvor im weg die Liechter angezündt vnnd abgelescht, vnnd waren eben diß ihre Diener, die sie zuvor an die Bäwm gestellet. Diese war nun nit wie zuvor Blaw: sondern mit eim Schneeweissen glantzenden[Rand: weiß / gekleidet] Kleid angezogen, welches von lauter Gold schimmert, vnd so klar sahe, daß wir sie nicht Recklich dörfften anschawen. Die beyde Knaben waren fast auch so, wiewol etwas schlechters bekleidet. So bald die nun mitten in den Saal kommen, vnd vom Stul abgestiegen: Neigeten sich vor ihr alle Liechtlein. Darauff wir alle von vnsern Bäncken auffgestanden, aber doch jeder an seinem ort geblieben. Wie sie nun vns, wir ihr hinwider alle Reverentz, vnd ehr-erbiettung erwiesen, fanget sie mit Holdseliger stimm an also zu reden:


Der König, mein gnedigster Herr:
[Rand: Grüßung / der Gäste] So jetzmals ist nit allzufern.
Wie auch sein allerliebste Braut,
Die jhm in Ehren ist vertrawt,
Die haben nun mit grosser frewd,
Euwer ankunfft gesehen albereit,
Thun auch jedem insonderheit,
Ihr Gnad entbieten jederzeit,
Vnd wünschen von ihrs Hertzens grund,
Das euch geling zu jeder stund,
Damit ihr künfftig Hochzeit freud,
Nit wirdt vermengt mit jemands Leid.

[23] [Rand: Antrag] Darauff sie abermal höfflich mit allen ihren Liechtlein sich geneiget, vnd bald darauff also angefangen:


Ihr wist das in dem Ladungs Brieff:
Kein Mensch nit hieher worden brüfft:
Der nit von Gott all schöne gaben,
Vor lengsten möcht empfangen haben,
Vnd wer mit aller notturfft ziert,
Wie sich in solcher sach gebürt,
Wiewol sie nun nit glauben mögen,
Das jemand sey so gar verwegen,
Der mit so schwer Condition,
In dem fall dörfft einstellen thon,
Wann er sich nit vor langen zeiten,
Zu dieser Hochzeit thet bereitten.
Darumb sie in gut Hoffnung stehen,
Alles guts zu euch allen versehen,
Frewt sie daß in so schwerer Zeit,
Gefunden haben so viel Leut,
Noch seind die Menschen so verwegen,
Daß sie ihr grobheit nit bewegen,
Vnd tringen sich an orten ein,
Darzu sie nicht beruffen sein,
Daß sich nun hie kein Bub verkauff,
Ein Schalck mit andern vnder lauff,
Sie aber bald ohn alles verhelen,
Ein reine Hochzeit haben wöllen,
So wirt auff den morgenden Tag,
[Rand: Probierwage] Angstelt werden der Künstler Wag,
Da jeder leichtlich wird ermessen,
Was er daheimbden hab vergessen.
Ist nun jemand auß dieser Schaar,
Der ihm nit darff vertrawen gar,
Der mach sich jetz schnell auff ein seit:
Dan gschicht es daß er lenger beit,
So ist all Gnad an jhm verlohren,
[24]
Vnd muß er morgen vnder d' Sporen,
Bey wem nun seyn G'wissen klopfft an,
Den wirt man heint im Saale lan,
Biß morgen soll er werden frey,
Doch daß er nimmer komm hierbey.
Weiß jemand nun was hinder jhm,
Der geh mit seinem Diener hin,
Der jhm sein gemach wird zeigen thun,
Darin er heint sein ruh mög han,
Da er der Wag mit ruhm erwart,
Sonst wirt jhms schlaffen mächtig hart,
Die andern nemen hie für gut:
Dann wer wider vermögen thut,
Dem wer besser, Er wer entloffen,
Das best will man von jedem hoffen.

So bald sie das außgeredt, thut sie wider Reverentz, vnd springt mit frewden auff ihren Stul: darauff abermahl die Trommeter angefangen zu blasen, welches doch manchem seine schwere Seüfftzen nit nemmen mögen: haben sie also wieder Vnsichtbar hinauß geleittet: doch sein mehrertheil Liechtlein in der Stuben geblieben, vnnd hatt sich allweg eins zu vnser einem gesellet. In solcher perturbation ist nit wol müglich außzusprechen, was schwerer Gedanken, vnd Geberden hin und wider gangen. Noch wahr der mehrertheyl dahin bedacht, der Wag zuerwarten. Vnd wann es je da nit sein wolte, mit friden (wie sie verhofft) darvon zu ziehen. Ich hatte mich bald besunnen, vnd[Rand: dem Verf. / wird Angst] weil mich mein Gewissen alles vnverstands, vnd vnwürdigkeit vberzeügt, nam ich mir für in dem Saal mit andern zu bleiben, vnnd empfangener Mahlzeit viel lieber Content zu sein, dann zukünfftiger schlappen, mit gefahr zuerwarten. Nachdem nuhn einer da, der ander dort in ein Gemach (jeder wie ich nachmahls erfahren, in ein eigen) von seinem Liechtlein geführet [25] worden. Blieben vnser neun, vnd vnter andern auch der so vormals am Tisch mit mir gesprachet: Wiewol vns aber vnsere Liechtlein nit verlassen, Ist doch bald nach einer Stund der ernandten Knaben einer kommen, ein große büschel Strick mit sich gebracht, vns erstlich gefragt, ob wir da zubleiben entschlossen, da wir nuhn solches mit seüfftzen bewilligt, hat er jeden an ein besonder ort angelegt, vnd ist also mit unseren Liechtlin[Rand: bringt die / Nacht / traurig zu] gewichen, vnnd vns Arme im finstern gelassen: Da fieng allererst an das Wasser bey manchem vber die Körb zulauffen, vnnd kundte ich mich selbsten deß weinens nit enthalten. Dann ob wol vns nit zu reden verbotten worden, liesse doch der Schmertz vnd Betrübnuß keinen reden. So waren die Strick so wunderlich gemacht, das sie keiner auffschneiden, vielweniger vom Fuß bringen kundte, noch tröstet mich das, daß noch manchem der sich jetzt zur ruh begeben, sein gewinnen mit grosser Schmach bevorstunde, wir aber mit einer einigen Nacht, all vnser vermessenheit könten abbüssen. Biß ich entlich in meinen schweren Gedancken entschlieff. Dann ohn angesehen der weniger theil vnter vns die Augen zuthet: So konte ich mich doch wegen der mühde nit enthalten. In solchem Schläff hätte ich[Rand: hat einen / typischen / Traum] einen Traum, wiewol nun dasselbig nit viel hinder jhm, halte ich doch nit für vnnötig, denselben zu erzehlen![Rand: Was mit / der Prob / wag abgehen / würde] Mich gedauchte, wie ich auff einem hohen Berg wäre: Vnd sahe vor mir ein grosses vnd weites Thal. In diesem Thal, waren bey einander ein vnsägliche menge Volcks, deren jeder auff dem Kopff einen Faden hatte, mit dem er an den Himmel angehencket war. Nun[Rand: Wer hoch / steigt: / fällt hoch] hienge einer hoch der ander nider, etliche stunden noch gar auff der Erden. Es flog aber in den Lüfften ein alter Mann vmb, der hatte in seiner Hand ein Scheren, damit er hie einem dort eim andern sein Faden abschnitt, Welcher nuhn nahe bey der Erden war, der war desto eh fertig, vnd fiel ohne rumor. So es dann an [26] ein hohen kam, da fiel er daß sich die Erd erzittert. Etlichen geriets, daß jhn jhr Faden nach gelassen wurde, daß sie auff die Erden kamen, ehe der Faden abgeschnitten wurde. Ab solchem burtzeln hatte ich meinen lust, vnd frewet mich von hertzen, wann einer, der sich lang in Lüfften seiner Hochzeit vberhub, so schantlich herunder fiel, vnd noch etwan seiner nachbarn etlich mit sich nam. So frewet mich auch, wann der so sich jeder zeit bey der Erden gehalten, so sein still konte hiervon kommen, daß es auch seine Nechsten nit mercketen. Wie ich aber nun in höchsten meinen frewden bin, werde ich von einem meinem mitgefangnen vnversehens gestosen, deßwegen ich erwacht, vnd gar vbel mit jhm zufrieden gewesen. Dachte doch meinem Traum[Rand: erwacht] nach, vnd erzehlt jhn meinem Bruder, der auff der andern seiten neben mir lag. Der ließe es jhm nit vbel gefallen, vnd verhofft es solte etwan noch ein hülff darhinder stecken: In solchem gespräch vertrieben wir die vbrige Nacht, vnd erwarttete mit verlangen deß tags.

Dritter Tag

[27] Dritter Tag.

So bald nun der liebe Tag angebrochen, vnd die helle Sonn sich vber die Berge erhoben, vnnd am hohen Himmel zu seinem befohlenen ampt wider eingestelt. Fiengen sich an meine guter kämpffer auß den Betten zu erheben, vnnd sich allgemach zur inquisition gefast zumachen. Deßwegen dann einer nach dem andern[Rand: Unterredung / der Gäste / am / Morgen] wider in den Saal kommen, vnd einen guten Tag gewündscht, vnd gefragt, wie wir diese Nacht geschlaffen, wie sie nun vnsere Bande gesehen, waren auch viel die vns erfiltzeten, daß wir vns so verzagt hätten ergeben, vnd nu viel mehr, auff Glück vnd Vnglück wie sie gewaget, wiewol etliche, denen das Hertz immer geklopffet, nit laut zur sachen schrien. Wir entschuldigten vns mit vnserm Vnverstand, vnd verhofften, wir solten nun bald loß auß gehen, vnd vns diesen Spot für ein witzigung sein zulassen, das sie hergegen noch nit aller dings entrunnen, vnd villeicht noch die gröste gefahr bevor hätten. Entlich wie sich nuhn jedermann wider[Rand: man hört / Musik] versamlet, fanget man abermals an wie vormals zu Trommeten, vnd die Heerbaucken zuschlagen, da meinten wir nit anders, denn es wurde sich der Bräutigam präsentiren, welches doch manchem gefehlet: Dann es[Rand: die /Jungfraw / erscheint / wieder] war abermal die gesterige Jungfraw, die hätte sich in ein gantz rohten Sammet bekleidet, vnd mit weissem Bändel umbgürttet: Auff jhrem Haupt hatte sie ein [28] grünen Lorberkrantz, welcher sie trefflich zieret: Ihr apparat waren nicht mehr Liechtlin, sondern auff die 200. Geharnischter Männer, welche alle gleich in Roht vnd Weiß, wie sie gekleidet gewesen. So bald die nuhn vom Stul gesprungen, geht sie gleich zu vns gefangenen her, vnnd nach dem sie vns gegrüst, sagt sie mit wenig worten: Das ewer etlich jhr Elendt erkanndt,[Rand: tröstet / die /verzagten] das last jhm mein Gestränger Herr gefallen, vnd will es euch auch geniessen lassen. Vnd wie sie mich in meinem habit, ersicht, lachet sie vnd spricht: Sih hastu dich auch vnter das Joch begeben: Ich meint du hättest dich so fein gerüst: mit welchen worten sie mir die Augen vber getrieben. Darauff heist sie vns aufflösen, vnnd zusammen kupplen, auch an ein orth stellen, da wir die Wag wol sehen kundten, dann sagte sie: Es[Rand: die / güldene / Wage / wid aufgehängt] kan jhnen noch besser ergehen, dann einem vermessenen, so noch hier ledig steht. Vnter dessen wirt die Wag so gantz guldin gewesen, mitten in dem Saal auffgehenckt, auch ein kleines Tischlein mit rohtem Samet bedeckt, vnd darauff 7 Gewicht gestelt: Erstlich stund [Rand: 7. Gewichte] ein zimlich groß: darauff vier kleine besonders: Entlich 2 grosse aber besonders. Vnd waren diese Gewicht zu jhrer Proportz so schwer, daß es kein Mensch glauben, noch begreiffen kan. Es hatte aber jeder Geharnischter[Rand: Geharnischte] neben einem blossen Schwert ein starcken Strick, die sie denn nach der zahl der Gewicht in 7 Rotten getheilt, vnnd auß jeder Rotte einen zu seinem Gewicht erwehlet: vnnd darauff wider auff jhren hohen Thron gesprungen. So bald sie nuhn jhr Reverentz gethan, fangt sie also mit starcker stim an zu reden.


Wer in eines Malers Stuben geht,
Vnd sich vmb Malen nichts versteht,
Redt doch darvon mit grossem pracht,
Der wirt von menniglich verlacht.
Wer sich nuhn gibt in Künstler Orden,
[29]
Vnd ist doch nit erwehlet worden,
Vnd kunstlet doch mit grossem pracht,
Der wirt von menniglich verlacht.
Wer zu einer Hochzeit bald erscheint,
Vnd ist doch niemal worden gemeint,
Vnd kommet doch mit grossem pracht,
Der wird von menniglich verlacht,
Wer nun auff diese Wag wirt steigen,
Die Gewicht jhn dann nit werden wigen,
Vnd fehrt alsbald nauff das es kracht,
Soll sein von menniglich verlacht.

[Rand: man fängt / an zu / wiegen] So bald die Jungfraw außgeredt: Heisset der Knaben einer jeden seiner ordnung nach stellen, vnd einen nach dem anderen auffsteigen: Dessen sich dann der Keyser[Rand: den ersten / Keyser] einer nit gewegert, sondern sich erstlich gegen der Jungfrawen ein wenig geneiget: Darnach mit allem seinem statlichen Habit auffgestigen: Darauff jeder Oberster sein Gewicht auffgelegt, bei welchen er mit menniglichs verwundern beharret. Aber daß letste wurde jhm zu schwer, muste also mit solcher betrübnuß hinauff, daß er auch wie mich gedauchte, die Jungfraw selbsten erbarmet, die dann auch den ihren zu schweigen gewuncken, noch wurde der gute Keyser gebunden, vnnd der[Rand: den / andern] 6. Rott vbergeben. Auff jhn kam aber ein Keyser daher, der tratt stoltz auff die Wag: Vnd weil er ein groß dick Buch vnter dem Rock hatte, meint er, es wurde ihm nit fehlen. Wie er aber kaum daß dritt Gewicht[Rand: 3. noch / andere / Keyser] erleiden mögen, vnd vnbarmhertzig hinauff geschlingt wurde, jhm auch sein Buch im schrecken entpfallen, fangen alle Soldaten an zu lachen, vnd wirt er der 3. Rott gebunden vberlifert: So giengs noch etlichen Keysern,[Rand: den / vierten, / der die / Probe / außhielt] die alle spötlich verlacht vnd gefangen worden. Nach diesen komt ein kurz Männlin, auch ein Keyser daher, hatte ein krauß brauns Bärtlin, der stellet sich nach gewohnlicher Reverentz auch auff: Daß er sich so standthafft [30] gehalten, daß mich bedunckt, wann noch mehr Gewicht vorhanden wären, er wurde sie außhalten: Gegen welchem dann die Jungfraw schnell auffgestanden, sich vor jhm geneigt, vnd ein roht Sametin Rock anziehen lassen. Entlich auch ein Lorberzweig deren sie viel auff dem Stul hatte, gereichet, vnd auff die Träppen jhres Stuls heißen nidersitzen. Wie es nun nach diesem andern Keysern, Königen vnd Herren ergangen, were zu lang zu erzehlen, allein kan ich ungemeldet nit lassen: daß wenig auß solchen hohen Heüptern geblieben. Wiewol sich sonsten manch feine Tugent wider mein verhoffen an vielen gefunden. Einer möcht diß außhalten, der ander ein anders. Etlich 2. etlich 3. 4. oder 5. wenig aber kundten zu rechter perfection kommen. Aber zu jedem dem es gefehlet, warde von den Rotten hefftig gelachet. Nach dem auch die inquisition vber die vom Adel, Gelehrte vnnd andere ergangen, vnd bey jedem Standt, etwann einer, etwa zwen, zu mehrmalen aber gar keiner just erfunden worden. Ist es entlich auch an die frommen Herren Landbetriegern, vnd[Rand: Probe / der / Landbetrieger] Lapidem Spitalauficum machenden Leckern kommen. Die wurden mit solchen gespöt auf die Wag gestelt dz mir selbsten in meinen Leid der Bauch vor lachen wolt zerspringen, so kondten auch die gefangenen selbsten das lachen nit halten: Dann da kundte der mehrtheil deß ernsten Gerichts nit erwartten, sondern wurden mit Pritschen vnd Geißeln von der Wag geschmissen, vnd zu anderen Gefangenen, jedoch bey gebührender Rott geführt. Sein also von so grossem Hauffen so wenig geblieben, daß ich mich jhre zal zu eröffnen schäme, doch waren hohe Personen auch darunter, wiewol man einen[Rand: die edlen / darunter / werden / inzwischen / ausgezeichnet.] wie den andern mit Sametin Kleid vnnd Lorbeerzweyg geehrt.

Wie nun die inquisition nun mehr allerdings vollendet gewesen, auch niemand mehr auff der seiten, dann wir arme gekuplete Hund da stunden: Trit entlich der [31] Hauptleut einer herfür und spricht: G. Fräwlin, wann es E.G. gefällig, wolte man diese arme Menschen, welche[Rand: Probe der / Gebundenen] jhren vnverstand erkent, ohne jhr Gefahr auch nuhr zur Lust auff die Wag stehen lassen. Ob doch etwas rechtes unter jhnen were. Allererst war ich in grossen Nöhten, dann in meinem Creütz war diß nuhn mehr mein Trost, daß ich nit müßte so in schanden stehen, oder von der Wag gepeutscht werden. Dann mir zweiffelt nit, das viel der gefangenen wündschten, sie weren zehen Nächt bey vns in dem Saal geblieben: Noch weil es die Jungfraw bewilligt, mußt es sein, vnnd wurden wir auffgelöst, auch einer nach dem andern auff gestellt: wiewol es nuhn mehrestheils mißlungen, wurde jhrer doch weder gelacht noch sie gepeutscht, sondern mit frieden auff[Rand: ein Freund / des Verf.] eine seit gestelt. Mein Gesell war der 5. der erhielt sich stattlich, deßwegen von Menniglichen, sonderlich aber dem Hauptmann, so vns erbetten, gefrolocket, vnd von der Jungfrawen gewohnliche Ehr ihm erzeigt wurde. Nach[Rand: der Verf. / selbst / kommt auf / die Wage] jhm wischen abermal zwen flux hinauff. Ich aber war der Acht, so bald ich nun mit zittern auffgetretten, sihet mich mein Gesell, so allbereit inn seinem Sammet da gesessen, feundtlich, vnd Lächlet die Jungfraw selbsten ein wenig: Nach dem ich aber auff alle gewicht beharret, heisset mich die Jungfraw mit gewalt auffziehen. Deßwegen noch 3. Mann an das ander theil der wag gehanget, so doch nichts vermöcht: deßwegen bald der Knaben einer auffgestanden, vnd überlaut geschrien der [Rand: der ists] ists, darauff der ander geantwortet: So last jhm sein Freyheit gelten, welches die Jungfraw vergönnet: vnd[Rand: wiegt am / meisten] nach dem ich mit gebürlichen Ceremonien auffgenommen worden, wird mir die Wahl gegeben, einen gefangenen, wer mir gefiel, zuerlösen. Deßwegen ich mich nit lang[Rand: befreyt den / ersten / Keyser] besonnen, vnd den ersten Keyser, der mich lengsten erbarmet, erwehlt, welcher dann bald loß gelassen, vnd zu vns mit allen Ehren gesetzt worden. Wie nun der letste auch auffgestelt worden, die gewicht jhm aber[32] zu schwer worden, siehet vnder deß die Jungfraw meine Rosen, die ich von dem Hut in die Händ genommen,[Rand: schenkt der / Jungfraw / seine Rose] deßwegen sie dieselbe durch ihren Knaben bald von mir Gnedig begehrt: Die ich ihr willig vberschickt. Vnnd ist also dieser erste Actus vmb zehen Vhr[Rand: so schließt /sich der 1. / Act um / 10 Uhr] vor Mittag absolviert worden, deßwegen man abermal angefangen zu Trommeten. Welches wir doch noch der zeit nit sehen konten. Vnder deß musten die Rotten mit jhren gefangenen abtretten, vnd eines vrtheils erwarten. Darauff wurde der Rath von den 5 Obersten vnd vns besetzt, vnd von der Jungfrawen als Präsidentin der handel fürgehalten vnnd begert, Es wolt jeder[Rand: Gericht / über die / gefangenen: erste / Stimme] sein Meinung geben, wessen sich mit den gefangenen zu verhalten. Die erste meinung war, man solte sie alle Tödten, doch einen härtter, dann den andern: Als welche sich wider die lautere Conditionen mutwillig eingestelt. Andere wolten sie gefangen behalten, welches beides[Rand: zweyte] weder der Präsidentin noch mir gefiel. Endlich war durch einen Keyser, den ich erledigt, einen Fürsten, meinen[Rand: dritte] Gesellen, vnd mich die sach dahin gebracht. Es solten erstlich, was fürneme Herren weren mit bescheidenheit auß dem Schloß gefürt werden. Andere könte man etwas spöttlichers hinaußführen: Die solte man außziehen, vnd nackend lauffen lassen. Die vierdten mit ruten geiseln oder hunden hinauß jagen: was sich gestern willig ergeben, solte man ohn alle entgeltnuß ziehen lassen: Endlich aber die gar mutwilligen, vnd die sich in gesteriger Malzeit so vngebürlich verhalten, an Leib vnd Leben nach jedes verwircken straffen. Vnnd diese meinung gefiel der Jungfrawen wol, vnnd behielt die Oberhand: wurde jhnen auch noch zum vberfluß ein Mittag essen vergünt: Welches jhnen bald angezeigt, das Vrtheil aber auff 12. Vhr nachmittag auffgeschoben worden. Hiemit nam der Senat ein End. Vnd verfügt sich gleichwol die Jungfraw sampt den jhrigen an jhr gewohnlich ort, vns aber wurde der Oberste Tisch in dem Saal eingeben, [33] mit bitt wir wolten so für gut nemen, biß der Handel vollend außgericht wurde: Als dann sollen wir zum H.[Rand: Mittagsmahl] Bräutigam vnd Braut gefürt werden, mit welchen wir vns dann der zeit willig abweisen lassen. Vnder deß wurden die gefangene wieder in den Saal gebracht, vnnd jeder seinem standt gemeß gesetzt. Wurde auch jhnen befohlen sich etwas züchtigers dann gestern beschehen zu verhalten: Welches doch keines verbietens bedörfft, dann jhnen war die Pfeiff ohne daß in die Taschen gefallen. Vnd kann ich nit umb schmeichlen willen, sondern der warheit zu Lieb diß kecklich sagen, daß sich gemeiniglich hohe personen am besten gewust in solch vnverhofften vnfall zuschicken: Ihre Tractation war zimlich[Rand: sichtbare / vnd vnsichtbare Diener] schlecht, jedoch Ehrlich vnd kondten sie jre auffwärter noch nit sehen: vns aber waren sie sichtbar, welches mich dann höchlich erfrewet. Darneben aber ob vns wol das Glück erhöhet, liessen wir uns doch nit mehr als andere beduncken, sonder spracheten mit den andern vnd hiessen sie ein gut Hertz haben, es wurde so vbel nit außschlagen, Ob sie nun wol das Vrtheil von vns gern hetten erfahren, war es vns doch so hart eingebunden, daß es keiner dorffte verlauten lassen: Doch trösten wir sie so gut wir kundten, Truncken auch mit jhnen, ob sie doch der Wein möchte frölicher machen. [Rand: Erhöhung / derer die / bestanden / sind] Vnser Tafel ward mit rotem Sammet bedeckt, mit lauter Silbern vnnd Guldinen Trinck geschirren besetzt. Welches dann die andern mit verwunderung vnd grösten schmertzen gesehen. Eh wir aber vns gesetzt, komment beyde Knaben herein, vnd verehren von deß Bräuttigams wegen jedem die Guldin Vließ, mit einem fliegenden Löwen: mit begeren, wir wolten dieselbe vber der Tafel anhaben, vnd deß Ordens (den S.M. vns jetzt schencket bald auch mit gebürlicher Solennitet Confirmiren wurde) reputation vnd Herrligkeit gebürlicher weiß erhalten, so wir mit höchster vnderthenigkeit angenommen, vnd versprochen, alles was seiner Majestet wurde belieben gehorsamlich [34] zu verrichten. Neben diesem hatte der Edel Knab einen zedel, darinnen wir ordenlich Lociert wurden, vnnd begehrt ich sonsten meinen locum nicht zu verhelen, so mir nit solches villeicht zur Hoffart, welcher doch wider das 4. Gewicht, gedeutet wurde. Weil nun vnser Tractation[Rand: dem Verf. / wird alle / Gemeinschaft mit / den verworfenen / versagt] gar statlich, fragten wir der Knaben einen, ob vns nicht erlaubt were vnsern Freunden vnd bekandten bescheid Essen zuschicken, der es denn in kein bedencken gezogen, deßwegen jeder seinem bekandten reichlich durch die Diener zugeschickt, deren sie doch keinen gesehen, vnd weil sie nicht gewußt, wa her es keme, wolle ich einem etwas selbsten bringen, so bald ich aber auffgestanden, war mir schon der Diener einer auff der Hauben, mit vermeldung, er wolt mich freundlich gewarnet haben: dann wa solches der Knaben einer hette gesehen, wer es für den König kommen, welches mir gewißlich vbel erschossen, weil es aber niemand als er gemercket, gedencke er mich nicht zuverrahten, solte aber fürhin deß Ordens würde besser in acht nemmen: Mit welchen Worten der Diener mich warlich dermaßen gesetzt, das ich mich inn langer zeit auff meinem stul kaum mehr geregt: Bedanckte mich doch der getrewen Warnung, so gut mir in eyl vnnd schrecken einfiel. Bald darauff[Rand: die / Jungfraw / erscheint] fanget man an zu Drommeten, dessen wir schon gewohnet, dann wir wusten wol, dz es die Jungfraw wer, deßwegen wir vns gerüstet sie zu empfahen: die kommet nun mit gewohnlichem Apparat: Auff jhrem hohen Sessel daher, vnd wird jhr von dem einen Knaben ein hoher guldiner Becher, von andern aber ein Pergamentin patent[Rand: läßt einen /Pocal / herumgehen] vorgetragen: Wie die nun vom Sessel Künstlich geschwungen, nimmet sie den Pocal von dem Knaben, vnd vberliffert denselbigen von deß Königs wegen, mit vermeldung er wer vns von seiner M. gebracht, vnnd solten wir dem zu Ehren jn herumb gehen lassen. Auff dieses Pocals deckel stund die Fortuna, von Gold zierlich gegossen. Die hatte in der Hand ein rohtes fliegendes [35] Fänlein, deßwegen ich etwas traurigers getruncken, als dem deß Glücks Tück nun mehr genugsam bekandt worden. Es war aber die Jungfraw gleich so wol als[Rand: ihr / Schmuck] wir mit der guldin Vließ vnd Löwen gezieret, darauß ich vermerckt, daß sie villeicht deß Ordens Präsidentin wurde sein: Deßwegen wir sie gefragt, wie doch der Orden genent wurde: hat sie vns geantwortet, es wer noch nicht zeit solches zu eröfnen, biß die sach mit den Gefangenen außgericht werde. Deßwegen jhnen auch noch die Augen gehalten weren: vnnd was an jetzo vns beschehen, sey nur jhnen zum Anstoß vnnd Ergernuß, wiwol es noch für nichts gegen der Ehr deren[Rand: die verworfenen / werden / getheilt] wir gewertig zurechnen. Hiemit empfieng sie das Patent von dem andern Knaben, in zwey theil vnderschieden: dem ersten hauffen wurde daß Patent vngefahrlich so viel vorgelesen:

[Rand: Anklage / des einen] Sie sollen bekennen, daß sie falschen erdichten Büchern zu leichtlich geglaubt, ihnen selbsten zu viel zugemessen, vnd also in diß Schloß kommen, darzu sie doch niemalen berufft worden. Were auch villeicht der mehrertheil vorhanden gewest, sich hierinnen zubesappen, vnd darnach desto prächtiger vnd Herrlicher zu leben, so hette auch einer den andern auffgebracht, vnnd in solch Spott vnnd Schand gesteckt, weren derwegen werth ein zimliche straff zu leiden:

Welches sie dann demütiglich bekandt, vnd die Hand dargebotten: darauff den andern etwas hartes vngefehrlich auff die weiß zugeredt worden:

[Rand: und des / zweyten / Theils] Sie wüsten gründtlich wol, vnd weren in jhrem gewissen vberzeugt, daß sieFalsche erdichte Bücher geschmiedet, andere genarret, betrogen vnd hierdurch Königliche Ehr bey Männiglich geschmälert. So wüsten sie was Gottloser verfürische Figuren sie gebraucht. Da sie auch Göttlicher Dreyfaltigkeit nit verschonet, sondern sich derselben Land vnd Leut zu betriegen gebraucht, So wer nun mehr am Tag, mit was Practicken [36] sie rechten Gästen nachgestellet: vnverstendige eingesetzt. So were Menniglich bekand, daß sie in offentlicher Hurerey, Ehebrecherey, Füllerey, vnd andern vnreinen wesen steckten, welches alles wider offentliche ordnung vnsers Königreichs were: In Summa sie wüsten, daß sie R.M. auch bey dem gemeinen Man verkleinert, solten derowegen bekennen, daß sie offentliche vberwiesene Landbetrieger, Lecker vnnd Buben weren, welche verdient, daß sie von redlichen Menschen abgesondert, vnd hertiglich gestrafft würden. Hinder diese[Rand: bekennen / vngerne] bekanntnuß kamen die gute Künstler vngern, dieweil ihn aber nicht allein die Jungfraw selbsten den Todt getrewet vnd geschworen, sondern noch die ander Parthey hefftig vber sie getobet, vnd einmütiglich beklagt, sie weren von ihnen bößlich hinder daß Liecht geführt worden: haben sie grossen vnfall zuverhütten, endlich solches mit schmertzen bekennet, vnnd doch daneben fürgebracht, was hierinnen beschehen, were jhnen nit in ärgstem zuvermercken: Dann weil einmalen die Herren[Rand: entschuldigen sich] in das Schloß kommen wöllen, auch hierumben groß Gelt versprochen, hette jeder alle list etwz zuerschnappen gebraucht, vnd es also wie es albereit vor Augen so weit gebracht: Das es aber nit gerathen, hetten sie jhres erachtens nit mehr als die Herren verwürckt: Als welche deß verstands solten gewesen seyn, dz da einer hette sicher herein kommen können, würde er nit vmb schlechtes gewins willen, mit jhnen, mit so grosser gefar vber die Mauren gestiegen sein. So weren jhre Bücher so heuffig auffgekaufft worden, daß wer sich anderst nit neren können ein solchen betrug anfangen müssen: Sie verhofften auch wann man recht wolte vrtheilen, es solle an jhnen, als die den Herren wie Dienern gebürt, auff jhr embsigs begehren, gar kein[Rand: darauff / wird /geantwortet] Mißhandlung erfunden werden: Mit solchen vnd dergleichen Worten, wollen sie sich entschuldigen. Es wurde jhnen aber geantwortet: K.M. sey entschlossen [37] alle vnd jede zustraffen, doch einen herter als den andern. Dann was von jhnen fürgebracht werde, seye gleichwol zum theil wahr, solle auch deßwegen den Herrn nicht gar geschenckt sein: Die aber mögen sich wol zum Todt rüsten, so mutwilliglich sich angebotten, vnd etwan vnverstendige wieder jhren willen verführt. Item die mit falschen Büchlin K.M. verletzet, wie denn solche alle auß ihren eignen Schrifft, vnd Büchlin zu vberzeugen.

[Rand: jammern / vber ihre / Verurtheilung] Hierüber erhub sich bey vielen ein erbärmlich Klagen, Weinen vnd Flehen, Bitten vnd Fußfallen, welches doch alles nit helffen mögen: vnd wundert mich sehr, wie sich doch die Jungfraw so standthafftig kondte erhalten, da doch jhr Elend vns allen (wie wol vns[Rand: welche / vollzogen / wird] mehrertheil viel leids vnd Marter angethan) die Augen vbertrib, vnd zu mitleiden bewegt: Dann sie fertigt bald jhren Knaben ab: Der brachte mit sich alle Kürisser, so sich heut bey der Wag eingestellt: diesen wurde befohlen, jeden den seinen zu sich zu nemmen, vnnd in jhren grossen Gartten, in ordentlicher procession, daß allweg ein Kürißer mit einem gefangnen gienge, zuführen. Da denn jeder den seinen so artlich erkent, das ich mich verwundert. Es wurde aber auch meinem gestrigen Companen erlaubet hinauß in den Gartten vngebunden zugehen, vnd der Vrthel Execution bey zuwohnen.[Rand: Zuschauer /dabey] So bald nun jedermann hinauß komen, schwinget sich die Jungfraw auß jhrem Stul, vnd begehret wir wolten auch auff den Träppen aufsitzen, vnd bey der Vrtheil erscheinen: Welches wir nit geweigert, sondern liessen alles auff dem Tisch (ohne das Pocal, welches die Jungfraw dem Knaben zuverwahren befohlen) stehn, vnd fuhren in vnserm Schmuck auff dem Stul hinauß, welcher für sich selbst so sanfft gangen,[Rand: im / Garten] als wir im Lufft fuhreten, biß wir also in den Garten kommen, da wir sammentlich abgestanden. Dieser Garte war nicht sonderlich zierlich, allein gefiel mir daß die [38] Bäum so ordentlich gesetzt waren, sonsten lieffe auch ein köstlicher Bronne darinnen, mit wunderbarlichen Bildern, vnd inscriptionen, auch seltzamen Zeichen (deren[Rand: dessen /Inschriften / der Verf. / verspricht] ich wills Gott in künfftigem Buch gedencken will) gezieret. In diesem Garten war ein hültzerin Gerüst auffgemacht, mit schönen gemahlten Deckenin umbhenget. Es waren aber 4. Gäng vbereinander gemachet: der erste war herrlicher dann der ander keiner, vnd deßwegen mit eim weiß Daffeten Vmbhang bedeckt. Also das wir damalen noch nicht wissen kundten, wer darvnder wäre. Der ander war leer, vnd vnbedeckt: Die letsten zwen waren abermal mit rothem vnd blawem Daffet bedeckt: So bald wir nun zu dem Gerüst kommen, neyget sich die Jungfraw nahend zu der Erden, deßwegen wir hefftig erschrocken. Dann wir kundten leichtlich erachten, der König vnd Königin musten nit weit sein: Wie wir nun auch vnser Reverentz wie billich erzeigt: führt vns die Jungfraw durch den Schnecken auff den andern Gang, da sie sich zu oberst gestellet, vnd wir in voriger ordnung geblieben. Wie sich nun[Rand: Dankbarkeit des / Keysers / gegen / seinen / Befreier] der Keyser, den ich erlöst, damalen, wie auch zuvor ob der Taffel, gegen mir erzeigt, kan ich ohne böser Mäuler nachtheil nicht wol erzählen. Dann er kundte wol erachten, in was Trübsal vnd sorgen, er jetzt were, da er erst mit solchem Spott mußte deß Vrtheils erwarten, vnd er nun mehr durch mich zu solcher dignitet vnd[Rand: die / Heroldin / erscheint / wieder] würde da stunde: Vnder deß tritt die Jungfraw, so mir erstmals die Ladung gebracht, vnnd die ich bißhero nimmer gesehen, herfür: blaset erstlich mit ihrer Posaunen eins herab, eröffnet hierauff mit lauter stimm daß Vrthel also:

Es möchte die König. M. Mein aller: H. von[Rand: ihre Anrede an / die Verurtheilten] Hertzen wündschen, daß alle vnd jede so hie versamlet, mit solchen qualiteten auff S.M. erfordern weren erschienen, daß sie dero zu ehren mit grösserer frequentz daß Hochzeitliche angestelte Frewdenfest köndten zieren. [39] Weil es aber Gott dem Allmächtigen anderst gefallen, hat sein M. nichts dawider zu murren, sonder muß bey altem löblichen herkommen, dieses Königreichs wider S.M. belieben verbleiben. Damit aber nun J.M. angeborne Miltigkeit in aller Welt möchte celebrirt werden, hat sie mit dero Rähten vnd Landtständ dahin allerdings gehandlet, das daß gewonliche Vrtheil vmb[Rand: Vrtheil in / Ansehung / der / Potentaten] mercklichs gelindert wurde: wölle also erstlich den Herren vnd Potentaten nit allein daß Leben gäntzlich geschenckt, sondern auch sie frey loß gelassen haben. Mit fr. Gunst vnd G. bitt, es wolten J.L. ja nit zürnen, daß sie S.M. Ehren Fest nit können beywohnen, sondern gedencken, Es sey J.L. ohne das von Gott dem Allmächtigen mehr auffgelegt, dann sie füglich vnd mit ruh tragen mögen, der habe auch in außtheilung seiner Gaben, ein vnbegreiflich bedencken, So sey es auch J. Reputatz nicht nachtheilig, wann sie schon bey solchem vnserm Orden verworffen werde, weil wir einmal nit alle, alles können mögen. Das aber J.L. von bösen Leckern verführt worden, solle an jhnen nicht vngerochen bleiben. Wie dann sein Maj. willens in kurtzem E.L. einCatalogum Haereticorum oder indicem expurgatorium mit zutheilen, damit dieselben forthin mit besserm Verstand können vnder gutem vnd bösen dijudiciren: Weil auch S.M. in kurtzem auch vnder dero Bibliothec ein Außmusterung, vnd die Verführische Schrifften dem Vulcano auffzuopffern bedacht, Will sie E.L. Fr. Dienst vnd G. gebeten haben. Es wölle jeder mit den seinigen auch so hausen: Damit verhoffendlich allem vbel vnd vnraht künfftig möge gestewret werden. Darneben sollen sie auch ermahnet sein, fürohin so vnbedachtsam nimmer herein zu begeren, damit jhnen nicht voriges der verführern entschuldigung möchte fürgerupfft werden, vnd sie bey meniglichen in spot vnd verachtung kommen: Endlich weil je die Landschafft etwas an jhr L. zu fordern, verhoffe J.M. Es werde keiner [40] sich beschweren mit einer Ketten oder was er bey handen zu lösen, vnd also freundlich von vns abzuscheiden, vnd durch vnser begleit wider sich zu den seinigen begeben.

Die andern, so im 1. 3. vnd 4. Gewicht nit bestanden,[Rand: zweytes / Urtheil] will J.M. so leichlich nit von sich lassen: Damit nun auch die S.M. gelindigkeit mögen spüren,[Rand: 2.] ist jhr befehlch, dieselbige gantz nackend auß zuziehen, vnd also fort zuschicken.

Was in 2. vnd 5. Gewicht zu leicht erfunden[Rand: 3.] worden, solle neben der entblössung auch mit einem, 2. oder mehr Brandmalen (nach dem jeder leichter oder schwerer gewest) bezeichnet werden.

Die so von 6. oder 7. ohn die anderen auffgezogen[Rand: 4.] worden, sollen etwas gnädigers gehalten werden. Vnd so fortan: dann es wurde auff jede Combination ein gewisse straff verordnet, welches zu lang wurde hie zuerzählen.

Die so sich gestern freywillig abgesondert, sollen[Rand: 5.] ohn alle entgeltnuß ledig außgehn. Entlich sollen die vberwiesene Landtbetrieger, so kein Gewicht auffwegen[Rand: 6.] mögen, an Leib vnd Leben nach gelegenheit, mit dem Schwert, Strang, Wasser vnd Ruten gestrafft werden. Vnd solle solch Vrtheils Execution vnbeweglich andern zum Exempel, gehalten werden.

Hiemit brach vnser Jungfraw daß Stäblein: darauff[Rand: Ende des / gehaltene / Gerichts] bließ die ander, so daß Vrtheil verlesen jhr Posaun, vnd tratt mit hoher Reverentz gegen denen, so under dem Vmbhang gestanden. Aber hie kan ich nit[Rand: Summe / der Gewogenen / 7. 21 35. / 35. 21. 7. / 1. 130. 125.] vnderlassen, dem Leser von der zahl vnserer Gefangenen etwas zu eröffnen: Deren so ein Gewicht: waren 7. die zwey gewogen waren 21. die drey, 35. die vier, 35. die fünff, 21. die sechs 7. Aber so auff die siben kam, vnd doch nit gern auffheben möcht, der war einer, vnd zwar den ich erledigt: Sonsten deren, die gar hindurch gefallen, waren viel. Deren aber so alle Gewicht [41] auff den Boden gezogen etlich. Vnd so hab ichs fleißig[Rand: ihre Verschiedenheit] in mein Schreibtäfelin, da sie vnderschiedlich vor vns gestanden, abgezählet vnd notiert. Vnd das sich hoch zu verwundern, das vnder allen denen, so etwas gewogen, keiner dem andern gleich gewesen. Dann obschon vnder den dreyen wie gesagt, 35. gewesen, hat doch dieser den 1. 2. 3. der ander den 3. 4. 5. der dritt den 5. 6. 7. vnd so fortan gewogen, daß also zum höchsten wunder, vnder 126. so etwas gewogen, keiner dem andern gleich gewesen, vnd die wolte ich all, mit jedes Gewicht wol nennen können, wann mir[Rand: Verhalten / beym / Abzug] es nicht noch der zeit verbotten were: Ich hoffe aber es solle künfftig mit der interpretation an tag kommen.

Als nun diß Vrthel verlesen worden, waren die Herren zu forderst wol zu frieden. Weil sie sich bey solcher strenge eines milten Sententz nicht hetten versehen dörffen. Deßwegen gaben sie noch mehr, dann man begert, vnd lediget sich jeder mit Ketten, Geschmeid, Gold, Gelt vnd anderm, so viel er bey handen, vnd namen mit Reverentz vrlaub. Wiewol nun[Rand: Verhalten / der Diener / dabey] den Königlichen Dienern verbotten, keines im abzug zu spotten. Kondten doch etliche Spottvögel daß lachen nit halten, vnd zwar war es lächerlich genug, wann sie sich so geschwind ohn hinder sich sehen darvon machten: Etliche begerten man wolte jhnen den versprochenen Catalogum fürderlich zukommm lassen, wolten sie sich mit jhren Büchern dermassen verhalten, daß es K.M. würde gefällig sein. Welches jhnen abermalen zugesagt worden, vnder dem Thor wurde jedem[Rand: Trunck / der Vergessenheit] auß einem Becher ein Oblivionis haustus gegeben, damit er also vnfalls möchte vergessen.

Nach diesem zogen die Freywillige darvon, die ließ man vmb jhrer redligkeit willen Paßiren, doch solten sie nimmer in solcher gestalt herwider kommen. Da jhnen aber, wie auch den andern, etwas mehrers eröffnet werde, solten sie liebe Gäst sein.

[42] Vnder deß war man am außziehen, in welchem dann abermal ein vngleichheit, nach jedes verwircken gehalten worden. Etliche wurden nackend vnbeschedigt fortgeschickt: Etliche trib man mit Glöcklin vnd Schellen hinauß. Etliche wurden hinauß gepeutscht. In summa[Rand: ihre / Strafen] der Straffen waren so mancherley, daß ich sie nit alle erzählen kan. Endlich kam es auch an die letsten, mit denen verzog es sich etwas längers: Dann biß etlich gehenckt, etlich geköpfft; etlich ins Wasser gesprengt, Andere anders abgefertigt wurden, gieng eine gute zeit fürvber. Vber solcher Execution giengen mir warlich[Rand: finden / Mitleid] die Augen vber, nit zwar der Straff halber, welche sie sonsten vmb jhres frevels willen wol verdient, sondern in betrachtung Menschlicher blindheit, daß wir vns jmmerdar in dem bemühen, daß vns vom ersten fall hero versiegelt: Wurde also der Gart so kurtz zuvor aller voll war, bald geleeret. Das außer den Soldaten kein Mensch mehr da war. So bald nun solches beschehen, auch auff Fünff Minuten lang sich ein Stille[Rand: Nachtspiel] erhebt: Kam herfür ein schönes schneeweisses Einhorn,[Rand: ein Einhorn] mit einem guldin Halßband, darinnen etliche Buchstaben, herfür biß zu dem Brunnen, daselbsten neyget es sich auff beyde fordere Füß, als ob es dem Löwen, so auff[Rand: Löwe] dem Brunnen so vnbeweglich stund, daß ich jhne für Steinen oder Ehrnen gehalten, hiemit ehr beweiset: der nam also bald das blose Schwerdt, so er in den[Rand: Schwerd] Klawen geführt, vnnd brach es mitten entzwey, dessen stücke meines bedunckens in den Brunnen versuncken. Brüllet darauff so lang, biß eine weisse Tauben in jhrem[Rand: eine Taube] Schnäbelein ein Aestlein von einem Oelbaum bracht, welche der Löw als bald verschlucket, vnd darauff zu frieden worden. So gieng auch das Einhorn mit frewden wider an sein Ort. Hierauff führet vnser Jungfraw[Rand: die Zuschauer / werden / weggeführt] vns wider den Schnecken vber das Gerüst herab, vnd also war vnser Reverentz abermal gegen dem Vmbhang gethan. Musten wir vnsere Händ vnd Häupter auß [43] dem Brunnen waschen, vnd in vnser Ordnung da ein kleine zeit warten, biß der König durch einen verborgenen Gang sich wider in seinen Saal verfüget, vnd wir auch wider mit sonderlicher Music, Pomb, Pracht, auch löblichem Gespräch auß dem Garten in voriges vnser Losament geführet worden. Vnd diß geschah vmb vier Vhren nach Mittag. Damit vns nun die weil der Zeit nicht zu lang wurde, gab die Jungfraw vnser jeder eim Edlen Knaben zu, die waren nicht allein köstlich[Rand: die / Jungfraw /geht auch] bekleydet, sondern auch trefflich gelehrt. Kundten deßwegen von allen sachen so artlich discurriren, daß wir vns billich zu schämen hatten. Diesen wurde befohlen, vns im Schloß hervmb (jedoch an gewisse ort) zuführen: vnd da müglich vnsern begeren nach die weil zuverkürtzen. Vnder deß nam die Jungfraw vrlaub, mit vertröstung sie wolte bey dem Nachtessen wider erscheinen. Vnd darauff die Ceremoniensuspensionis ponderum celebrieren, mit bit, wir wolten also deß morgenden Tags mit gedult erwarten: dann morgen[Rand: jeder / ergötzt sich / nach seiner / Art] musten wir dem König präsentiert werden. Wie sie nun also von vns gescheiden, thäte vnser jeder wz jm am liebsten. Ein theil besahe die schöne Taflen, die sie jnen selbsten verzeichneten, bedachten sich auch wz die wunderliche Characteres bedeuten möchten, etliche musten sich mit speiß und Tranck wider erquicken: ich zwar liesse mich meinen Knaben, samt meinem gesellen[Rand: der Verf. / auch] im schloß hin vnd her führen, welcher spatzier weg auch die tag meines lebens mich nimmer gerewen soll: dann neben manchen herrlichen antiquiteten wurden mir auch der Könige begräbnuß gezeigt, bey welchen ich mehr gelernet, dann in allen Büchern geschrieben steht. Daselbst[Rand: sein / Büchlein / von / Phönix] steht auch der herrliche Phönix von dem ich vor zweyen Jahren ein sonder Büchlein hab außkommen lassen, bin auch willens vom Löwen, Adler, Greiffen, Falcken, vnd andern mehr (da anderst diese meine Narration wird Frucht schaffen) vnd zwar von jedem [44] ein sonder Tractätlein mit derselben Abriß, vnd Inscription ans Liecht kommen zulassen. Es dauren mich auch noch meine andere Consorten, daß sie solchen thewren Schatz versaumpt: vnd muß doch gedencken, Es seye Gottes sonderlicher will hierin gewesen. Vnd hab ich zwar mehrertheil meins Knaben genossen, dann wie jedes Ingenium war, also führt er seinen anbefohlenen an end vnd ort die jhm gefellig. Nun waren meinem[Rand: was er / gesehen] Knaben die Schlüssel hierzu vertrawet, deßwegen mir vor andern diß Glück zugestanden. Wiewol er nun auch andere hierzu beruffen, meineten sie doch, es würden solche Begrebnussen nur auff dem Kirchhoff sein, darzu sie noch wol (wann je da etwas zu sehen) kommen werden. Es sollen aber auch solche monumenta, wie wir beyde sie verzeichnet vnnd abgeschrieben, meinen Danckbaren schulern nit verhalten werden: das ander so vns zweyen gezeigt ist worden, war die herrliche Bibliothec: Wie die auch vor der Reformierung bey[Rand: die / Bibliothec] einander war. Von welcher (wiewol sie mir mein Hertz erquickt, so offt ich jhrer gedencke) desto weniger begehr zu sagen: weil dern Catalogus auffs ehest ans Liecht kommen soll. Zu eingang dieses gemachs, steht ein groß Buch, dergleichen ich niemalen gesehen, in welchem sein alle Figuren, Saal, Portal, auch alle schrifft, Ænigmata, vnd dergleichen gerissen, wz im gantzen Schloß zusehen. Wiewol wir nun auch von diesem etwas versprochen, halt ich doch noch der zeit jnnen, vnd muß die Welt vor besser lernen erkennen. Bey jedem Buch steht sein Autor gemahlet. Deren wie ich verstanden, viel sollen verbrennt werden, damit auch jr gedechtnuß von rechten Leuten außgetilgt werde. Wie wir nun auch solches perlustrirt, vnd kaum herauß kommen waren, lauffet ein anderer Knab daher, vnnd wie er den vnsern etwas in ein Ohr geredt, vbergiebt er jhm die Schlüssel, der sie bald den Schnecken hinauff getragen: Vnser Knab aber war sehr erplichen, vnnd weil wir jhm mit bitten hart [45] zugesetzt, vermeldet er R.M. wöll nicht haben daß jemand die beyde, als bibliothecam vnd die Begrebnussen sehe, woll vns deßwegen, so lieb wir sein Leben haben, bitten, solches niemand zu entdecken, weil er es schon allbereit geleugnet. Deßwegen wir beydes in frewden vnd forcht gestanden, doch blieb solches verschwiegen vnnd fraget niemand mehr darnach, hatten also an beyden orten drey stund zugebracht, welche mich niemalen gerewet. Wiewol es nun albereit sieben geschlagen, gab[Rand: vergißt /darüber / den / Hunger] man vns doch noch nit zuessen, Es war aber vnser Hunger mit stettiger erquickung wol zubüssen, vnd wolt ich bey solcher Tractation mein lebenlang fasten. Vnder deß wurden vns auch die schöne brunenwerck, Bergwerck, auch allerley Kunst Officinen gewiesen, deren keine war, die nit all vnser Kunst, wenn man die all zusammen schmeltzte, vbertreffe. All jhr gemach waren in eim halben Circkel gebawen: Damit sie das Köstliche[Rand: sieht verschiedene / Kunstwercke] Vhrwerck, so in Centro an einen schönen Thurn gemacht war, vor Augen haben, vnd sich nach der Planeten lauff (welches hieran Herrlich zusehen war) richten möchten. Darbey ich abermal leichtlich erachten können, waran es vnsern Künstlern fehle, wiewol meines beruffs nit ist, dieselbige zu informieren. Endlich kam ich in ein Weiten Saal (welcher zwar den andern schon lengst gezeigt worden) darinnen stund in der mitten ein[Rand: einen / Globus] Globus terrenus, dessen Diameter 30. schuh hielt, wiewol fast das halbe theil, biß an etlichs, so mit den stafflen bedeckt war, in die erden vergraben war: diesen Globum konten 2. Man, mit seinen gewerben artlich herumb bringen, daß allweg mehr nicht, dann soviel vber den Horizontem zusehen war. Wiewol ich nun leichtlich mercket, daß er auch einen sonderlichen nutzen muste haben, kondte ich doch nit wissen, warzu die guldin Ringlin, die an etlich orten darauff waren, dieneten. Dessen mein Knab gelacht, vnd ermant, ich wolt sie fleissiger besehen. In summa, ich fand da mein [46] Vatterland auch mit Golde notiert: deßwegen mein gesell das seinig auch gesucht vnnd also befunden. Weil nun solches auch bey anderer, so geblieben, heimat gestanden: Saget vns der Knab für gewiß, Es seye gestern von jhren altenAtlante (so heist der Astronomus) K.M. angezeiget worden, daß alle vergulte puncten derer Vatterland, wie dz von jedem angezeigt worden, ad unguem respondiere. Deßwegen er auch da er gesehen, das ich mich außgeschetzt, vnd doch bey meinen Vatterland ein punct stehe, der Hauptleut einen angericht, für vns zu bitten, daß wir auff Glück vnd Vnglück, ohn vnsern schaden auffgestellt wurden, sonderlich weil eines Vatterland ein sonderlich gut signum habe. So seye auch er der Knab, als welcher vnder allen den grösten gewalt hatte, nit ohne vrsach mir zugegeben worden, dessen ich mich dann bedanckt, vnd[Rand: und auf / demselben / sein / Vatterland] hierüber fleissiger nach meinem Vatterland gesehen, auch befunden, daßneben dem Ringlein noch etliche schöne Striemen weren, welches ich mir doch selbsten nit zu Ruhm oder Lob wil gesagt haben. Ich sahe noch wol mehr auff diesem Globo, welches ich nit beger zu eröffnen, es gedencke jhm doch jeder selbst nach: warumb nicht jede Statt einPhilosophum hab. Hieraff führet[Rand: wird in / denselben / hineingeführt] er vns in den Globum gar hinein. Daß war also gemacht, auff dem Meer da es ohne daß grossen platz, war ein Tafel, darauff drey Dedication vnd Autoris nam stund, diese kundt man Subtil auffheben, vnd durch ein geschmeidig Brettlein, in dz Centrum, welches jhre vier tragen möcht, hinein kommen, dz war mehr nit, dann ein rund Bredt, darauff wir sitzen, vnd wol bey hellen tag (jetzmals war es schon dunckel) die Sternen hetten Contemplieren können: Meines erachtens waren es lauter Carbunckele, die gläntzeten in gebürender Ordnung vnd lauff so schön, dz ich kaum mehr herauß wolt, dessen hernach der Knab bey der Jungfraw gedacht, die mich offtmals mit veriert: dann es [47] war albereit essens zeit, vnd hatte in dem Globo ich mich dermassen ergucket, daß ich fast der letst beim Tisch[Rand: genießt / über der / Tafel / viele Achtung] war. Deßwegen saumbt ich mich lenger nit, vnd wie ich meinen Rock (zuvor hatt ich jhn abgelegt) wieder angethan, vnd zu Tisch getretten, würde mir von den Dienern so viel Reverentz vnd Ehr entbotten, das ich vor scham nit auffsehen dorfft, vnd ließ also die Jungfraw, so meiner auff einer seiten gewartet, vnbewust, stehen: welches sie bald gemercket, mich bey dem Rock erwischt, vnd also zu Tisch geführt: von Music vnd anderer Herrlichkeit weiter zusagen, halt ich für vnnötig, weil nicht allein solche nicht genugsam außzusprechen, auch oben, so viel in meinem vermögen, gerümbt worden: in Summa da war nichts dann Kunst vnd lieblichkeit. Nachdem wir nun vnser thun, so wir nachmittag gehabt, einer dem andern erzehlet, (wiewol[Rand: Hoffmeisterin, / Vögtin] der Bibliothec vnd Monumenten geschwiegen worden) auch wir albereit vom Wein lustig waren: Fengt die Jungfraw an: Liebe Herren, Ich hab ein grossen zanck [Rand: verwickelte / reden] mit einer meiner Schwester: In vnserem gemach haben wir einen Adler: Nun nehren wir denselben mit solchem fleiß, dz jede will die liebste sein, vnd haben deßwegen manchen Zanck. Die Tag beschlossen wir mit einander[Rand: die Jungfraw legt / eine Frage / vor] zu jhm zugehn, vnd gegen welcher er sich am freundtlichsten erzeigen wird, desse solt er eigen sein, diß geschahe, vnd trug ich wie gemeiniglich in meiner Hand ein Lorbeerzweig, meine schwester aber hat keinen: wie er nun vns beyde ersicht, gibt er von stund an meiner schwester einen zweig, den er im schnabel hat, vnd begert hingegen deß meinen, welches ich ihm geben. Nun vermeint jede er habe sie am liebsten, weß hab ich mich zu verhalten: Solches der Jungfrawen züchtiges fürbringen, gefiel vns allen wol, hette auch gern jeder die[Rand: er eine / andere] Solution gehört, weil aber Menniglich auff mich sahe, vnd den anfang von mir zu haben begert, war mein Gemüt dermassen verwirt, das ich jhm anderst nit wuste [48] zu thun, den ein anderst an der stat zu setzen, sprach derhalben: Gnedigs Fräwlein, Ewer G. quästion wer leichtlich auffzulösen, wann mich nit eins bekümmert. Ich hatte zween gesellen, die beyde liebeten mich ohne maß, weil sie nun zweiffelten, welcher mir am liebsten, beschlossen sie vnversehens zu mir zulauffen, wen ich alsdenn auffangen würde, der were der rechte: Daß theten sie nun, doch möchte der eine dem anderen nit gefolgen, blieb deßwegen dahinden, vnd weinet: den andern empfieng ich mit verwundern. Wie sie mir nun nachmalen den handel entdeckt, wuste ich mich nit zu resolvieren, habe es also bishero anstehen lassen, ob ich doch hierein guten rath finden möchte: die Jungfraw wundert sich hierüber vnd mercket wol warumb es mir zu thun were, antwortet deßwegen, wolan, so last vns beyde wett sein: Begehre hierauff von anderen die Solution. Ich hette sie aber schon witzig gemacht: fieng deßwegen dieser auch an. In meiner Statt wurde[Rand: die dritte] newlich ein Jungfraw zum Todt vervrtheilt: weil sie aber den Richter vmb etwas dauret, ließ er ausruffen, da jemand wer, der die Jungfraw begerte zu erfechten, daß stund jhm frey. Nun hatte sie zwen Liebhaber, der ein macht sich bald fertig kam auff den plan seiner wiederpart zu erwarten. Vnder deß präsentiert sich der ander auch, weil er aber zu spat kommen, gedacht er dennoch zu streiten, vnd sich mit willen vberwinden zulassen, damit nun die Jungfraw bey leben bleibe, welches dann auch geschehen. Hierauff wolte sie ein jeder haben. Nun lehrt mich jhr Herren wem gebürt sie: Die Jungfraw kundt sich nimmer enthalten, sprach: Ich meinete viel zu erfahren, so komm ich selbst ins Netz, noch möcht ich hören, ob mehr vorhanden weren:[Rand: vierte] Ja wol antwortet der 3. Gröser abentheur ist noch nie erzehlet worden, dann mir selbst begegnet: In meiner Jugent liebet ich ein ehrliche Jungfraw, damit nun solch mein Lieb zu erwüntschten end möchte kommen, [49] muste ich mich eines alten Mütterleins gebrauchen, die brachte mich auch letzlich zu jhr. Nun begab sichs, daß eben der Jungfrawen Brüder zu vns kamen, da wir 3. allein beysammen waren, die erzürneten so sehr, daß sie mir wolten daß leben nemen, weil ich aber so sehr bat, must ich endlich schweren,jede ein Jahrlang für mein Ehelich Weib zu haben: Nun sagt mir jhr Herren, solte ich die alte oder junge vorgenommen haben: Dieses Retzels lachten wir alle gnug, vnd wiewol jhr etlich darüber zu einander mumleten, wolte doch keiner den außschlag geben. Darauff fieng der 4.[Rand: fünfte] an: In einer Statt wohnet ein Ehrliche Fraw vom Adel, die ward von Menniglich lieb gehaben, sonderlich aber von einem Jungen Edelman, der jhr zuviel zumuten wolt, sie gab jhm endlich den Bescheid: werde er sie im kalten Wintter inn einen schönen grünen Rosengarten führen, so solte er gewert sein, wa nicht, solle er sich nimmer finden lassen. Der Edelman zog hin in alle Land, ein solchen Mann, der diß prästieren kundte, zufinden, biß endlich traff er ein altes Mänlein an, der versprach jhm solches zu thun, wa er jhm das halbtheil seiner Güter werde versprechen: Welches dieser bewilliget, vnd jener verrichtet. Deßwegen er benandte Fraw zu sich in seinen Garten berufft, die es wider verhoffen alles Grün Lustig vnd Warm befunden, darneben sich jhres versprechens erinnert, vnd mehr nit dann noch einmal zu jhrem Herren zukommen begehret, dem sie jhr Leid mit seufftzen vnd zehren geklaget. Weil aber der jhr Trew gnugsam gespüret, fertigt er sie wider ab jhrem Liebhaber, der sie so Thewr erworben, ein genügen zuthun: den Edelman bewegt dieses Ehemans redligkeit so sehr, daß er jhm Sünden förcht, ein so Ehrlich Weib zu berühren, schicket sie also mit Ehren jhrem Herren wider heim: Wie nun solcher beyder trew deß Mänlein erfahren, wolt er wie arm er sonst war, auch nit der geringst sein, sondern[50] stellet dem Edelman all seine Güter wider zu, vnd zog darvon: Nun weiß ich nit liebe Herren, wer doch vnter diesen Personen die gröste trew möchte bewiesen haben. Hie war vns das Maul recht abgehawen, so wolt auch die Jungfraw nichts anders respondieren, dann nur fahre fort ein anderer Herr. Deßwegen sich der fünfft[Rand: sechste] auch nicht saumt, fieng an: Liebe Herren, ich begers nit lang zu machen. Wer hat grösser Frewd? Der so[Rand: siebende] das, so jhm geliebet anschawet, oder der so jhm nur nach gedenckt? Der so es sihet, sprach die Jungfraw. Nein antwortet ich, hiemit erhub sich ein Streit: deßwegen ruffet der Sechste: Liebe Herren, ich soll ein Weib nemmen, Nun hab ich vor mir ein Jungfraw, ein Verheurate, vnd ein Wittib, helfft mir dieses zweyfels ab, so will ich hernach auch helffen jenes schlichten. Da gehts noch wol, antwortet der Siebende, wa man die Wahl hat: Mit mir hat es ein andere Gestalt: In[Rand: achte] meiner Jugendt liebet ich ein schöne vnd ehrliche Jungfraw von grund meines Hertzen, vnd sie mich widerumb, noch kunten wir auß versagung jrer Freund nit ehelich zusammen kommen, würde deßwegen einem andern wiewol ehrlichen züchtigen Gesellen Vermählet, der hielt sie in Zucht vnd Liebe, biß sie in Kindsbanden kam, da es jhr so saur würde, daß meniglich meinet sie wäre Todt, wurde auch also köstlich, vnd mit grossem Leyd zur Erden bestattet: Nun gedacht ich, hat dir diß Mensch in jhrem Leben nicht mögen zu theil werden, so wiltu sie doch also Todt vmfahen, vnd gnug küssen, nam deßwegen meinen Diener zu mir, der grub sie wider bey Nacht auff, wie ich nun den Sarch eröffnet, vnd sie in meine Arm geschlossen, auch jhr Hertz berühret, befand ich, daß es sich noch ein wenig reget, welches von meiner wärme, je mehr vnd mehr zu genommen, biß ich entlich gemerckt, daß sie eigentlich noch lebet, trug sie deßwegen in stillen zu Hauß, vnd nach dem ich jhren erkalteten Leib, durch ein köstlich [51] Kräuterbad erwärmet, befahl ich sie meiner Mutter, biß sie eines schönen Sohns genaß, dessen ließ ich auch wie der Mutter getrewlich pflegen: nach zweyen Tagen, da sie sich hefftig verwundert, entdecket ich jhr allen fürgeloffenen handel mit bit, sie solte nun fürohin mir eheliche beywohnung thun: dessen sie sich dergestalt beschweret, wann es jhrem Ehemann, der sie wol vnd ehrlich gehalten, werde leid sein, da aber solches auch sein will, seye sie nun mehr einem so wol als dem andern mit Liebe verpflicht: Nun lude ich nach zweyen Monaten (dieweil muste ich anders wahin verreysen) jhren Ehemann zu gast, vnd wie ich jhn vnder anderem befragt, Ob er auch sein verstorbene Haußfraw, da die jhm wider zu Hauß käme, wolte wider annemmen: Er aber solches mit zeheren vnd weinen bejahet. Bracht ich jhm entlich sein Weib sampt dem Sohn: Neben erzehlung aller verloffener Handlung, mit bitt, er wolte solche meine fürgenommene Verehligung mit seinem Consens ratificiren. Nach langem disputieren, mochte er mich von meinem rechten nicht bringen, muste mir also das Weib lassen, noch war der Streit vmb den Sohn: Hie fiel jhm die Jungfraw in die red vnnd sprach, mich wundert, wie jhr habt mögen dem betrübten Mann sein Leyd dopplen. Wie antwortet dieser, war ich es dann nit befügt: Vber das erhub sich ein disputieren vnder vns, doch wolte der mehrertheil, er hätte recht gethan, Nein sprach er, Ich hab jhm beedes sein Weib vnnd Sohn geschencket: Jetzt sagt mir liebe Herren, war mein redlichkeit, oder deß Mannes frewd grösser? Diese wort hetten die Jungfraw dermassen erquickt, daß sie glich vmb dieser beeder willen ließ ein Trunck herumb gehen. Darauff giengen der anderen vbrigen auffgaben, etwas verwirrtes zu, daß ich sie nit alle behalten kundt. Eins felt mir noch ein. Daß sagte einer, er hatte vor wenig Jahren einen Medicum gesehen, der habe auff den [52] Winter jhme Holtz eingekaufft, darbey auch sich den gantzen Winter gewermet, So bald aber der Früling wider herbey kommen, habe er eben diß Holtz wider verkaufft, vnd also vergebens seiner genossen. Hie muß Kunst sein, sprach die Jungfraw, aber die zeit ist nunmehr fürvber, Ja antwortet mein Gesell, wer die Rätzel[Rand: neunte Frage] nit alle weist auffzulösen, der mag es eim jeden bey eim eigenen Botten wissen lassen, Ich meinte nit, daß jhm solte versagt werden: vnter deß ward das gratias angefangen zusprechen, vnd stunden wir alle sampt von der Tafel auff, mehr satt vnd frölich dann voll, möchte auch wünschen, daß alle Gastungen vnd Malzeiten also gehalten wurden. Wie wir vns nun wider ein wenig[Rand: der / Jungfraw] in dem Saal erspatziert, fraget vns die Jungfraw, ob wir begerten, der Hochzeit ein anfang zumachen: Ja sprach einer, Edle vnd Tugentsame Jungfraw. Darauff fertiget sie ein Knaben heimlich ab, fuhr doch vnter deß mit vns im Gespräch fort. In Summa sie war mit vns so heimlich, dz ichs wagt, vnd jhres Namens begert. Die Jungfraw lächlet meines Fürwitz, ließ sich[Rand: Leutseligkeit] doch nichts bewegen, sonder antwortet: mein Nam helt fünff vnd fünfftzig, vnnd hat doch nur acht Buchstaben,[Rand: Räthsel, / wegen / ihres / Nahmens] der dritte ist deß fünfften dritter theil, kompt er dann zu dem sechstem, So wirt ein zahl, dessen Radix schon vmb den ersten Buchstaben grösser wirt, dann der dritte selbst ist, vnd ist deß vierdten halbtheil. Nun seind der fünfft vnd siebent gleich, so ist der letst dem ersten auch gleich, vnd machen mit dem anderen soviel als der sechste hat, der doch nuhr vmb vier mehr als der dritte dreymal hat: Nun sagt jhr mein Herr, wie heiß Ich? Die Antwort war mir krauß gnug, noch ließ ich nit nach: Sprach, Edle vnd Tugentsame Jungfraw, mocht ich nit einen einigen[Rand: 60. /nehmlich / so viel als / Jungfrawen / sind] Buchstaben erlangen? Ja wol sprach sie, dz ist wol zuthun, was mag dann, antwortet ich wider, der Siebend haben? Er hat, sprach sie, so viel als der Herren hie seind: Hiemit war ich Content, vnnd fand [53] jhren Namen leichtlich: dessen sie wol zufrieden war, mit vermelden, es solte vns noch wol mehrers vnverborgen sein. Vnder dessen hatten sich etliche Jungfrawen fertig gemacht: Die kamen daher mit grossem[Rand: zween / Jünglinge] gepräng: Erstlich leichteten jhnen zwen Jüngling vor. Der ein war eins lustigen Gesichts, hellen Augen, vnnd feiner proportion. Der ander war etwas Zornigs anzusehen, was er haben wolt, das muste sein, wie ich nachmalen innen worden. Vff sie folgeten erstlich vier [Rand: vier Jungfrawen] Jungfrawen. Die eine sahe züchtig zu der Erden, an geberden gar Demütig. Die ander war auch ein züchtige schamhafftige Jungfraw, die dritte entsetzet sich vmb etwas, da sie in die Stuben tratte. Wie ich aber vernommen, so kan sie nit wol bleiben, da man zuviel lustig ist. Die vierdte bracht etliche Streußlein mit sich, jhre Liebe vnd Freygebigkeit hierdurch zuerzeigen. Nach diesen vieren kamen zwo, so etwas herrlichers bekleydet.[Rand: noch zwo] Die grüsseten vns schön. Die eine hat ein gantz blawen Rock, mit guldin Sternlin versetzt. Die ander gantz grün mit rohten vnd weissen Strichen geziert, auff den Haupten hatten sie fliegende Tüchlein, welche jhnen auff[Rand: eine / /Herzogin] das zierlichst zustunden. Entlich kam eine allein, die hatte ein Krönlin auff dem Haupt, sahe doch mehr vber sich gehn Himmel denn auff Erden. Wir meineten alle es wäre die Braut, Aber es fehlet noch weit, wiewol sie sonsten an Ehren, Reichthumb vnd stand der Braut weit vberlegen, vnd diese hat nachmal die gantze Hochzeit regieret. Nun in solchem fall folgeten wir vnserer Jungfrawen, fielen gantz nider auff die Knie, wiewol sie sich gar demütig, vnd Gottsförchtig erzeiget; Bot jedem die Hand, vermanet vns auch, wir solten vns nit zu hoch ab diesem verwundern, dann diese wäre ihrer geringsten Gaaben eine: Vnsere Augen aber solten wir zu vnserem Schöpffer erheben, vnd hierinnen sein Allmacht lernen erkennen, auch in angefangenem vnserm Lauff fortfahren, Gott zu Lob, vnnd dem Menschen [54] zu gut, vns solcher Gnaden gebrauchen. In Summa jhre wort waren gar anderst, dann vnserer Jungfrawen, die war noch was Weltlichers: Sie trungen mir durch Marck vnd Bein. Vnd du, sprach sie weiter zu mir, hast mehr dann andere empfangen, sihe das du auch mehr außgebest: Diese Predigt war mir gar frembd. Dann wie wir die Jungfrawen mit der Music ersehen, meineten wir, wir musten schon tantzen, aber die zeit war noch nicht da. Nun stunden die Gewicht, deren[Rand: die / Gewichte / werden / weggenommen] oben meldung gethan worden, noch alle da. Deßwegen hieß die Königin (ich weiß doch nicht wer sie gewesen) jede Jungfraw eins zu sich nemmen. Vnserer Jungfrawen aber gab sie das jhrige, so das letst vnd gröste gewesen, vnd hieß vns hernach folgen: vnser Majestät war da etwas geringers: dann ich mercket wol das vnser Jungfraw vns nur zu gut wäre, vnd wir nicht so gar hoch geschetzt weren, wie wir vns schier zum theil selbst wolten anfangen einbilden: Wir gieng also in vnser Ordnung hernach, da wurden wir in das erst Gemach geführt, da hencket vnser Jungfraw der Königin[Rand: Gemach / der / Königin] Gewicht am ersten auff, vnnd wurde dabey ein schön Geistlich gesang gesungen. In diesem Gemach war nichts köstlichs, dann etlich schöne Betbüchlein, deren[Rand: Geräthe] man dann nimmer gerahten kan. In der mitten stund ein auffgericht Pult, zum betten gar füg ich, darauff knühet die Königin nider: Vmb die musten wir alle herumb knühen, vnd der Jungfrawen, so auß eim Büchlein gelesen, nachbetten: Daß solche Hochzeit mit Gottes Ehr vnnd vnserm nutzen abgehe. Hierauff kamen wir in das ander gemach, da hencket die erste Jungfraw jhr Gewicht auch auff vnd so fortan, biß alle Ceremonien verrichtet worden. Hierauff bot die Königin[Rand: die Jungfraw geht / schlaffen] jedem wider die Hand, vnd schied mit ihren Jungfrawen darvon. Vnser Präsidentin blieb noch ein weil bey vns, weil es aber allbereit vmb zwey Vhren in der Nacht war, wolte sie vns lenger nit auffhalten. Mich gedauchte [55] sie war sehr gern vmb vns, noch nam sie ein gute nacht, vnd befahl vns die Nacht rüwiglich zuschlaffen, schied also freundtlich gleichsam vngern von[Rand: Verrichtung der / Knaben] vns. Vnsere Knaben waren der sachen berichtet, weiseten deßwegen jeden sein Kammer, blieben auch bey vns in einem andern betlin, damit so wir etwas bedurfften,[Rand: des Verf. / Schlaffkammer] wir jhrer vns gebrauchen köndten. Mein Kammer (von andern weiß ich nichts zusagen) war Königlich bereitet, mit schönen Teppichen, vnd Gemälden vmbhencket. Vor allem aber liebet ich meinen Knaben, der war so trefflich beredt, vnd in Künsten erfahren, dz er mich auch noch vmb ein stund bracht, vnd erst vmb halbe viere entschlieff. Vnd diß zwar war die[Rand: vnd / Traum / von einer / Thür] erste Nacht, daß ich mit ruh geschlaffen. Noch ließ mir ein schändlicher Traum nicht zu lieb werden. Dann die gantze Nacht gieng ich mit einer Thüren vmb, die kundt ich nit auffbringen, entlich gereth es mir. Mit solchen Fantaseyen vertrieb ich die zeit biß Ich entlich gegen Tag erwachet.

Vierter Tag

[56] Vierter Tag.

Ich lag noch in meinem Bett, vnd besahe algemach[Rand: der Verf. / erwacht / spät] die herrliche Bilder vnd Figuren, so hin vnd wider in meinem Gemach waren, vnter deß erhört ich schnell ein Music von Zincken, als ob man schon allbereit in der Procession wer: mein Knab wischet aus dem Bet als ob er von Sinnen were, sahe auch einem Todten viel gleicher, dann eim Lebendigen, wie nun mir gewesen sey, ist gut zugedencken, dann er saget, die andern wurden allbereit dem König präsentiert, Ich wuste mehr nit zuthun, dann die hellen zehren zuweinen, vnd mein Faulkeit selbsten zu verfluchen. Noch that ich mich an, Aber mein Knab war lengst fertig, vnd lieff zum Gemach hinauß, zu sehen wie doch die Sachen stunden. Er kam aber doch bald wider, vnd bracht die fröliche Pottschafft, daß gleichwol nichts versaumt were, allein hätte ich dz Frühstück verschlaffen, man hätte mich doch[Rand: vnd hat / das Frühstück verschlaffen] vmb meines Alters willen nit begert zu wecken. Jetzt aber sey es zeit, daß ich mit jhm zum Brunnen gehe, da seyen sie mehrertheils versamlet: Von diesem Trost kam mein Geist wider, ward deßwegen bald wit meiner Kutten fertig, vnd zog dem Knaben nach, in obgemelten Garten, zu dem Brunnen. Nach dem wir nun einander salviert, auch die Jungfraw meines langschlaffens gespottet, führt mich bey der Hand zu den Brunnen, da fand ich das der Löw, an statt seines[57] [Rand: sieht einen / Löwen mit / einer / Taffel] Schwertes, ein ziemliche grosse Taffel bey sich hatte. Wie ich nun die eben besichtiget, befand ich, dz sie auß den alten Monumenten genommen, vnd hieher zu sonderlicher Ehr gesetzt worden: Die Schrifft war etwas auß älte abgelescht, will sie derowegen, wie sie ist, hieher setzen, vnd einem jeden nach zudencken geben.


HERMES PRINCEPS.

POST TOT ILLATA

GENERI HUMANO DAMNA,

DEI CONSILIO:

ARTISQVE ADMINICVLO,

MEDICINA SALVBRIS FACTVS

HEIC FLVO.

Bibat ex me qui potest: lauet, qui vult:

turbet qui audet:

BIBITE FRATRES, ET VIVITE.



[Rand: Schrift / war leicht / zu lesen] Diese Schrifft war nun gut zu lesen, vnd zu verstehen, mag auch wol darumb hieher gesetzt worden sein, weil sie leichter, dann sonst keine. Nach dem wir vns nun erstlich auß dem Brunnen gewaschen,[Rand: er trinkt] Auch jeder ein Trunk auß einer gantz güldin Schalen gethan: Musten wir der Jungfrawen noch einmahl in[Rand: muß sich /anders / anziehen] den Saal folgen, vnnd daselbsten newe Kleyder anziehen: Diß waren gantz guldene Stuck, mit Blumen [58] herrlich gezieret. So wurde auch jedem ein ander Guldin Flüß gegeben, welche mit Edelgestein vbersetzt waren, vnnd mancherley wirckung, nach jedes wirckhener Krafft mit sich bracht. Daran hieng ein schweres stuck Gold, darauff waren Sonn vnd Mond gegen einander gebildet, auff der andern Seiten aber stund dieser Spruch: deß Monds Schein wird sein wie der Sonnen Schein, vnd der Sonnen Schein wird siebenmal heller sein, dann[Rand: gibt sein / voriges / Geschmeide / ab] jetzt. Vnser vorige Geschmeid aber wurden in ein Trüchlein geleget, vnd der Diener einem befohlen: Nach diesem führet vns die Jungfraw in vnser Ordnung hinauß, da warteten allbereit vor der Thür die Musicanten, alle in rohtem Samet mit weissen Borten bekleidet: Hierauff[Rand: findet / Music] wurde ein Tühr (so ich zuvor nie offen gesehen) zum Königlichen Schnecken eröffnet. Da hinauff führet vns die Jungfraw, sampt der Music, 365. Staffeln hinauff.[Rand: wird ins / Königl. / Zimmer /geführt] Da sahen wir nichts dann lauter köstliche vnd künstliche Arbeyt. Jemehr wir auch giengen, je herrlicher die Zier wurde, biß wir endtlich zu oberst in ein gemahlet Gewelb kommen: Da warteten vnser auff die 60. Jungfrawen,[Rand: findet in / einem / Gewölbe / 60 Jungfrawen] alle köstlich bekleydet, so bald die nun sich gegen vns geneyget, wie auch wir vnser Reverentz so gut wir kundten erzeiget, fertiget man vnsere Musicanten ab, die musten wider den Schnecken hinunder: Vnd wurd die Thür beschlossen. Hierauff wurde ein klein Glöcklin geleutet: Da kam ein schöne Jungfraw herfür, die brachte jedem einen Lorberkrantz: Vnsern Jungfrawen aber wurde ein Zweig gegeben. Vnder deß ward ein vmbhang auffgezogen. Da ersahe ich den König vnd Königin: Wie[Rand: Sieht den / König vnd / die Königin in / ihrem / Glantz] die in ihrer Majestät da sassen. Vnnd da mich die gesterige Königine nicht hette so trewlich ermahnet, hette ich mein selbsten vergessen, vnd solch vnsäglich herrligkeit dem Himmel verglichen, dann neben dem daß der Saal von lauter Gold vnd Edelgestein gläntzet, waren doch der Königin Kleydung dermaßen beschaffen, das ich sie nicht ansehen mocht. Vnd da ich zuvor etwas [59] für schön gehalten, war doch da alles eins vber das ander, wie die Stern am Himmel erhaben. Hiezwischen[Rand: die Jungfraw mit / der Fackel / stellt die / Gäste vor] tratt die Jungfraw hinein, so namen auch jede Jungfraw vnser einen bey der Hand, vnd präsentierten also mit hoher Reverentz dem König: Darauff hub die Jungfraw also an zu reden: Das Ewer Königliche Majestät zu Ehren: Allergnädigster König vnnd Königin, gegenwertige Herren sich mit Leibs vnd Lebens gefahr hieher begeben, das haben S.M. billich zu erfrewen, weil auch mehrentheil qualificiert E.M. Königreich vnnd Landen zu amplificieren: Wie die dann selbsten von jedem allg. werden explorieren können, wölte also hiemit E.M. Ich sie in Vnderthänigkeit präsentiert haben, mit vnderthänigster bitt, solcher meiner Commission mich zu erlassen, vnnd von jedem meins thun vnnd lassens gnugsame Kundschafft allergnädigst einnemmen. Hiemit leget[Rand: Gäste können nichts /reden, / Atlaß / antwortet] sie ihren Zweig auff die Erden. Nun wolte es sich gleichwol gebühren, daß vnser einer auch etwas hette hierauff geredt: Weil vns aber allen war das Zäpfflein herab gefallen: Tratt endtlich der alte Atlas herfür, vnd sprach vons Königs wegen: König. May. thun sich ewerer Ankunfft allergnädigst erfrewen, wölle auch Ihr Königliche Gnad allen vnnd jeden zugesagt haben. Mit deiner verrichtung L. Jungfraw sein sie auch Allgst. zufrieden, solle dir auch deßwegen ein Kön. verehrung vorbehalten seyn. Wer doch jhr meinung, du soltest dich noch heut jhrer annemmen: Dann sie wusten dir nichts arges zu zutrawen. Hierauff hub die Jungfraw den Zweig wider demütig auff. Vnd musten wir also hiemit auff das erstemal mit vnsern Jungfrawen abtretten.[Rand: Beschreibung eines / Sals] Dieser Saal war vornen vierecket, fünffmal breyter dann er lang war, gegen dem außgang aber, hatte er ein grossen Bogen wie ein Thor, darinnen[Rand: Stüle] stunden im Zirckel drey herrliche Königliche Stüle: doch war der Mittel etwas höhers, dann die andern. Nun sassen in jedem Stul zwo Personen. Im ersten saß ein [60] Alter König, mit einem grawen Bart, doch war sein[Rand: 1. ein alter / König mit / e. jungen / Gemahlin] Gemahel vberauß schön vnd Jung. Im dritten Stul saß ein schwartzer König, mittelmäßiges alters: Neben diesem war ein fein alt Mütterlein, nicht Gekrönet,[Rand: 3. ein / schwarzer / König u. / ein alt / Mütterlein / 2 junge / Leute] sondern mit einem Schleyer verhület. Im mitlen aber sassen die zwey Junge Menschen. Die hatten gleichwol Lorberkräntz auff ihren Haupten, ob jhnen aber hieng ein grosse köstliche Kron. Nun waren sie gleichwol damalen nicht so schön, als ich mir sie fürbildet. Aber das muste so seyn. Hinder jhnen saßen auff einem[Rand: Bänke u. / wer darauff saß] runden Banck mehrertheil alte Männer: Deren doch keiner, das mich wunder nam, kein Schwert, noch ander Wehr bey sich hatte, so sahe ich auch kein andere Leibsquardi: Dann etliche Jungfrawen, so gestern bey vns gewesen, die sassen auff der seiten, an dem Bogen. Hie kan ich nit verschweigen: Der kleine Cupido flog[Rand: Cupido] da auch vmb, haspelt vnd gaucklete doch mehrertheil auff der grossen Kronen vmb. Zu weilen setzet er sich zwischen beyde Liebhabende hinein, etwas jhnen lächlend[Rand: scherzt mit / Vögeln / und Jungfrawen] mit seinem Bogen. Ja er stellet sich auch zu weilen, als wolte er vnser einen schiessen. In Summa das Knäblin war so mutwillig, daß es auch der kleinen Vögelin, so hauffenweiß im Saal vmbflogen, nicht verschonet, sonder sie vexieret, wa er kundte, die Jungfrawen hatten auch jhr kurtzweil mit jhm: vnd wann sie jhn kundten erwischen, mochte er so balt nicht von jhnen kommen, machte also dieser kleine Knab alle Frewd vnnd Wollust. Vor den Königen stund ein kleines aber vber die massen zierliches Altärlin: Darauff lag ein[Rand: ein Altar / darauff: / 1. Buch, / 2. liechtlin, / 3. Sphära, / 4. Vhr, / 5. brönlin, / 6. Todtenkopff.] schwartz Sametin Buch, mit Gold nur ein wenig beschlagen. Neben diesem stund ein klein Liechtlin, auff einem helffenbeinen Leuchter. Wiewol nun das gar klein war, brandte es doch jmmer vnnd jmmer, auch also steht: Das wann Cupido nit zu weilen auß kurtzweil darein geblasen hatte, möchten wir es nicht für ein Fewr gehalten haben. Neben diesem stund ein[61] Sphära oder Himmelskugel, die gieng für sich selbsten artlich herumb. Nach dieser ein kleines schlag Vhrlin, darauff ein klein Christallin Rohrbrünlin, darauß ein Blutroht hell Wasser stetigs lieff, vnnd entlich ein Todtenkopff.[Rand: eine / Schlange] In dem war ein weiße Schlang, die war so lang, daß ob sie wol ringsweiß vmb die andere stuck herumb kroch, blieb ihr doch allweg der Schwantz in einem Aug, biß der Kopff wider zum andern hinein kam, wich also nimmer auß jhrem Todtenkopff: begab sich dann das sie Cupido ein wenig pfetzet, so wischet sie so geschwind hinein, daß wir vns alle verwundern[Rand: Bilder] musten. Neben diesem Altärlin waren hin vnd wider in dem Saal wunderliche Bilder, die regeten sich alle als ob sie lebten, vnd hatten so wunderliche Fantasey, das mir vnmüglich war alles zuerzählen. So erhub sich auch wie wir hinauß giengen, ein so wunderliche[Rand: Music / führet die / Gäste wieder ab] Vocal Music, daß ich nit eygendlich wuste, ob es von Jungfrawen, die noch darinnen blieben, oder von den Bilden selbst gehalten wurde. Nun wir waren auff dißmal zufrieden, vnd zogen mit vnseren Jungfrawen darvon, so waren allbereit vnsere Musicanten vorhanden, die führten vns wider den Schnecken hinab, aber die Thür wurde fleissig beschlossen und verrigelt. Wie wir nun wider in den Saal kommen, fangt der Jungfrawen eine an: Schwester mich wundert, daß du dich[Rand: die Jungfrawen / schertzen / über das / Alter des / Verf.] vnder so viel Personen hast wagen dörffen: Mein Schwester, antwortet vnser Presidentin, ich besorget mich vor keinem so vbel, als vor dem: deütet also auff mich. Diß wort gienge mir nahe zu hertzen, dann ich verstund wol, dz sie meins alters spottet. Vnd zwar war ich vnder allen der eltest. Doch tröstet sie mich wider, mit verheissung, da ich mich würde recht mit jhr halten, wölte sie mir dieses[Rand: er speist / mit den / Jungfrawen] Lasts wol abhelffen. Dieweil ward das Essen wider auffgetragen, vnnd jedem sein Jungfraw beygesetzt: die wusten vns mit holdseligem Gespräch die Weil wol zuverkürtzen. Was aber jhr Gespräch vnnd Kurtzweil [62] gewesen, darff ich nicht auß der Schul schwätzen. Der mehrertheil fragen aber waren von Künsten, dabei ich[Rand: Tischreden] leichtlich erachten kundt, daß Jung vnd Alt mit Kunst vmbgienge. Noch lag mir jmmer im Sinn, wie ich doch[Rand: Verf. /wünscht / wieder / jung zu / werden] wider köndte Jung werden: War deßwegen etwas trawrigers: Das mercket die Jungfraw, hub derowegen an: Ich mercke wol was diesem jungen Gesellen fehlet. Was gilts wann ich künfftige Nacht bey jhm schlaffe,[Rand: erhält von /der Jungfraw einen / Trost] er soll morgen lustiger seyn: Hierauff fiengen sie an zu lachen, vnd wiewol mir Roht an allen orten außgieng, must ich doch meins eygenen Vnglücks lachen. Nun war einer da, der wolte mein Schmach wider an der[Rand: den ein / anderer in / Ernst annimmt] Jungfraw rechen: Sprach deßwegen, Ich hoffe es werden nicht allein wir, sondern auch die Jungfrawen selbsten zugegen vnserm Bruder zeugnuß geben, daß sich vnser Jungfraw Präsidentin versprochen, künfftige Nacht[Rand: wie sich / die Jungfrawen / heraus finden] bey ihm zu schlaffen: Deß wer ich wol zufrieden antwort die Jungfraw: wann ich mich nit vor diesen meinen Schwestern zubeförchten hette: denen wer es nit zuthun, wann ich ohn jhren Willen mir den Schönsten vnd besten erwehlete. Mein Schwester, fieng bald ein andere an, wir spüren hiebey, daß dich dein hohes Ampt nicht stoltz gemacht. Da wir nun auß deiner erlaubnuß gegenwertige Herren vns zu Schlaffbulen möchten durchs Loß außtheilen, soltestu mit vnserm guten willen, solche praerogativam haben. Wir liessen diß also ein Schertz seyn, fiengen auch also an wieder einander[Rand: sie wollen / losen] zuzusprechen, vnser Jungfraw aber kundt vns nit vngevexiert lassen, fieng deßwegen wider an: Ihr Herren, wie wann wir das Glück liessen erzeigen, wer doch heunt bey dem andern schlaffen mußte. Wolan, sprach Ich, kans nit anders seyn, so können wir ein solch erbieten nicht abschlagen. Weil nun beschlossen wurde, solches nach dem Essen zu probieren, wolten wir auch lenger nicht zu Tisch sitzen, stunden also auff, vnd spatzieret jeder mit seiner Jungfrawen auff vnnd ab. [63] Nein, sprach die Jungfraw, das soll noch nit sein, aber laßt sehen, wie vns das Glück gesellen wölle. Hierauff wurden wir voneinander vertrennet: Nun erhub sich erst ein disputation, wie diese sachen anzugreiffen, es war aber diß nur ein angelegtes Spiel, dann die Jungfraw thet bald den fürschlag, wir solten vns vndereinander in einem Ring vermischen: so wolte sie an jhr anheben zuzählen, vnnd mußte der Siebend, mit dem nachfolgenden siebenden für gut nemen, es wer jetzt gleich ein Jungfraw oder Mann, wir versahen vns keines Lists, liessens deßwegen geschehen, vnd da wir meinten, wir vermischten vns eben wol, waren die Jungfrawen doch so verschmitzt, daß jede jhren Ort schon vorhin wuste: die Jungfrawn hub an zu zählen, da traff es ein Jungfraw, nach jhr ward das siebend wider ein Jungfraw, zum 3. wider ein Jungf. und diß geschahe so lang, biß alle Jungfrawen mit vnserer verwunderung heraußkommen, vnd vnser keiner getroffen worden, blieben also wir arme tropffen allein stehn, vnd mußten noch vnser darzu spotten lassen, vnd bekennen daß wir ja redlich betrogen weren, In summa, wer vns in vnserer ordnung hette gesehen, möchte sich schier deß Himmels fall ehe versehen haben, dann daß es nimmer an vns kommen solt. Hiemit war vnser schertz auß, vnd musten wir vns der Jungfrawen Schalckheit gefallen lassen. Hiezwischen kam auch zu vns der kleine[Rand: Cupido] mutwillige Cupido, weil aber der von Königlicher Majest. wegen da war, Auch von derenwegen vns ein trunck[Rand: man / trinkt] auß einer guldin Schalen, vberlifert: Auch vnsere Jungfrawen zum König abfordert, darneben erklärt, er kundte dißmals lenger nit bey jhnen seyn, kundten wir vns nit recht mit jhm erlieben. Liessen jhn also mit gebürender vnderthänigster dancksagung fort fliegen. Weil nun auch hierzwischen, meinen Consorten die Frewd in[Rand: man / tanzt] die Füß kam, solches auch die Jungfrawen nicht vngern sahen, hatten sie in kurtzen ein züchtig Täntzlin angestelt: [64] denen ich mehr mit frewden zusahe, dann halff. Dann es kundten sich meine Mercurialisten so artig in den bossen schicken, als ob sie das Handwerck lengsten gelernet. Nach etlichen Täntzen kam vnser Präsidentin[Rand: die Gäste / werden / zur / Comödie / eingeladen] wider daher, vnd vermeldet vns, wie das sich die Künstler vnd Studiosi gegen jhrer König. Majest. erbotten, deren zu ehren, vnd gefallen vor dero abzug ein fröliche Comödiam zu agieren, wolten nun wir derselben auch beywohnen, vnd König. Maj. auff der Sonnen Hauß begleiten, das were dero Lieb, vnd wolte solches in allen gnaden erkennen: Hierauff theten wir vns zuforderst der angebottener ehr allerunderthänigst bedancken, vnd nicht allein hierinnen, sondern noch mehrem vnsere geringe Dienst demütigst offerieren: welches die Jungfraw wider anzeigt, vnd bald bescheid bracht, Kön. May. auff den gang in vnserer Ordnung zuwarten, dahin wir dann bald geführt wurden, stunden auch nicht lang da: Dann die Königliche procession war schon vorhanden,[Rand: der König / wohnt der / Comödie / auch bei] doch ohn alle Music: vorher gieng die vnbekandte Königin, so gestern bey vns gewesen mit einem kleinen vnd köstlichen Krönlin in weiß Atliß bekleydet, die trug mehr nit dann ein klein Crucifix, so von einem Perlin gemachet war, das war heut zwischen den Jungen König vnd der Braut auffgemachet gewesen: nach jhr giengen die Sechs vorgenandte Jungfrawen zu zweyen Glieden, die trugen deß Königs Kleinot, so auff das kleine Altärlin gehörig. Auff diese kamen die drey König, vnder denen der Bräutigam in der mitten war, gieng aber schlecht, nur in schwartz Atliß auff Italienisch bekleydet, hatte ein klein schwartz rund Hütlin auff, mit einem kleinen schwartzen spitzigen Federlin: das zog er freundlich gegen vns ab, hierdurch sein gnad gegen vns zuerweisen, gegen diesem neygeten wir vns (wie auch gegen den ersten) wie wir dann dessen erinnert worden. Nach den Königen, kamen die drey Königin, deren die zwo köstlich bekleydet waren. Allein [65] die mittel gieng auch gantz Schwartz, vnnd trug jhr der Cupido den Schweiff nach: Hierauff wurde vns gewuncken[Rand: Stellung / der / Zuschauer] zu folgen, vnd nach vns den Jungfrawen, biß entlich der alte Atlaß den Reyen beschlossen. In solcher Procession kamen wir entlich durch manchen köstlichen Gang auff der Sonnen Hauß, daselbsten auff einem zugerichten stattlichen Gerüst, neben dem König vnd Königin, der angestelten Comödi zuzusehen: Wir zwar stunden den Königen (gleichwol vnterscheiden) an der rechten, die Jungfrawen aber zur lincken, außgenommen denen, so die Königliche Insignia befohlen. Denen war zu obrist ein sonderer Stand eingegeben: Was aber andere Diener waren, die musten zu vnderst, zwischen den Säulen stehen, vnd also für gut nemen. Weil[Rand: Inhalt / der / Comödie] nun an dieser Comödi viel sonderlichs zu bedencken, wolte ich dieselbige kürtzlich zu vberlauffen, nicht vnderlassen.

[Rand: erster / Act] Erstlich kam herauß ein alter König, mit etlichen Dienern, für dessen Thron wurde ein kleines Kästlin gebracht, mit vermeldung, es were auff dem Wasser gefunden worden: Wie man nun solches eröffnet, war es ein schön Kind: das neben etlichen Kleynoten, auch ein klein Pergamentin versigelt Brieflin, welches Vberschrifft an den König stund: Deßwegen der König solches bald eröffnet, vnd nach dem ers gelesen darüber geweinet, hierauff zeiget er seinen Dienern an, mit was grossem schaden, der Moren König seiner Basen das Land eingenommen, vnnd allen Königlichen Samen biß an deß Kind außgetilget hette. Mit deren Tochter er doch jederzeit, seinen Sohn hette gedacht zuvermählen. Schwur darauff ewige Feindschafft wider den Mohren vnd seine Gehülffen zutragen, vnd solches an jhm zu rechen. Hiemit befahl er das Kind zartlich auffzuziehen, vnd sich wider den Mohren gefaßt zu machen. Solch rüsten nun, vnd des Töchterlins disciplin (Sie war aber [66] nach dem sie ein wenig erwachsen, eim Alten Lehrmeister vndergeben) wehret durch den gantzen ersten Act. mit viel feiner vnd löblicher kurtzweil hinauß.

Hiezwischen ließ man ein Löwen vnd Greiffen miteinander[Rand: Zwischenspiel] kämpffen, vnd blieb dem Löwen der Sieg: Welches auch wol zusehen war.

Im andern Act. Kam auch der Mohr herfür, ein[Rand: Zweiter / Act] schwartzer tückischer Mann. Der hatte nun mit schmertzen vernommen, wie das sein Mord eröffnet, vnnd jhm doch ein Fräwlein durch List were entzuckt worden, berahtschlagt sich deßwegen, wie er einem so mächtigen Feind kondte mit List begegnen, welches jhm auch endtlich durch etliche so auß Hungersnot zu jhm geflohen, gerahten: Vnd das Jungfräwlein wider meniglichs verhoffen in seine Händ kommen, der sie dann gleich erwürgen lassen, wann er nicht von seinen eygnen Dienern wunderbarlich wer betrogen worden. Wurde also dieser Act. mit einem wunderbarlichen Triumph deß Mohren auch beschlossen.

Im 3. Actu wurde vons Königs wegen ein groß[Rand: Dritter / Act] Kriegsheer wider den Mohren versamlet, vnd vnder einen Alten dapfferen Ritter gethan, der fiel dem Moren ins Land, biß er endlich mit gewalt die Jungfraw auß dem Thurn erledigt, sie wider bekleidet. Nach diesem richteten sie geschwindt ein herrlich Gerüst auff, stelleten jhr Fräwlin darauff: Bald kamen 12. Königliche Gesandten, vnder welchen bedachter Ritter die Red that: vnd vermeldet, wie das sein Allergnädigster H. König sie nicht allein schon zum andernmal vom Todt erlöset, auch bißhero Königlich aufferziehen lassen, sie aber sich nit allwegen, wie sich wol gebürt hatte verhalten. Noch habe J.K.M. sie vor andern seinem Jungen Herren vnd Sohn zum Gemahl erwehlet, begerte auch solche Verlobung Allergnädigst ins werck zu rüsten, da sie sich wurden auff folgende Articul gegen S.M. Verloben. Hiemit laß er auß einem Patent etliche herrliche Conditionen, [67] die wol wert weren, hie zuerzählen, wann es nit zu lang würde: kürtzlich, die Jungfraw schwur einen Ayd, solches vnbeweglich zuhalten: sich darneben solcher so hohen gnad auffs zierlichst bedanckend. Deßwegen huben sie an zu singen, Gott, den König, vnd die Jungfraw zu loben, tratten also auff dißmal wider ab.

[Rand: Zwischenspiel] Zur Kurtzweil wurden dieweil die vier Thier Danielis, wie er die im Gesicht gesehen, vnd außführlich geschrieben, auffgeführt, welches alles sein gewisse bedeutung hatte.

[Rand: Vierter / Act] Im 4. Actu ward der Jungfrawen jhr verlohren Königreich wider eingeraumbt, sie Gekrönet, auch ein zeitlang in solchem Schmuck auff dem Platz mit herrlichen Frewden vmbgeführt, darauff erschienen viel vnd mancherley Legaten, nit allein jhr Glück zu wündschen, sondern auch jhr herrligkeit zusehen. Nun bliebe sie nit lang bey jhrer Frombkeit, sondern fieng schon an wider frech vmb sich zusehen, gegen den Legaten vnnd Herren zuwincken, darinnen sie warlich ihr Person wacker agierte.

Solch ihre Mores werden dem Mohren bald kundt, der wolte solche Gelegenheit nicht versaumen, vnd weil jhre Hoffmeister nit gnugsam achtung auff sie hetten, ward sie leichtlich durch grosses versprechen verblendet, daß sie jhrem König nichts guts vertrawet, sondern sich heimlich dem Mohren nach vnd nach gäntzlich befahl. Hierauff eylet der Mohr zu, vnd wie er sie durch jhre bewilligung in seine Händ gebracht, gab er jhr so lang gute Wort, biß all jhr Königreich sich jm vnderwarff: Hierauff ließ Er sie in der dritten Scena dieses Actus herauß führen: Vnd erstlich gantz nackend außziehen, auff einem groben hültzen Gerüst an ein Säul binden, vnnd wol Geißlen: Entlich auch zum Todt vervrtheilen. Diß war so kläglich anzusehen, daß es manchem die Augen vbergetrieben, hiemit wurde sie also nackend in [68] den Kercker geworffen, daselbsten des Todts zuerwarten, vnd das solte mit Gifft beschehen: Welches sie doch nicht ertödtet, sondern gantz außsetzig gemacht: War also dieser Actus mehrertheil kläglich.

Hiezwischen führeten sie Nebucadnezars Bild herauß,[Rand: Zwischenspiel] das war mit allerley Wappen am Kopff, Brust, Bauch, Schenckeln, Füssen, vnd dergleichen geziert, von welchen auch in künfftiger Explication soll geredet werden.

Im fünfften Actu wurde dem Jungen König angezeigt,[Rand: Fünfter / Act] was sich mit dem Mohren vnd seiner zukünfftigen Gespons verloffen. Der thet erstlich Intercession bey seinem Vatter für sie, mit bitt, man wolte sie so nicht hangen lassen. Da solches der Vatter bewilliget, werden Legaten abgefertiget sie in jhrer Kranckheit vnd Gefängnuß zu trösten: Doch auch jhr vnbedachtsame zuverweisen. Sie aber wil sie noch nit annemmen, sondern bewilliget des Moren Concubina zu sein, welches auch geschehen, vnnd dem Jungen König angezeigt worden.

Nach diesem kommen ein Chor Narren, deren jeder [Rand: Zwischenspiel] ein Stäcken mit sich gebracht, darauß machten sie in kleiner eyl ein grosse Weltkugel, die sie auch alsbald verlegen, war ein feine kurtzweilige Fantasey.

Im sechsten Actu beschloß der Junge König dem[Rand: Sechster / Act] Mohren ein Kampff an zubieten, welches auch beschehen. Vnd wird gleichwol der Mohr erlegt, Aber meniglich hält den Jungen König auch für todt. Endlich kam er wider zu recht, löset sein Gespons, vnd schicket sich zur Hochzeit, besucht sie vnder deß seinem Hoffmeister vnnd Hoffprediger.

Deren der erste sie hefftig gepeiniget, endlich kehret sich das Blätlin vmb, vnd wird der Pfaff so vbermütig böß, daß er vber alle wolt seyn, biß solches dem Jungen König angezeigt worden: welcher eylends einen abgefertiget, so dem Pfaffen sein gewalt gebrochen, vnnd die Braut zur Hochzeit etlicher massen geschmuckt.

[69] [Rand: Zwischenspiel] Nach dem Actu führet man ein gemachten vbergrossen Elephanten herauß, der trug ein grossen Thurn mit Musicanten, welches auch meniglich wol gefiel.

[Rand: Siebender / Act] Im letzten Actu erschien der Bräutigam mit solchem Pomp, daß nicht wol zu glauben ist, vnd mich wunder genommen, wie solches anzubringen gewesen: Ihm kam die Spons mit gleicher Solennitet entgegen: Damit rieff[Rand: Glückwunsch an / das Königl. / Brautpaar] alles Volck vivat Sponsus: Vivat Sponsa. Damit sie alle durch solche Comödiam vnserm König vnnd Königin auff das stattlichst gratulieren. Welches jhnen (wie ich wol gesehen) vber die maß trefflich gefallen.

Endlich zogen sie also in solcher Procession einmahl etlich herumb, biß zu letst fiengen sie allzumal also an zusingen.


I.


Die liebe Zeit, bringt vns so grosse Frewd, mit[Rand: Gesang] des Königs Hochzeit, darumb singet alle, daß es erschalle, Glück sey dem ders vns geit.


II.


Die schöne Braut deren wir so lang gewartet, wird jhm nunmehr vertrawt, wir han gewonnen, darnach wir gerongen, Wol dem der für sich schawt.


III.


Die Eltern gut, die sein nuhn erbetten, lang gnug, war sie in hut, mehrt euch mit ehren, daß Tausendt werden, auß ewrem eignen Blut.


[Rand: Schlußrede] Nach diesem ward abgedanckt, vnd nam die Comödi mit frewden, vnd den Königlichen Personen sonderlichen gefallen ein Endt. So war der Abent auch allbereit herbey kommen, tratten deßwegen in vorgedachter Ordnung miteinander ab, doch musten wir die Königlichen [70] Personen, den Schnecken hinauff biß in obgemelten Saal[Rand: Die Gäste / begleiten / den König / zur Tafel] begleiten, daselbsten waren die Taflen schon köstlich zugericht, vnd war diß das erste mal, daß wir an die Königliche Tafel geladen wurden. Das Altärlin stelt man mitten in den Saal, vnd wurden die besagte sechs Königliche Insignia drauff gelegt. Dazumal hielt sich der junge König gegen vns sehr gnädigst, aber er kundt nit recht frölich sein, sondern ob er wol zu weilen mit vns etwas redet, erseufftzet er doch manchmalen, dessen der kleine Cupido nur gespottet, vnd seinen Mutwillen getrieben.

Die alten König vnd Königin wahren sehr ernsthafft allein deß einen Alten Gemahl erzeiget sich Frisch gnug, dessen vrsach ich doch nit wuste, Herzwischen wurde die erste Tafel mit den Königlichen Personen besetzet, An[Rand: Ordnung / der / Sitzenden] der andern sassen wir alleine. An der dritten, setzten sich etliche fürneme Jungfrawen nider. Die andere Männer vnd Jungfrawen musten alle auffwarten. Das gieng nun mit solcher köstlichkeit vnd ernsthafftem stillem wesen zu, daß ich mich schewe viel hiervon zureden. Hie kan ich nicht vnangeregt lassen, wie das alle Königliche[Rand: Anzug der / Königl. / Personen] Personen, vor dem Essen, sich in schneeweisse glantzende Kleyder angezogen, vnd also zu Tisch gesessen. Ob der Tafel hieng vorgemeldte grosse guldine Kron, deren Edle[Rand: Eine Krone / hängt über / der Taffel] Gestein wol hätten ohn alles anders Liecht den Saal erleuchten mögen.

Sonsten wurden alle Liechter von dem kleinen Liechtlein auff dem Altar angezündet, wz die vrsach, weiß ich nit eygentlich. Daß hab ich aber wol war genommen, daß der junge König manchmal der weissen Schlangen auff dem Altärlein zu Essen geschickt, welches mir auch nachdenckens gemacht. Das Geschwetz dieses Panckets, war fast aller deß kleinen Cupidinis, der kondte vns,[Rand: Cupido / war der / lustigste] vnnd zwar mich sonderlich nit vngevexiert lassen. Brachte jmmerdar etwas wunderlichs auff die Ban. Aber da war kein sondere frewd, alles gieng still zu. Darauß [71] ich mir selbsten grosse künfftige Gefahrimaginiren kundte, dann auch kein Music nicht gehört wurde, sondern so[Rand: Kurtze Antworten] etwas von vns gefragt wurde, musten wir kurtze runde Antwort geben, vnd es dabey bleiben lassen. In summa es hatte alles ein so wunderlichs außsehen, daß mir der Schweiß begundte vber den Leib anzufangen zurinnen, vnd glaub ich wol das noch dem behertzesten Mann der Muth hätte können empfallen. Wie nun also fast diß Nachtessen zu end geloffen, heisset ihm der Junge König[Rand: Rede des / jungen / Königs] das Buch von dem Altärlin herreichen, das thet er auff. Vnd ließ vns nochmalen durch ein alten Mann fürhalten, ob wir gedächten, bey jhm in Lieb vnd Leyd zuverharren: Da wir solches mit zittern bewilliget, ließ er vns weiter trawriglich fragen, Ob wir uns zu jhm verschreiben wolten, da kondten wir nit hinumb, Es must auch sein. Hierauff stunde einer nach dem andern auff, vnd schrieb sich mit eignen Händen in diß Buch. Da[Rand: Der Trunk / des Stillschweigens / geht der / Reihe nach /herum] solches auch verricht, bringet man dz Christallin Springbrünlin herbey samt einem sehr kleinen Christallin Gläßlin, deß truncken alle Königliche Personen nacheinander herauß, danach wurde es vns auch gereichet, vnd so fortan zu allen Personen, vnnd wurde diß genennet, der Haustus Silentii. Hierauff boten vns alle Königliche Personen die Hand mit vermeldung, daß da wir an jetzo nit an jhnen halten wurden, wirden wir sie jetzt vnd nimmermehr sehen, welches vns warlich die Augen vbergetrieben, vnser Präsidentin aber versprach sich an vnser stadt gar hoch, welches sie zu friden gewesen. Vnter deß wirt ein Glöcklin geleutet, darüber erplichen alle Königliche Personen so hoch, das wir gar wolten verzagen. Bald legten sie jhre weisse Kleider wider ab, zogen gantz schwartze herfür, so wurde auch der gantze Saal mit schwartzem Samet vmbhencket, der Boden mit schwartzem Samet bedecket, auch oben an der Büni (welches alles zuvor zugericht gewesen) fürgezogen. Nach dem auch die Tisch weggeraumbt gewesen,[72] vnnd sich menniglich auff die Banck herumb gesetzt, wir auch schon schwartze Kutten angezogen, kommet vnser präsidentin, so zuvor hinauß gegangen, wider herein, vnnd trug mit sich sechs Schwartz Taffetin Binden, mit welchen sie den sechs Königlichen Personen die Augen verbunden: Da sie nun nichts mehr gesehen, werden fluchs von den Dienern sechs verdeckter Sarch in den Saal getragen, vnnd nider gesetzt, auch ein niderer schwartzer Sessel in die mitten gestelt. Entlich trat in den Saal hinein ein Kohlschwartzer langer Mann, der trug in der Hand ein scharpff Beyel. Nach dem nun erstlich der alte König auff den Sessel geführet worden, wurde ihm das Haupt flux abgeschlagen, vnnd in ein schwartz Tuch eingewickelt,[Rand: Die Könige / werden / enthauptet] das Blut aber in ein guldin groß Pocal auffgefangen, vnnd zu jhm in den beygestelten Sarch geleget, vnd also beseits zugedeckt gestellet. Vnd so giengs mit den andern auch, das ich entlich gedacht es wirt an mich auch kommen: Aber es geschach nit, dann so bald die sechs Personen enthauptet wurden, gieng der schwartze Mann wieder hinauß, dem folget ein anderer nach, so jhn gleich vor der Thür auch Enthauptet, vnnd sein Haupt sampt den Beyel mit sich gebracht, welches[Rand: Ihr / Hencker /auch] in ein klein Trüchlein geleget worden. Diß gedauchte mich warlich ein Blutige Hochzeit, doch weil ich nit wissen kundt, was noch geschehen möchte, muste ich dazumal mein Witz gefangen nemmen, biß auff weiter bescheid, dann auch vnser Jungfraw hieß vns zu frieden sein, weil vnser etlich Kleinmütig wolten sein, vnd[Rand: Die Gäste / weinen.] weineten. Dann sprach sie zu vns: Dieser Leben stehet nunmehr in ewerer Händ, vnd da jhr mir folgeten, soll solcher Todt noch viel lebendig machen. Hiemit zeiget[Rand: Trost] sie vns an, wir solten nun schlaffen gehen, vnd vnsert halben weiters nicht bekümmern, dann jhnen solte jhr recht wol geschehen. Gab vns also mit einander ein gute Nacht, mit vermeldung, sie muste heunt der todten[Rand: Todtenwache] Leichnam wachen, diß liessen wir geschehen, vnnd wurden [73] von vnsern Knaben ein jeglicher in sein Losament geführt.[Rand: Die Gäste / gehen / schlafen] Mein Knab redet mit mir viel vnnd mancherley, deren ich noch wol gedencke, hatte mich auch an seinem Verstandt gnug zuverwundern. Sein intent aber war mich zum Schlaff zu bewegen, welches ich zu letst wol merckt, deßwegen ich mich auch stellet als ob ich starck schlieffe, aber kein Schlaff war in meinen Augen, vnnd kondte der Enthaupteten nit vergessen. Nun[Rand: Des Verf. / Schlafzimmer] war mein Losament gegen dem grossen See gerichtet, daß ich also wol drauff sehen kundte. So waren die Fenster nahe bey dem Bett. Vmb Mitternacht so bald[Rand: hat des / Nachts ein / Gesicht] es zwölff Vhren schlug, da ersahe Ich schnell auf dem See ein grosses Fewr, deßwegen ich auß forcht, schnell das Fenster auffmachte, zu sehen was darauß werden wolte. So sihe ich nun von fernen sieben Schiff daher kommen, so alle mit Liechtern voll besteckt waren. Vber jedem schwebet zu obrist ein Flamme, die fuhr hin vnnd wider, ließ sich auch zuweilen gar hernider, das ich leichtlich erachten kundt, es musten der Enthaupten Geister sein. Diese Schiff kamen nun gemechlich ans Landt, vnnd hatte jedes mehr nit als einen Schiffman. So bald die nun ans Landt gestossen, ersahe ich bald vnser Jungfraw mit einer Fackel den Schiffen entgegen gehen, deren trug man die sechs verdeckte Sarch[Rand: Die Leichname / werden /eingeschifft] sampt dem Kästlein nach, vnd wurde jedes in ein Schiff verborgen geleget. Wecket deßwegen meinen Knaben auch, der dancket mir höchlich, dann weil er den Tag vber viel geloffen, hätte er diß schier verschlaffen, so ers doch wol gewust: So bald nun die Sarch in die Schiff geleget wurden, wurden alle Liechter außgelescht. Vnd fuhren die Sechs Flammen mit einander vber den See hinein, daß also mehr nit als in jedem Schiff ein Liechtlein zur Wacht war. So hatten sich auch etlich hundert Hüeter an das Gestad gelägert, vnd die Jungfraw wider in daß Schloß geschicket, die alles wider fleissig verrieglet, das ich also wol kundte erachten, es [74] wurde weiters heunt nichts geschehen, sondern muste deß Tags erwarten, gaben vns also wider zu ruh: Vnd war ich der einig vnter allen meinen Gesellen, so mein[Rand: Der Verf. / sieht diß / allein] Gemach gegen dem See gehabt, vnd solches gesehen. So war ich auch jetzt aller dings matt vnnd entschlieff also in meinem vielfältigen speculieren.

Fünfter Tag

[75] Fünfter Tag.

Die Nacht war fürvber, vnnd der liebe erwündschte[Rand: läßt sich / früh / herumführen] Tag angebrochen, da macht ich mich flux auß dem Bett, mehr begierig zuerfahren, was doch geschehen möchte, dann das ich geschlaffen gnug hätte. Nach dem ich mich nun angezogen, vnd meiner gewonheit nach die Stiegen hinab begeben, war es noch zu frühe, vnnd fande niemand anders in dem Saal, bat deßwegen meinen Knaben mich ein wenig in dem schloß vmbzuführen, vnd etwas sonderlichs zuzeigen, der war nun wie allweg willig führet mich auch alsbald etliche Stiegen vnter die Erd, zu einer grossen eysenen Thüren, darauff waren nachfolgende wort von Kupfferen grossen Buchstaben angehefftet:



[76] Diß hab ich also abgemahlt, vnnd in mein Schreibtäfelein auffgezeichnet: Nach dem nun diese Thür er öffnet, führet mich der Knab bey der Hand durch einen gantz finstern Gang, biß wir wider zu einem kleinen Thürlein kamen, das war nun zugeleinet, dann wie mich der Knab berichtet, hatte man solches erst gestern eröffnet, vnnd die Sarch darauß genommen, wäre also noch nit beschlossen worden, wie wir nun hinein getretten, ersahe ich das allerköstlichste ding, so jemal die Natur erschaffen. Dann solch Gewelb hatte sonst kein ander Liecht, denn von etlicher vbergrossen Carbunckel, vnd diß war (wie ich berichtet wurde) deß Königes Schatz. Das[Rand: Verf. sieht /des Königs / Schatz] herrlichst vnd fürnembst aber so ich hierinnen gesehen, daß war ein Grab, so in der mitten stund von solcher köstligkeit, daß mich wundert, daß solches nit besser versorget würde. Darauff antwortet mir der Knab: Ich hätte mich billich gegen meinen Planeten zu bedancken, auß welches Influentz mir nun mehr etliche Stuck zusehen worden, so keines Menschen Aug sonsten jemalen gesehen, ausser deß Königs Gesinde. Diß Grab war dreyecket, hatte in der mitten einen Polierten Kupfferin Kessel, daß ander war von lauter Gold vnnd Edelgestein. In dem Kessel stund ein Engel, der hielt in Armen[Rand: Beschreibung eines / kostbaren / Grabes] einen vnbekandten Baum, von dem tropffnet es stetigs in den Kessel, auch so offt die Frucht abfiel in den Kessel, wurde sie auch zu Wasser, vnnd floß von dannen in drey guldinen neben kesselin. Dieses Altärlin trugen die drey Thier, Ein Adler, Ochs, vnnd Löwe, vnnd stunden auff einem vberauß köstlichem Postament. Ich fraget meinen Knaben, was doch das bedeutten möchte: hie ligt begraben (sagt er) Venus, die schöne Fraw, so manchen hohen Mann, vmb Glück, Ehr, Segen vnd Wolfart gebracht hatt. Hierauff zeiget er mir ein kupfferne Thür auff dem boden. Hie können wir (sprach er) so es euch[Rand: steigt in / ein Gewölbe] beliebet, weiter hinab gehen: Ich gehe jmmer mit antwortet ich, hiemit kam ich die Stiegen hinab, da war [77] es gantz finster, der Knab aber eröffnet flux ein klein Kästlin, darinnen stundt auch ein jmmer mehrendes Liechtlein, von dem zündt er ein beyligende Fackel, deren viel waren, an. Ich erschrack hefftig, vnd fraget ernstlich, ob er diß thun dörffte? Er gab mir zur antwort: weil die Königliche Personen jetzund ruhen, habe ich mich nichts zubefahren. Hiemit ersihe ich ein zubereit köstlich Bett, mit schönen Vmbhängen vmbzogen, deren einen [Rand: sieht die / Venus / schlaffen] er öffnet. Da sahe ich Fraw Venerem gantz bloß (dann die Decken hatte er auch auffgehebt) in solcher zierd vnd schöne da ligen, daß ich schier erstarret, auch noch nit weiß, ob es nur also geschnitten, oder ein Mensch todt hie lig, dann sie war gantz unbeweglich, noch dorffte ich sie nit anrühren. Hiemit wurde sie wider bedeckt, vnnd der Fürhang fürgezogen, Mir aber war sie noch als in Augen, doch ersahe ich bald hinder dem Bett ein Tafel, dar auff stund also geschrieben:



Ich fraget meinen Knaben vber die Schrifft, Er aber lachet, mit versprechen, ich solte es noch wol erfahren. Also leschet er die Fackel auß, vnd stiegen wir wider herauff: Da besahe ich alle Thürlein besser, vnd befand erst, das auff jedem Eck, ein Piretes Liechtlein brante, deren ich zuvor nit war genommen, dann daß Fewr [78] war so hell, daß es einem Stein viel gleicher sahe, denn eim Liecht. Von dieser hitz muste der Baum jmmerdar[Rand: Hitze des / Baumes / von den / vielen / Lichtern] schmeltzen, doch bracht er jmmer andere Frücht herfür. Nun secht, sprach der Knab, was ich von Atlante hab hören dem König eröffnen: wan der Baum (sagt er) wirt vollendts verschmeltzen, so wirdt Fraw Venus wider erwachen, vnnd sein ein Mutter eines Königs. Da er noch diß redet, vnd mir villeicht mehr sagen wolt, flog der kleine Cupido daher, der war erstlich ab vnserer gegenwart etwas bewegt, doch wie er sahe, daß wir beede dem Todt gleicher, dann den Lebendigen, must er entlich selbst lachen, fraget mich also, welcher Geist mich daher gebracht hatte? dem antwortet Ich mit zittern, ich wäre in dem Schloß verirret, vnd vngefehr hieher kommen, so hätte mich der Knab allenthalben gesucht, vnd entlich[Rand: Verweiß / wegen / dieser Neugierde] da angetroffen, ich verhoffte er solte mir es nit arg deutten. Nun steht es noch wol, sprach Cupido, mein alter fürwitziger Vatter, Aber leicht hättet jhr mir ein groben Zotten reissen können, so jhr dieser Thüren wargenommen hetten. Nun muß ich es besser versorgen, leget also ein starck Schloß an die Küpfferin Thüren, da wir zuvor hinab gestiegen, Ich dancket Gott, daß er vns nit ehe angetroffen, so war mein Knab noch fröher, daß ich ihm so hindurch geholffen. Ich kan doch sprach Cupido, daß nit ungerochen lassen: daß jr mein liebe Mutter schier hätten vberloffen: Hebet also ein spitz seiner Pfeil in der Liechtlin eines, biß er ein wenig erwarmet, damit stupffet er mich auff die Hand, dessen ich doch dazumal wenig geachtet, sondern war fro, daß vns so wol gelungen, vnnd doch ohne weiter Gefahr so darvon kämen. Hierzwischen hätten sich meine Gesellen auch auß den[Rand: Schertz des / Cupido mit / dem Verf.] Betten gemacht, vnnd in dem Saal eingestelt, zu denen füget ich mich auch, vnd stellet mich, als wer ich erst auffgestanden. Nach dem Cupido alles fleißig verrigelt, kam er auch zu vns, vnnd muste ich ihm die Hand zeigen. Da befand sich dannoch ein tröpflin Bluts, dessen er [79] wol gelacht, auch den andern angezeigt, sie solten meiner[Rand: Verwunderung ob / Cupidinis / Lustigkeit] Acht haben, ich wurde in kurtzem veriaren. Vns wundert alle wie Cupido köndte so lustig sein: Vnd der gesterigen trawrigen geschicht, so gar nichts achtete: Aber da war kein trawren. Nun hette sich vnter deß auch[Rand: seine / führerin / erscheint / in / Trauer] vnser Präsidentin zur wegfart bereitet. Die zog auff in gantz schwartzem Samet: vnd trug doch jhren Lorbeerzweig: So hatten auch jhre Jungfrawen alle Lorbeerzweig. Wie nun alles fertig: Heisset vns die Jungfraw erstlich einen Trunck zu vns nehmen, darnach bald zur Procession fertig machen, deßwegen wir vns nicht lang saumbten, sondern folgeten jhr nach für den Saal hinauß, biß in den Hoff. Im Hoff stunden sechs Sarch, vnnd meineten meine Gesellen anderst nit, dann es legen die sechs Königliche Personen darinnen. Ich aber mercket den bossen wol. Doch wust ich nit, was man mit den anderen thun würde. Bey jedem Sarch waren acht vermumte Männer. So bald nun die Music angieng (daß war so ein trawrig gravitetisch Musicieren, daß ich mich entsetzet) huben die Männer die Särch auff, vnd musten wir, wie wir geordnet wurden, hernach gehen, biß in obgedachten Garten, in dessen mitte war ein hültzen Hauß auffgericht, welches an dem Tach rings vmb ein herrliche Kronen hatte: vnd auff 7. Säulen stunde, darinnen waren sechs gemachte Gräber, vnd bey jedem ein Stein, doch hatte es in der mitten ein runden holen erhabenen Stein. In diese Gräber wurden die Särch still vnnd mit vielen Ceremonien gelegt, die Stein darüber geschoben, vnnd starck verschlossen. Im mitlen aber solte daß kleine Trüchlein liegen. Mit diesem wurden meine Gesellen betrogen, dann sie meineten nit anderst, dann es wären die Todten Leichnam darinnen. Zu obrist war ein grosser Fahn, vnnd stund Phönix darinnen gemahlet, vns villeicht hiemit noch mehr zu äffen. Hie hat ich GOTT viel zu dancken, daß ich mehr als andere gesehen. Nun, nach dem die Begräbnussen geschehen: [80] Hielt die Jungfraw, so sich auff den mittelen[Rand: Die Gäste / werden / auffgefordert, etwas / für das / Leben der / Könige zu / thun] Stein gestellet, Ein kurtze Oration: wir solten an vnserm Versprechen halten, vnd vns künfftige mühe nit bedauren lassen, sondern gegenwertigen begrabenen Königlichen Personen wieder zum Leben helffen, vnnd deßwegen mit jhr unverzogenlich auffsitzen, an Thurn Olympi zufahren, daselbsten hierzu taugentliche vnd notwendige Artzney abzuholen. Deß bewilligten wir bald, vnd folgten jhr durch ein ander Thürlein nach biß an das Gestad. Da stunden obgemelte sieben Schiff alle leer da, dahin steckten alle Jungfrawen jhre Lorberzweig, vnd nach dem sie vns in die sechs Schiff abgetheilet, liessen sie vns also im namen Gottes fahren, vnd sahen[Rand: Die Jungfrawen / bleiben im / Schloß] vns zu so lang sie vns im Gesicht haben kondten: darnach zogen sie mit allen Hütern wider ins Schloß hinein. Vnsere Schiff hat jedes ein grossen Fahnen vnnd sonderliches Zeichen. Die fünff zwar hatten die fünffCorpora Regularia. Jetlichs ein besonders, daß meinig, darinnen auch die Jungfraw saß, führet ein Globum. Wir fuhren also in besonderer ordnung daher, vnnd hatte jetlichs nur zwen Schiffmänner. Erstlich zog vorher das Schifflin a. darinnen meins bedünckens der Mohr lag, in diesem hielten sich zwölff Musicanten, die machten gut Arbeit, sein Zeichen war ein Pyramis.

[Rand:

]

Darauff drey neben einander, b. c. vnd d, Darinnen wir außgetheilt wurden, Ich saß im c. im mitten fuhren die zwey schönsten vnnd stattlichsten Schiff e. vnnd f. darinnen fuhr kein Mensch, mit vielen Lorbeerzweigen besteckt, ihr Fahnen waren Sonn vnd Mond. Zu letst aber ein Schiff g. In diesem waren 40. jungfrawen. Wie[Rand: 40 Jungfr. / begleiten / den Verf.] wir nun also den See vberfahren, kamen wir durch einen engen Arm erst auff das rechte Meer, da hatten vnser alle Sirenen, Nymphen, vnnd Mörgöttin gewartet, fertigten[Rand: werden von / Nymphen / erwartet] derowegen bald ein Meerfräwlein zu vns ab, Ihr geschenck vnnd Hochzeit verehrung zu vberlieffern. Daß war ein köstlich groß angefast Perlin: Dergleichen weder [81] in vnser, noch newen Welt jemalen gesehen worden, Rund vnd glantzend. Da nun solches die Jungfraw freundlich angenommen, bat die Nympha weiter, man wollte jhren Gespielen Audientz geben, vnnd ein wenig still halten, dessen war die Jungfraw auch zufrieden. Hieß beyde grosse Schiff in der mitte halten, vnnd mit den andern ein Pentagonum darumb machen.

[Rand:

]

Darauff machten sich die Nymphen rings herumb, vnd fiengen mit lieblicher Stimm an also zusingen:


I.

Nichts besser ist auff Erden,
Dann die schön edel Lieb,
Damit wir Gott gleich werden,
Daß keins das ander trüb.
Darumb last dem König singen,
Daß gantz Meer thu erklingen,
Wir fragen, Antwort jhr.
II.

Was hat vns bracht das Leben?
Die Lieb.
Was hat Gnad widergeben?
Die Lieb.
Waher seind wir gebohren?
Auß Lieb.
Wie wären wir verlohren?
Ohn Lieb.
III.

Wer hat vns dann gezeuget?
Die Lieb.
Warumb hat man vns geseüget?
Auß Lieb.
[82]
Was seind wir den Eltern schuldig?
Die Lieb.
Warumb sein sie so Dultig?
Auß Lieb.
IV.

Was thut diß vberwinden?
Die Lieb.
Kan man auch Liebe finden?
Durch Lieb.
Wa lest man gut Werck scheinen?
In Lieb.
Wer kan noch zwey vereinen?
Die Lieb.
V.

So singt nun alle.
Mit grossem Schalle,
Der Lieb zu ehren,
Die wöll sich mehren,
Bey unserm Herrn König vnd Königin,
Ihr Leib sein hier, die Seel ist hin.
VI.

So wir noch leben,
So wird GOtt geben,
Daß wir die Lieb vnd groß Huldschafft,
Sie theilet hat mit grosser Krafft,
Also wir auch durch Liebes Flamm,
Mit Glück sie wider bringen zusamm.
VII.

Da soll diß Leyd,
In grosse Frewd,
Wens noch viel tausent Junge geit,
Verkert werden in Ewigkeit.

[83] [Rand: so dem / Verf. / gefallen] Wie sie diß Lied mit herrlichem Content vnd Melodey zu End gebracht, nam mich nimmer wunder, warumb Vlysses seinen Gesellen die Ohren verstopfft, dann ich dauchte mich den Vnglückhafftigsten Menschen zu sein, das mich die Natur nit auch ein so holdselige Creatur erschaffen hätte. Die Jungfraw aber macht jhren Abscheid bald, vnnd hieß von dannen fahren. Deßwegen sich auch die Nymphen, nach dem jhnen ein lang roht Band zu lohn verehret wurde, zertrent, vnd im Meer außgetheilt (dißmals empfandt ich das Cupido auch bei mir anfieng zu operieren, welches mir doch zu schlechten ehren gereichet, weil auch sonsten dem Leser mein Schwindel nichts nutzet, wil ichs also bey diesem beruhen lassen, Es war aber eben die Wund, so ich im ersten buch im Kopff im Traum empfangen hätte, wolte sich aber einer von mir warnen lassen: Der gehe Veneris Bett müssig, dann Cupido kan solches nicht leiden. Nach etlichen stunden, als wir in freundtlichem Gespräch, ein guten weg gefahren,[Rand: Der Thurn / Olympus] werden wir deß Thurns Olympi ansichtig, deßwegen die Jungfraw befohlen, mit etlichen stucken ein zeichen vnserer ankunfft zu geben, welches auch beschehen. Alsbald ersahen wir einen grossen weissen Fahnen außstecken, vnd mit einem kleinen verguldten Schifflein entgegen zuziehen. Wie nun diß zu vns kommen, war es ein alter Mann, deß Thurns Wächter, mit etlichen Trabanten in weiß bekleydet, von dem wurden wir freundlich[Rand: dessen / wächter / vnd Bevestigung] empfangen, vnd also dem Thurn zugeführt. Dieser Thurn stund auff einer gantz vierecketen Insul, die war mit einem so festen vnnd dicken Wahl umbgeben, das ich selbsten 260. Schritt hindurch gezählet. Nach dem Wahl war eine feine Wiese, mit etlichen Gärtlin, darinnen seltzame vnd mir vnbekandte Früchten wuchsen, vnd dann aber eine Mawr vmb den Thurn. Der Thurn an jhm selbst war eben, als hette man sieben runder Thürn an einander gebawt, doch war der mittel etwas höhers, vnnd giengen auch inwendig alle ineinander, vnd sieben Stöck auffeinander.

[84] Wie wir nun also biß zur Thüren deß Thurns kommen, führet man vns auff den Mawren ein wenig beseits, damit wie ich wol mercket, man die Sarch kondte ohn vnser wissen in den Thurn bringen, hiervon wusten die andern nichts. So bald nun solches geschehen, führet man vns zu vnderst in den Thurn, der war gleichwol schön gemahlet, aber wir hatten hie wenig Kurtzweil, dann diß war anderst nichts dann ein Laboratorium.[Rand: Die Gäste / kommen in / ein Laboratorium] Da musten wir Kräuter, Edelgestein, vnd allerley stossen, wäschen, den Safft vnd Essentiam herauß bringen: dieselbige in Gläßlin thun, vnd auffzubehalten geben, vns zwar war vnser Jungfraw so geschäfftig, vnd anrichtig, das sie jedem wust Arbeit gnug zugeben, da musten wir vns recht in dieser Insel dummeln, biß wir alles zu wegen brachten, was zu widerbringung der enthaupten Leiber vonnöten. Vnter deß (wie ich[Rand: dergleichen / auch die / Jungfrawen] nachmalen vernommen) waren die drey Jungfrawen im ersten Zimmer, vnd wäscheten die Leichnam auffs fleissigst. Endlich wie wir nun mit solchem zubereiten fast fertig, bracht man vns mehr nit als ein Suppe, mit[Rand: erhalten /dafür / schlechte / Kost]eim Trüncklin Weins, dabey ich wol mercket, daß wir vmb Wollusts willen nit hier: dann auch da wir vnser Tagwerck verrichtet, wurde jedem nur ein Kolter auff die Erden gelegt, damit wir solten für gut nemmen.[Rand: und ein / schlechtes / Bett] Mich zwar fachte der Schlaff so viel nicht an, Spatziert deßwegen hinauß in die Gärten, kam auch endlich biß an den Wahl vnd weil der Himmel dazumal sehr hell, kondte ich mir die weil mit Contemplierung der Sternen[Rand: Verf. betrachtet / statt dessen / den / Himmel] wol vertreiben. Vngefehr kam ich zu grossen Steinenen Stafflen, die führeten auff den Wahl. Vnd weil der Mon gar hell schiene, war ich desto kecker, gieng hinauff vnd ersahe mich auch ein wenig auff dem Meer, daß war nun gantz stille, vnd weil ich also gute gelegenheit hette der Astronomi besser nach zu dencken, befand ich, daß auff gegenwertige Nacht ein solche Conjunction der Planeten geschehe, dergleichen nicht bald sonsten zu observieren. [85] Wie ich nun also ein gute weil vber daß Meer hinein sihe, vnd es eben vmb mitternacht war, so bald es zwölff Vhr schlug, sahe ich von fernem die sieben Flammen vber das Meer daher fahren, vnd sich zu obrist auff die spitz deß Thurns zubegeben, daß brachte mir etwas forcht, dann so bald sich die Flammen gesetzt, fiengen die Wind an, daß Meer gar vngestümm zumachen. So wurde auch der Mond von Wolcken bedecket, vnnd mein frewd mit solcher forcht geendet, das ich kaum zeit gnug hatte die Stafflen wider zu treffen, vnnd mich in den Thurn wider zubegeben. Ob nun die Flammen lenger geblieben oder wider weg gefahren, kan ich nit sagen, dann ich mich in solcher finstere nimmer hinauß wagen dörffen, leget mich also auff meinen Kolter, vnd weil ohne das der Brunn in vnserm Laboratorio lieblich vnnd still rauschet, entschlieff ich desto eher, vnd war also diser fünffte Tag auch mit Wunder beschlossen.

Sechster Tag

[86] Sechster Tag.

Am Morgends nach dem einer den andern erwecket, sassen wir ein weil zusammen, vns zuersprachen,[Rand: Vermuthungen / über den / Ausgang] was doch darauß werden wurde: Dann etliche hielten darfür, sie wurden alle mit einander wider lebendig. Etliche widersprachens: Denn es musten der Alten vndergang den Jungen nicht allein daß Leben, sonder auch die vermehrung widergeben. Etliche meineten, sie weren nicht ertödtet, sondern andere an jr statt enthauptet worden. Wie wir nun vns zimlich lang miteinander besprachet: Kompt der alte Mann daher, grüßt vns, vnd besihet, ob alle sachen fertig, vnd den Processen gnug beschehen: da wir vns dann dermassen verhalten, daß[Rand: der Wächter ist mit / dem Fleiß / der Gäste / zufrieden] er vnsern fleiß hatt müssen passieren lassen, rüstet deßwegen alle Gläser zusammen, vnd stellet sie in ein Futer. Bald kommen etliche Jungen, die bringen mit sich etliche Leytern, Seyler, vnd grosse Flügel, die legten sie vor[Rand: Knaben / bringen / Leiter / Seile vnd /Flügel] vns nider, vnnd giengen darvon: Der Alte fieng an: Ihr liebe Söhn, dieser dreyen stuck eines muß jeder diesen Tag bey sich stettigs tragen, so stehet es euch nun frey, wolt jhr eins erwehlen, oder soll man darumb losen: wir sprachen wir wolten wehlen, Nein antwortet der Alte, es muß durchs Loß sein. Hiemit machet er drey Brieflin,[Rand: darüber / wird geloset] auff daß ein, schrieb er Leyter, auff das ander Seyl, auff das dritt Flügel. Die legt er in ein Hut, vnnd [87] muste jeder ziehen, was jhme wurde, daß blieb jhm. Die Seyl vberkamen, meineten sie weren am besten daran, mir aber wurde ein Leyter, welches mich hefftig betrübet, dann sie war zwölff Schuch lang, vnnd zimlich schwer, die muste ich auff mich nemen, die andern kundten jhre Seyl geschmeidig vmb sich wicklen, so machte der Alte den dritten die Flügel so artlich hinan, als ob sie ihnen da gewachsen weren. Hiemit zog er einen Hanen für, da lieff der Brunn nimmer, vnnd musten wir ihn auß den mitteln hinweg raumen. Nach dem auch alles außgetragen worden, nam er das Kästlein mit den Gläsern mit sich, nam Vrlaub, vnnd beschloß die Thür hinder jhm starck zu, daß wir also nicht anderst meineten, dann[Rand: sie steigen / in ein /obers / Gemach] wir weren in diesem Thurn gefangen. Aber es stund kein viertel stund an, da wurde zu obrist ein rund Loch auffgedeckt, da ersahen wir vnsere Jungfraw, die rieff vns zu, gab vns ein guten Tag, mit begeren, wir wolten hinauffkommen. Die mit den Flügeln waren geschwind durch das Loch hinauff, so sahen wir andere auch wozu vnser Leytern gut weren, Allein die mit jhren Seylern waren vbel daran. Dann so bald vnser einer heroben war, wurd jhm befohlen die Leyter an[Rand: Das Seyl / macht / Schwierigkeit] sich zu ziehen. Endlich wurde jedem sein Seyl an einen Eysenen Hacken gehenckt, da muste jeder am Seyl selbsten herauffklettern, so gut er kundt, welches warlich ohne Blattern nit zugieng. Wie wir nun also alle heroben, wurde das Loch wider zugedeckt, vnnd wir von der Jungfrawen freundlich empfangen. Dieser Saal war so groß als der Thurn, hatte Sechs schöner Zellen, ein wenig höher als der Saal, dahin muste man durch drey[Rand: Beschreibung der / Zellen] Stafflen auffsteigen. In diese Zellen wurden wir außgetheilt, daselbsten für das Leben der König vnd Königin zu bitten. Dieweil gieng die Jungfraw in dem Thürnlin a. auß vnd ein, biß wir fertig wurden. Dann so bald wir vnsere Proceß absolvieret, wurde durch das kleine Thürlein von zwölff Personen (so zuvor vnsere [88] Musicanten waren) ein wunderlich langlecht ding in die mitten gestelt, welches meine Gesellen nur für einen Brunnen hielten: Ich aber mercket wol, daß die Leichnam darinnen lagen. Dann es war der vnder Kast ein Quartal figur, groß daß sechs Personen auffeinander wol ligen kundten. Hierauff giengen sie wieder hinauß, holeten jhre Instrumenta, vnnd begleyteten vnser Jungfraw, sampt jhren Dienerin mit lieblicher Music herein. Die Jungfraw trug ein klein Kästlin, die andere aber lauter Zweig, vnd kleine Ampelen, etliche auch angezünd Facklen: Alsbald wurden vns die Facklen in die Händ gegeben,[Rand: Ordnung / des Chors] vnd musten wir dero gestalt vmb den Brunnen herumb stehen. Erstlich stund die Jungfraw A. mit jhren Dirnen im ring herumb mit den Amplen, und Zweigen c. Darnach stunden wir mit den Fackeln b. darnach die Musicanten a. in der lenge hinab, endlich die andere Jungfrawen d. auch in der lenge.



Wa nun solche Jungfrawen herkamen, oder ob sie im[Rand: Jungfrawen, / ungewiß / woher] Thurn gewohnet, oder ob sie bey Nacht dahin geführt worden, weiß ich nicht, dann jhre Angesichter waren alle mit weissem zartem Tuch bedeckt, daß ich keine kandte. Hiemit öffnet die Jungfraw das Trüchlin, da war es ein[Rand: öffnen ein / Kästchen] rund ding in ein grün Doppeldaffet eingewicklet, diß leget sie in das obere Kesselin, vnd decket es wieder mit einem Deckel zu, so voller löchlin war, vnd doch einen Ranfft hatte, darauff goß sie etliche der Wasser hinein, so wir gestern präpariert hatten, davon der Brunn alsbald anfieng zulauffen, vnnd doch vier Röhrlein wider in das Kesselein trieben, vnderen dem vnder Kessel aber hatte es viel spitz, dahin steckten die Jungfrawen jhre Ampeln, daß also die hitz an den Kessel kam, vnnd das Wasser siedent macht. So nun daß Wasser wallet, hatte es bey a viel Löchlin, davon es hinein auff die Leichnam [89] fiele, vnnd war es so hitzig, daß es allen Leichnam solvieret vnd zum liquor machet. Was aber das obere runde eingewickelte ding sey gewesen, wissen meine Gesellen noch nit. Ich aber verstund, daß es deß Mohren Kopff were, von dem die Wasser solche große hitz empfiengen. Bey b. vmb den grossen Kessel herumb, hatte es abermal viel Löcher, darein steckten sie jhre Zweigen, ob nun solches vonnöhten, oder nur zur Ceremoni geschehen,[Rand: Lorbeerzweige] weiß ich nicht, gleichwohl sein solche Zweig jmmer von dem Brunnen besprützt worden, von dannen es hernach etwas gelblicher in den Kessel getropffnet: Diß weret nun fast auff zwo stund, daß der Brunn von jhm selber noch jmmerdar lieff, jedoch wurde er je lenger[Rand: Zeitvertreib im / Zimmer] je schwecher: Hiezwischen tratten die Musicanten ab, vnd spatzierten wir in dem Saal hin vnd wider, vnd zwar war der Saal dermassen beschaffen, daß wir gelegenheit genug hatten vns die weil zuvertreiben, da war an Bildern, Gemählen, Vhrwercken, Orgelen, Springende Brünnlein, vnnd dergleichen, nichts vergessen: Nun war es auch an dem, daß der Brunn sein end nam, vnd wolt nimmer lauffen: Deßwegen hieß die Jungfraw ein runde Guldene Kugel bringen. Zu vnderst aber deß Brunnens war ein Zapff: Durch den ließ sie alle Materi so sich durch solch hitzig tropffen solviert, in die Kugel, dessen dann etlich maß waren, sehr Roht: Daß ander Wasser so obrist noch in dem Kessel blieb, schüttet man auß. Vnd wurde also dieser Brunn (der[Rand: Schwehre / des / Wassers] nun vmb viel leichter worden) wieder hinauß getragen. Ob nun solcher daraussen eröffnet worden, oder ob etwas weiters von Leichnamen nutzlichs geblieben, darff ich nit eygendlich sagen, daß weiß ich aber, daß das Wasser, so in die Kugel empfangen worden viel schwerer gewesen, dann das sie vnser Sechs oder noch mehr hetten können ertragen: Wiewol sie der grösse nach einem Mann nicht hette sollen zu schwer sein. Wie nun auch diese Kugel mit mühe zur Thüren hinauß kommen: [90] Sassen wir abermal alleine. Weil ich nun mercket, das man ob vns gienge, sahe ich mich nach meiner[Rand: der Verf. / allein / weiß, was / vorgeht] Leyter umb, Hie hette einer wunderliche opinionen meiner Gesellen vber diesen Brunnen gesehen. Dann weil sie nicht anderst meineten, dann die Leichnam legen im Schloßgarten, wusten sie sich in solch laborieren nicht zu richten, Ich aber dancket Gott, daß ich zu so gelegener zeit gewachet, vnd gesehen, welches mir in allem der Jungfrawen thun besser zuhalffe. Nach einer[Rand: steigt mit / seinen / Mitgästen / in ein / oberes / Zimmer] viertel stund ward aber der Deckel oben abgehebt, vnd vns befohlen hinauff zukommen, das geschah wie zuvor, mit Flügeln, Leytern vnd Seylen. Vnnd verdroß mich nicht wenig, daß die Jungfrawen einen andern weg kondten hinauff kommen, wir vns so bemühen musten, kondte doch wol erachten, es were hiemit etwas besonders, vnnd musten wir dem alten Mann auch etwas zu thun lassen. Dann auch jenen jhre Flügel nichts nutzten: Dann wann sie solten durchs Loch hinauff kommen, wie wir nun auch das vberstanden, vnnd daß Loch beschlossen worden, sahe ich die Kugel mitten in dem Saal an einer starcken Ketten hangen: In diesem Saal war nichts dann lauter Fenster, vnd allweg zwischen[Rand: dessen / Beschreibung] zweyen Fenstern eine Thüre. Diese bedeckt anders nichts dann ein grossen polierten Spiegel, Vnd waren diese Fenster vnnd Spiegel so opticè gegen einander gericht, das ob wol die Sonne (so dazumal vber die maß hell schiene) nur ein Thüre traff. War doch (nach dem die[Rand: ein optisches / Kunststück] Fenster gegen der Sonnen geöffnet, vnnd die Thüren vor den Spiegeln auffgezogen worden) in dem gantzen Saal, an allen orten, nichts dann Sonnen, die traffen durch künstliche Refraction alle die Guldene Kugel, so in der mitten hieng, vnnd weil dieselbe ohne dz hell poliert war, gab sie ein solchen glantz, dz unser keiner die Augen kundt auffthun. Musten deßwegen zun Fenstern außschawen, biß die kugel wol erhitzet, vnd zu begertem effect gebracht würde. Hie darf ich wol sagen, ich hab [91] [Rand: wunderbare / Spiegel] an diesen spiegeln, dz wunderbarlichst außsehen gesehen, so jemalen die Natur ans Liecht gebracht, dann es waren in allen Orten Sonnen, so schein die Kugel in der mitten noch heller, daß wir sie so wol als die Sonn selbsten kein Augenblick erleiden kundten. Endlich hieß die Jungfraw die Spiegel wieder zubeschliessen, die Fenster fürzumachen, vnnd also die Kugel wider ein wenig erkülen zulassen, vnd diß geschah umb sieben Vhr. Dauchte vns deßwegen gut, weil wir jetzmals Vacantz haben kondten,[Rand: philosophisches / Frühstück] vns mit dem Frühstück ein wenig zuerlaben. Diese Tractation war abermal recht Philosophisch, vnnd hatten wir vns keiner nötigung zur vnmäßigkeit zubefahren, doch hatten wir keinen mangel, So machte vns die Hoffnung künfftiger Frewd (deren vns die Jungfraw stettigs vertröstet) so lustig, daß wir keiner arbeit oder vngelegenheit achteten. So kan ich auch meinen Gesellen so hohes Stands diß mit Warheit nach sagen, daß sie sich nach jhrer Küchin oder Tafel niemahlen gesinneten, sondern jhr Wolgefallen war allein solcher Abentheurlichen Physic bey zuwohnen, vnnd hier ausser deß Schöpffers Weißheit vnnd Allmacht zu bedencken. Nach eingenommenem Imbiß, rüsteten wir vns wieder zur Arbeyt, dann die Kugel war gnugsam erkület. Die musten wir mit mühe vnd arbeyt von der Kettin auff den Boden heben. Nun[Rand: Theilung / der Kugel] war die disputation, wie wir die Kugel möchten von einander bringen, dann vns war befohlen, selbige mitten von einander zuschneiden. Endlich muste ein spitziger Demant das best thun. Wie wir nun die Kugel also eröffnet, war nichts rohts mehr vorhanden, sondern ein schön grosses schneeweisses Ey: Das frewet vns zum höchsten, daß es so wol gerahten. Dann die Jungfraw besorget jmmer die Schalen wurde vielleicht noch zu[Rand: ein weisses / Ey] weich sein. Wir stunden vmb diß Ey herumber mit frewden, als ob wirs selbst gelegt hetten. Aber die Jungfraw ließ es bald hinauß tragen, wich auch selbsten wieder von vns vnnd beschloß die Thür, wie allwegen, [92] zu. Was sie aber darauß mit dem Ey gemacht, oder ob etwas heimlichs mit jhm fürgenommen worden, weiß ich nit, glaub es auch nit. Doch musten wir abermal ein viertel stund bey einander Pausieren, biß das dritte loch eröffnet wurde, vnnd wir auff den vierdten Stock[Rand: sie steigen / ins 4. /Stockwerk] oder Boden durch vnsere Adjumenten kamen. In diesem Saal funden wir ein grossen kupfferin Kessel, mit gelbem Sand gefüllet, der wurde mit einem schlechten Fewrlin erwärmet, nachmalen das Ey darein verscharret, daß es darinnen vollends maturierte: Dieser Kessel war viereckend, Auff der einen seiten stunden diese zween verß mit großen Buchstaben geschrieben.


O. BLI. TO. BIT. MI. LI.

KANT. I. VOLT. BIT. TO. GOLT.

Auff der andern Seiten waren diese drey Wörter.
SANITAS. NIX. HASTA.

Die dritte hat mehr nit als diß einig Wort.
F. I. A. T.

Aber zu hinderst stund ein gantze Inscription, Also lautend:
QUOD.
Ignis : Aër : Aqua : Terra :
SANCTIS REGUM ET REGINARUM NOSTR:
[93] Cineribus.
Eripere non potuerunt.
Fidelis Chymicorum Turba.
IN HANC URNAM
Contulit.
Aὁ.

Ob nun hierdurch der Sand, oder das Ey gemeinet, gib ich gelehrten Leuten zu disputieren. Ich thue doch das meinig, vnnd lasse nichts vnangezeigt. Nun vnser Ey war fertig, vnnd wurde außgenommen. Es bedorfft[Rand: ein junger / unbefiederter Vogel] aber keines auffbickens, dann der Vogel so darinnen war, macht sich selbsten bald ledig, vnnd erzeigt sich gantz frewdig, doch sahe er sehr blutig vnnd vngestalt: Wir setzten jhn erstlich auff den warmen Sand, so befahle die Jungfraw, daß ehe jhm zu essen geben wurde, wir jhn zuvor wol anlegten, dann sonst wurde er vns allen gnug zu schaffen geben. Diß geschahe nun auch.[Rand: wird gebunden] Alsbald bracht man jhm zuessen, daß war gewiß anders nichts, dann der enthaupten Blut, mit präparierten[Rand: bekommt / das Blut / der enthaupteten / zu trinken] Wasser wieder diluiert. Darvon wuchß der Vogel vns vnder den Augen so sehr, daß wir wol sahen, warumb vns die Jungfraw vor jhm gewarnet. Er biß vnnd kratzet so feindlich umb sich, daß da er hette können einen seines gefallens haben, wurde er bald mit jhm fertig gewesen sein. Nun war er gantz schwartz vnd wild, deßwegen wurde jhme andere Speise gebracht: vielleicht eines anderen Königlichen Personen Blut, darvon [94] fielen jhme alle seine schwartze Federn wider auß,[Rand: wird von / dem Blut / eines / andern / zam] vnd wuchsen an statt andere schneeweisse Federn, so war er auch etwas zamers, vnd ließ besser mit sich umbgehen, doch traweten wir jm noch nit. Von der dritten speise fiengen jhm an seine Federn gefarbet zu werden. so schön, dz ich mein Lebtag von farben dergleichen nichts so schönes gesehen, so war er auch vber die maß zam, vnn thet sich so freundlich bey vns zu, dz wir auß[Rand: und / los gefallen] bewilligung der Jungfrawen jhn der Gefengnuß erledigten. Nun ists billich fieng die Jungfraw an, daß weil durch ewern fleiß, vnd vnsers alten bewilligung dem Vogel sein Leben vnnd höchste perfection gegeben, daß er von uns auch in frewden eingeweyhet werde: Hiemit[Rand: der Gäste / Erholung] befahl sie, daß Mittagmal auff zutragen, vnd vns wider zu erholen, weil nunmehr das sorglichst werck vorüber vnd sich auch gebürte vnserer gehabten arbeyt anfangen zu geniessen. Wir fiengen vns an vnder einander selbsten lustig zumachen: Hatten doch noch alle vnsere Trawrkleyder an, welches vns zur Frewde etwas spöttlich bedauchte. Nun fraget die Jungfraw jmmer vnd jmmer, vielleicht zuerforschen, welchem vnder vns jhr zukünfftig vorhaben möchte dienstlich sein: Am meisten aber wars jhr vmbs schmeltzen zuthun, vnnd gefiel jhr wol, wo einer in feinen Handgriffen versiert, welche einem Künstler sonderlich wol anstehen. Diß Mittagessen werth lenger nit als drey viertel stund, daß wir doch mehrertheil mit vnserm Vogel zubrachten, dem musten wir stettigs von seiner Speiß zu essen geben. Er blieb aber jetzmahls als bey seiner grösse. Nach dem essen ließ man vns die Speiß nicht lang concoquieren, sondern nach dem die Jungfraw, sampt dem Vogel von vns geschieden, wurde vns der fünffte Saal eröffnet,[Rand: sie steigen / ins 5. / Stockwerk] dahin wir offt besagter weiß auch kommen, vnnd vnsere Dienst angebotten. In diesem Saal, war vnserem[Rand: baden den /Vogel] Vogel ein Bad zubereitet, diß wurde mit einem weissen Pulverlin also geferbet, daß es ein ansehen hatte, als [95] were es lauter Milch. Nun ward es erstlich kühl, da man den Vogel hinein setzet, dessen er wol zu frieden war, tranck darauß vnnd spielet kurtzweilig. Nach dem es aber von Ampeln so darunder gesetzt wurden, anfieng zu erwarmen, hatten wir zuschaffen, jhn im Bad zu erhalten, decketen deßwegen ein Deckel vber den Kessel. Vnd liessen jhm den Kopff durch ein Loch herauß ragen, biß er also in solchem Bad alle seine Federn verlohr, vnd so glat wurde, als ein Mensch, noch schadet jhm die hitz weiter nichts: Welches mich schier wundert, dann es wurden auch in solchem Bad die Federn gantz verzehret, vnd von jhnen das Bad blaw geferbet. Endlich[Rand: der / angelegt / wird] liessen wir dem Vogel lufft, der sprang selbsten auß dem Kessel, vnnd war so glantzend glat, daß es ein Lust zusehen was. Weil er aber etwas wilds, musten wir jhm ein Band, sampt einer Ketten vmb dm Halß legen, vnd also in dem Saal auff vnd ab führen. Hiezwischen[Rand: Vom Bad / bleibt ein / Stein / zurück] wurde ein starck Fewr vnder den Kessel gemacht, vnnd daß Bad eingesotten, biß es gantz zu einem blawen Stein wurde, den namen wir herauß, stiessen jhn erstlich, darnach musten wir jhn auff einem Stein anreiben, vnnd endlich mit solcher Farb dem Vogel sein gantze Haut vbermahlen. Da war er noch wunderbarlicher anzusehen, dann er war gantz blaw, biß an den Kopff, der blieb weiß. Hiemit war auch vnser arbeyt auff diesem Stock verrichtet, vnd wurden wir (nach dem die Jungfraw mit jhrem blawen Vogel von vns geschieden) auff den[Rand: 6. Stockwerck] sechstes Stock durchs Loch gefordert: welches auch beschehen. Da wurden wir höchlich bekümmert: Dann in die mitten wurde ein Altärlin gestellet, allerdings, wie ich es oben in deß Königs Saal beschrieben. Darauff stunden die sechs ermelte stuck, vnd er selbs der Vogel, war der Siebend: Erstlich wurde jm das kleine Brünnlein fürgestelt, darauß tranck er, ein guten trunck. Darnach bicket er in die weisse Schlange, biß sie hefftig blutet. Diß Blut musten wir in ein Guldin Schalen [96] empfangen, vnd dem Vogel, der sich hefftig wegert, in den Halß hinab schütten, darauff steckten wir der Schlangen den Kopff in das Brünnlin, darvon wurde sie wider lebendig, vnd kroch in jhren todten Kopff hinein, daß ich sie lang nimmer sahe. Vnder deß beweget sich die Sphära immer fort, biß sie die begerte Conjunction machet. Alsbald schlug das Vhrlin eins: Hierauff geschahe aber ein Conjunction, da schlug das Glöcklin zwey. Endtlich wie die dritte Conjunction von vns observiert, vnd vom Glöcklin gemeldet wurde: Leget der arme Vogel seinen Kragen selbst demütig auff das Buch dar, vnd laßt jhm den Kopff von vnsern einem, so hierzu durchs Loß erwehlet worden, gutwillig abschlagen:[Rand: dem Vogel / wird der / Kopff abgeschlagen] Doch gab er keinen tropffen Bluts, biß er an der Brust geöffnet wurde, da sprang das Blut so frisch und hell daher, als ob es ein Rubinen Brünnlein wer: Sein todt gieng vns zu hertzen, vnnd kondten doch wol gedencken, es wurde vns mit einem blossen Vogel nicht geholffen sein, liessens deßwegen geschehen: raumeten das Altärlin ab, vnd halffen der Jungfrawen den Leib auff dem Altärlein mit Fewer (daß wurde von dem Liechtlein genommen) sampt dem beygehenckten[Rand: er wird / verbrennet] Täfelin zu Aschen verbrennen. Dieselbige nachmalen zu etlich malen reinigen, vnd in ein hültzerin Cypreßin Lädlein fleißig auffbehalten. Hie kan ich nicht verschweigen,[Rand: dem Verf. / widerfährt / ein Possen] was mir sampt noch dreyen für ein Poß widerfahren, nach dem wir also die Aschen fleißig auffgehebt, fengt die Jungfraw also an zureden. Liebe Herren, wir seind hie in dem sechsten Saal, vnd haben nit mehr als noch einen vor vns, damit sich vnser mühe endet, vnd wir wider nach vnserm Schloß, zuerwecken vnserer aller Gnädigst Herren vnd Frawen heimfahren werden. Nun möchte ich gleichwol wünschen, daß jhr alle zumal, wie jhr hie beyeinander seidt, euch hetten dermassen verhalten, daß ich euch köndte bey höchstgedachten vnsern König vnd Königin ruhm nachsagen, [97] vnd gebürende vergeltung erlogen hette mögen: weil aber ich vnter euch diese vier (hiemit deutet sie auff mich vnd noch drey) als faule und träge laboranten wider meinen Willen erfunden. Vnd sie doch nach meiner liebe gegen allen vnd jeden, nit begere zu wol verdienter Straff anzugeben: wolte ich doch, damit solcher Vnfleiß nicht gar vngestrafft bleibe, diß gegen jhnen fürnemen, daß sie allein von künfftiger siebender vnd allerherrlichster Action außgeschlossen wurden, vnnd es doch nachmalen bey Königlicher Majest. weiters nichts zu entgelten hätten. Wie mir nun auff solche red zu mut gewesen, gib ich andern zubedencken, dann die Jungfraw konte sich so ernstlich stellen, daß vns bald das Wasser vber die Körb lieff, vnd wir vns für die vnseligste vnter allen Menschen schetzeten. Hierauff ließ die Jungfraw durch der Dirnen eine (deren dann jmmerdar viel zugegen warn) die Musicanten holen, die musten vns mit solchem Spott vnd hon für die Thür mit Zincken hinauß blasen, daß sie selbsten vor lachen kaum blasen konten, sonderlich aber verdroß vns sehr, daß die Jungfraw so sehr vnsers weinen, Zorns vnnd Vngedult lachete, so mügen auch wol vnter vnsern Gesellen gewesen sein, die vns solch[Rand: gute Folgen / davon] vnglück gönneten. Aber es gieng anderst auß. Dann so bald wir für die Thür hinauß kamen, hiessen vns die Musicanten frölich sein, vnnd jnen den Schnecken hinauff nachfolgen, die führeten vns vber den siebenden[Rand: das 7. / Stockwerck] Boden vnter das Dach, da funden wir den alten Mann, den wir bißher nit gesehen, ob einem kleinen runden Oeffelein stehen. Dieser empfieng vns freundtlich, gratuliert vns auch von Hertzen, daß wir hierzu von der Jungfrawen erwölt worden, Nach dem er aber von vnsern eingenommenen schrecken vernommen, wolt jhm vor lachen schier der bauch zuknellen, das wir vns ab solchem glück so vbel gehebet. So lernet nun hierauß sprach er jhr liebe Söhn: Daß der Mensch nimmer weiß, wie gut es Gott mit jhm meinet. Vnter solchem Gespräch [98] kam auch die Jungfraw mit jhrem Schächtelein daher geloffen, welche nach dem sie vnser gnug gelachet, leret sie jhr Aschen in ein ander Geschirr auß, füllet das jhrig mit anderer Materi wider, mit vermelden, sie muste jetzmals den andern Künstlern etwas blawes für die[Rand: die Jungfr. / mit der / Fackel erscheint / wieder / geht mit /einigen in / das 7. / Stockwerck] Augen machen, wir solten dieweil dem alten Herren folgen, was er vns befehlen wurde, vnd an vorigem vnserm fleiß nit nachlassen. Hiemit scheidet sie von vns in den siebenden Saal, dahin sie vnsere Gesellen erfordert, was sie nun damit jhnen erstlich gemacht, kan ich nit wissen, dann es war jhnen nit allein zum höchsten auß zusagen verbotten, sondern auch wir dörfften geschäfften halben jhnen nit durch die Büne zusehen: Vnser Arbeit war diese: Die Aschen musten mir durch vnser[Rand: Neue / Arbeit des / Verf.] zuvor präpariert Wasser anfeuchten, daß sie gantz wie ein dünner Teig wurde. Darnach setzten wir die Materi vber das Fewr, biß sie wol heiß wurde. Von dannen[Rand: und der / übrigen im / 7. Stockwerck] gossen wir sie also heiß in zwey kleine Förmlin vnd Mödelin, vnnd liessens also ein wenig erkülen. (Hie hatten wir raum vnsern Gesellen ein weil durch etliche gemachte Spält zuzusehen, die waren nun auch ob einem Offen geflissen, vnd muste jeder mit einem Rohr selbsten das Fewr auffblasen, stunden also herumb blasend, das jhnen der Athem möchte außgangen sein, noch meineten sie wunder, wiewol sie für vns daran wären: Vnd diß blasen wäret so lang, biß vns vnser Alter wieder zur arbeit auffmahnet, daß ich also nit sagen kan, was hernacher beschehen.) Wir eröffneten die Förmlin, da waren es zwey schöne helle vnnd schier durch scheinende Bildlin, dergleichen Menschen Augen niemalen gesehen, ein Knäblin[Rand: zwey / 4 Zoll lange / Menschen] vnd Meydlein, Jedes nur vier zol lang, vnd daß mich am höchsten wundert, waren sie nit hart, sondern weich vnd Fleischin, wie ein anderer Mensch, doch hatten sie kein Leben, daß ich also gäntzlich glaub Fraw Venus Bilde werde auch auff solche Art gemachet worden sein. Diese Engelschöne Kindlein legeten wir erstlich auff zwey [99] Atlasin Küßelein, vnnd besahens ein gute weil, daß wir schier vber solchem zierlichen spectacul zu Lappen wurden.[Rand: trinken das / Blut des / Vogels] Der Alte Herr wehret vns ab, vnnd befahl jmmer ein Tröpfflein nach dem andern, von des Vogels Blut, so in das Guldin Schälein auffgefangen worden in der Bildlin Mund fallen zulassen, davon namen sie augenscheinlich zu, vnnd da sie zuvor schon klein gewesen waren sie jetzt der Proportz nach noch schöner, das billich alle Mahler hie hätten sollen sein, vnnd sich jhrer Kunst gegen diesem Geschöpff der Natur geschämbt haben. Nun fiengen sie an so groß zu werden, daß wir sie ab dem Küsselein heben, vnd auff einen langen Tisch,[Rand: sie sind / wunderschön] welcher mit weissem Samet bedecket worden, legen musten, so befahl vns auch der Alte, einen weissen zarten Doppeldaffet vber sie biß an die Brust zu decken, welches vns vmb vnaußsprechlicher schöne willen schier zu wider war, damit ichs aber kürtze, ehe wir daß Blut gar also verbraucht, waren sie schon in rechter erwachsener grösse, hatten Goldgelbe krause Haar. Vnd war das obgemeldte Venus Bild nichts gegen jhnen: Aber da war noch kein natürliche Wärme, oder Empfindligkeit, sonder Todte Bilder, doch Leblicher vnd Natürlicher Farb: vnd weil zubesorgen, sie wurden zu groß, wolte jhnen der Alte nichts mehr geben lassen, sonder decket jhnen mit dem Tuch vollends dz Gesicht, vnd ließ den Tisch rings umbher mit Fackeln bestecken (Hie muß ich den Leser warnen dz er diese Liechter nit für notwendig achte, dann es war deß Alten Intent allein dahin, daß wir nit mercken solten, wann die Seel in sie fuhre, wie wirs dann auch nit gemerckt hetten, wa ich die Flammen nit zuvor zweymalen gesehen hätte, doch ließ ich die andere Drey auff dem Glauben bleiben, so wuste der Alte auch nit, daß ich etwas mehrers gesehen). Hiemit hieß er vns auff[Rand: sie bekommen / Kleyder] einen Banck gegen den Tisch nider sitzen. Bald kommet auch die Jungfraw mit der Music, vnnd allem Apparat. Vnd trug zwey schöne weisse Kleyder, dergleichen [100] ich im Schloß niemalen gesehen, auch nit beschreiben kan, dann ich meinet nit anders, denn es were lauter Christall, Aber es war weich vnnd nit durchscheinig. Daß ich also darvon nit reden kan. Die leget sie auff einen Tisch nider, vnd nach dem sie jhre Jungf. auff den Banck herumb geordnet, fangen sie vnd der Alte umb den Tisch herumb viel gauckelwercks an, welches vns nur zur blendung geschehen, diß geschahe[Rand: die Zuschauer / werden getäuscht] wie gesagt, vnter dem Dach, daß war so wunderlich formieret. Dann es gab inwendig sieben halber gewölbter Kuglen, deren die mitten etwas höhers war,[Rand: sonderbares Dach] vnd hatte zu obrist ein klein rund loch, welches doch beschlossen gewesen, vnd von der andern keinem observiert worden. Nach vielen Ceremonien tretten sechs Jungfrawen hinein, deren jede trug ein grosse Possaun, die war mit grüner Liechtbrennender Materi als ein Krantz vmbwicklet. Deren eine empfieng der Alte, vnnd nach dem er zu obrist etliche Liechter weg geraumbt, jhnen auch die Gesichter auffgedeckt, setzet er der Posaunen eine dem Leichnam an den Mund, Also das daß ober[Rand: Gebrauch / der Posaunen] vnd weite theil gerade vber das erstgemelte Loch kam. Hie sahen meine Gesellen immer auff die Bilder, Ich aber hätt andere gedancken. Dann so bald das Laubwerck oder Krantz, am Rohr angezündet wurde, sahe ich zu obrist das Loch eröffnen vnd ein hellen Fewrstriemen,[Rand: (der eben / vom /Himmel / fuhr] durch das Rohr hinab schießen, vnd in den Leichnam fahren: Darauff wurde das Loch wider verdecket, vnnd die Posaun weggeraumbt, durch solchen bossen wurden meine Gesellen betrogen, daß sie meineten, daß Leben[Rand: die zwey / kleine / Menschen / werden / lebendig] wer dem Bilde, durch das Fewr deß Laubwercks herkommen) dann so bald er die Seel empfangen, that er die Augen auff vnd zu, doch beweget er sich nit fast: deß andern mals stellet er ein ander Rohr auff jhren Mund, zündet es aber an, vnnd wurde die Seel durchs Rohr herab gelassen, diß geschah, bey jedem dreymal, darauff wurden alle Liechter außgelescht, vnd hinweggenommen. [101] Die Sametin Decken deß Tischs vber jhnen zusammengeschlagen, auch alsbald ein Reyßbettlein auff geschlossen vnd zugerüst, darin also eingewicklet getragen, vnnd also nach dem sie auß der Decken genommen worden,[Rand: was im 7. / Stockwerck / vorgeht] fein neben einander geleget. Da sie mit fürgezogenen Vmbhängen ein gute weil geschlaffen, Nun war es auch zeit, daß die Jungfraw sehe, wie sich vnsere andere Künstler hielten: Die waren wolzumuht, dann wie mich die Jungfraw nachmahlen berichtet, musten sie in Gold laborieren: Welches wol auch ein stuck dieser Kunst, aber nit das fürnembst, nöttigst vnnd beste ist. Zwar hatten sie auch ein theil dieser Aschen, daß sie also anderst nit meineten, dann der gantze Vogel wäre umbs Golds willen angesehen, vnd muste also den entleibten daß Leben hierdurch wider gebracht werden) Daß belangend, fassen wir also in stillem da zuerwarten, wenn vnser Eheleuthe wurden erwachen, diß verzog sich etwann[Rand: die eingeschlafenen / Kleinen / werden / vom / Cupido / aufgeweckt] ein halbe stund. Dann jetztmals stellet sich der mutwillige Cupido wider ein, vnd nachdem er vns nacheinander salutiert, flog er zu jhnen vnter den Vmbhang, vexiert sie auch so lang, biß sie erwachen. Diß beschah bey jhnen mit grosser verwunderung, meineten auch anderst nit als ob sie von der stund an, da sie Enthauptet[Rand: es sind die / zuvor Enthaupteten] worden, biß anhero geschlaffen hätten, Cupido nachdem er sie erwecket, vnd sie beyde einander wider zu er kennen geben, machet sich ein wenig beseits, vnd ließ sie bede sich noch ein wenig besser erholen, trieb hiezwischen sein fatzwerck mit vns, vnd muste man jhm[Rand: sie werden / prächtig / angezogen] entlich die Music holen, vnd etwas frölichers seyn. Nicht lang hernach kommet die Jungfraw selber. Vnd nach dem sie den jungen Künig vnd Königin (so sich etwas mats befunden) vnderthänig salutiert, vnd die Hand geküst, bracht sie die bemelte zwey schöne Kleyder herbey, welche sie angezogen, vnd also herfürgetretten. Nun waren schon allbereit zwen schöner sessel, zubereitet: Darein setzten sie sich, vnnd wurden also von vns mit vnderthänigster [102] Reverentz gegrüst, dessen sich der König in eygener Person,[Rand: sie gehen / zu Schiff] auff das aller gnädigst bedancket, vnd hinwiderumb alle Gnad anerbotten: Nun war es allbereit vmb fünff Vhren, konten sich deßwegen nit lenger saumen, sonder so bald jmmer die fürnembste Sachen haben auffgeladen werden können: musten wir die Jungen Königlichen Personen den Schnecken hinab durch alle Thor vnnd Wacht hinauß biß zu dem Schiff geleiten. Darein setzten sie sich sampt etlichen Jungfrawen vnd der Cupidine, vnnd fuhren so schnell darvon, daß wir sie bald auß dem Gesicht verlohren, doch war man jhnen, wie ich berichtet worden, mit etlichen stattlichen Schiffen entgegen gezogen, daß sie also in vier stunden, etlich viel Meil Meers vberfahren: Nach fünff Vhren wurde den[Rand: Die Musicanten / folgen] Musicanten befohlen alle Sachen wider hinab auff die Schiff zutragen, vnd sich zur wegfart fertig machen. Weil aber solches etwas langsamer zugieng: Ließ der[Rand: Der Alte / läßt durch / seine Soldaten / helffen] Alte Herr erst seine verborgene Soldaten ein theil auß, die waren bißher im Wahl versteckt gewesen, daß wir keines war genommen, dabey ich vermerckt, daß solcher Thurn zum widerstandt wol versehen wäre. Nun diese Soldate waren mit vnserm plunder bald fertig, daß also weiter nichts mehr zu thun was, als zu nacht essen. Wie[Rand: Letzte / Mahlzeit] nun die Tisch allerdings zubereitet worden: Bringet vns die Jungfraw wider zu vnsern Gesellen da musten wir vns Warlich kläglich stellen, vnd das lachen verheben. Sie aber schmolleten jmmer zusammen, wiewol auch etliche mit vns mitleyden hätten, vber solchem Nachtessen[Rand: der Alte / läßt die / Gäste / nicht aufkommen] war der alte Herr auch bey vns, der war vns ein scharpffer Inspector. Dann keiner kundte nichts so weißlich fürbringen, er wuste es jhm entweder vmbzustossen, oder zu verbessern, oder auffs wenigst ein gute Lehr hierüber zugeben. Bey diesem Herren hab ich am meisten[Rand: sein Lob] gelernet, vnd wäre wol gut, daß sich jederman bey jhm zuthet, vnnd seiner Sachen warnemme, so würde es manchmal nicht so vngleich außschlagen.

[103] Nach eingenommenem nacht Imbiß führet vns der[Rand: er führt / die Gäste / in die / Kunstkammer] Alte Herr erst in seine Kunstkammern, so hin vnd wider auff den Pasteyen waren herumb, da sahen wir solch wunderbarliche Geschöpff der Natur, auch andere sachen, so Menschliche Vernunfft der Natur nachgethan, daß wir noch wol ein Jahr hätten gnug zusehen gehabt. Diß trieben wir dennoch beym Liecht lang in die Nacht hinein. Entlich weil wir auch schier mehr zu schlaffen dann viel frembds zusehen geneigt waren, wurden wir in Kammern eingelosiert, vnd hatten da in dem Wahl nit allein köstliche gutte Bett, sondern noch darzu vber die maß zierliche Kammern. Welches vns desto mehr wundert, warumb wir vns gestern hätten so leiden müssen. In solcher Kammer hätte ich gute ruh. Vnd weil ich mehrertheils sorgen ab war, wie auch von stettigem Arbeiten mich mühd befand, halff[Rand: Schlaff und / Traum / des Verf.] mir deß Meers stilles rauschen zu einem starcken vnnd sanfften Schlaff, denn ich an einem Traum von eylf Vhren an biß Morgens vmb acht Vhren Continuiert.

Siebenter Tag

[104] Siebenter Tag.

Nach acht Vhren als ich erwachet, vnnd mich schnell angelegt, wolte ich mich wider hinein in den Thurn begeben, Aber es waren der finstern Gäng in dem Wall so viel vnd mancherley, daß ich ein gut weil jrr gieng, ehe ich ein Außgang gefunden. Diß geschah anderen auch, biß wir entlich in dem vntersten Gewelb wider zusammen kamen, vnd wurden vns gantz gelbe[Rand: die Gäste / legen ihre / Trauer ab, / werden zu / Rittern ernennt und / beschenkt] Kutten sampt vnsern guldin Flüssen gegeben. Dazumal zeiget vns die Jungfraw an, wir weren Ritter zum Guldin Stein, welches wir zuvor nie wusten. Nach dem wir vns nun also fertig gemacht, vnnd das Frühstück genommen: verehret der alte Mann jedem ein stuck Golds, auff der einen seiten stunden diese Wort:


AR. NAT. MI. [Rand: Ars / naturæ / ministra / Temporis /natura / filia]


Auff der andern seiten diese:

TE M. NA. F.


Vermahnet vns auch darzu, wir solten vber vnd wider diesen Denckpfennig nit handlen. Hiemit zogen wir auff das Meer hinauß, da waren vnsere Schiff so köstlich zubereitet, daß nit wol müglich gewest, es müssen solche schöne Sachen erst daher gebracht worden [105] sein. Der Schiff waren zwölffe. Sechs der vnserigen, vnd sechs deß alten Herren. Der ließ seine Schiff mit lauter wolgebutzten Soldaten besetzen. Er aber begab sich zu vns in vnser Schiff, da wir alle beyeinander[Rand: sie schiffen / ab] waren: Ins erste setzeten sich die Musicanten, deren der alte Herr auch eine grosse anzahl hat, die fuhren vor[Rand: Flaggen / der Schiffe] vns her, die weil zu kürtzen, vnsere Fahnen waren die zwölff Himmlische Zeichen, so sassen wir in der Wag,[Rand: das Schiff / des Verf. / hat eine / Vhr] Neben andern hatte vnser Schiff auch ein herrliche schöne Vhr, die zeiget vns alle Minuten, so war das Meer so still, daß es ein sonderlicher lust zufahren was. Vber[Rand: Gesprächigkeit / des Alten] alles aber war deß Alten gespräch: Der kundte vns mit wunderlichen Hystorien die weil dermassen vertreiben, daß ich mein Lebenlang hätte mögen mit jhm fahren. Vnter deß giengen die Schiff mechtig schnell fort, denn ehe wir zwo stund gefahren, saget vns der Schiffman, Er sehe allbereit fast den gantzen See mit Schiffen bedeckt, darbey wir kundten abnemmen, man zoge vns entgegen, welches auch wahr gewesen, dann so bald wir auß dem Meer durch obangeregten Fluß zu dem See[Rand: 500 Schiffe / kommen / ihnen entgegen] kommen, hielten allda in die fünffhundert Schiff, vnter welchen eines von lauter Goldt vnd Edelgestein schimmert, darinnen sassen der König vnd Königin, sampt mehr Hochgebornen Herren, Frawen vnd Jungfrawen. So bald man nun vnser recht ansichtig worden, ließ man[Rand: salutieren / einander] zu beyden theilen alle Stuck loß gehen, vnd war von Posaunen Trommeten, vnd Heertrumlen ein solch geprassel, daß alle Schiff auff dem See gezittert. Entlich so bald wir hinzu kommen, vmbringeten sie vnsere Schiff miteinander, vnd hielten also still. Alsbald machet[Rand: Atlas thut / eine Anrede] sich der alte Atlas vons Königs wegen herfür, thät ein kurtze doch zierliche Oration, darmit er vns hieß willkommen sein, mit begeren ob die Königliche Gaab zugerüst were: Meine andere Gesellen nam größlich wunder, warvon dieser König aufferstanden were, dann sie meineten nit anderst, dann sie musten jhn wider erwecken: [106] Wir liessen sie auff jhrer verwunderung bleiben, vnd stelleten vns auch als obs vns frembd däuchte: Auff des Atlantis Oration machet sich vnser Alter herfür: Respondieret etwas weitleuffigers, darinnen er dem König vnd[Rand: dem / antwortet / der Alte] Königin alles Glück vnd vermehrung wünschet, vberlieffert hierauff ein klein zierlich Trüchlein, was aber darinnen weiß ich nicht, allein wurde es Cupidini, so zwischen jhnen beyden vmbhasplet zubewahren befohlen:[Rand: Cupido beschenkt das / Königliche / Paar] Nach vollendter Oration ließ man abermal frewden Schuß abgehen, vnd fuhren wir also ein gute zeit miteinander dahin, biß wir entlich zu einem anderen gestad kamen.

Diß war nahe bey der ersten Porten, da ich von erst hienein kommen. Auff diesem Platz warteten abermal ein grosse mennig deß Königlichen Hoffgesinds, sampt etlich hundert Pferden. So bald wir nun ans Land gestossen, vnnd außgetretten, botten vns der König vnd Königin alle mit einander die Händ, mit sonderer freundtlichkeit, vnnd musten wir also zu Pferd sitzen. Hie wil ich den Leser freundtlich gebetten haben, Er wolle mir folgende Narration zu keinem eygenen Ruhm oder stoltz deuten, sondern mir das zutrawen, daß da es nicht ein sonderliche Notturfft, wolte ich solcher mir erzeigten Ehr wol gar geschweigen: Wir wurden alle nach einander vnder die Herren außgetheilt: Vnser Alte Herr[Rand: Ehre, die / dem Verf. / widerfährt] aber, vnnd ich Vnwürdiger musten neben dem König reiten, vnnd trug vnser jeder einen Schneeweissen Fahnen, mit einem rohten Creutz, Ich zwar wurde vmb meines Alters willen gebraucht, dann wir beede hatten lange grawe Bärt vnd Haar. So hatte ich meine Zeichen auff dem Hut herumb gehefftet, deren der Junge König bald war genommen, vnd gefragt, ob ich der were, so die Zeichen vnder dem Chor hätte lösen können? Ich antwortet vntertheniglich, Ja: Er aber lachet mein, mit vermeldung es bedürffe sich fürohin keines geprängs. Ich wer sein Vatter. Fraget mich Hierauff, warmit ich[Rand: Vatter] [107] sie doch gelöset hätte? Ich antwortet, mit Wasser vnnd[Rand: hatte seine / Zeichen / mit Saltz / und Wasser / gelöset] Saltz, da verwvndert er sich, Wer mich so witzig gemacht. Hierauff wurde ich etwas keckers: Vnnd erzehlet jhm wie es mit meinem Brot, der Tauben vnd Raben ergangen. Er ließ jhms gefallen, sagt auch außtruckenlich, es musse mir Gott sonderlich viel glück hierzu verliehen haben.

Hiemit kamen wir zur ersten Porten, da der Hütter mit dem blawen Kleyd stund, der trug in der Hand ein Supplication, So bald er mich nun neben dem König ersehen: Vbergab er mir die Supplication, deß vnderthenigen anersuchens, Ich wolte seiner Trew gegen mir[Rand: der erste / Pförtner, / wer er gewesen, / was er / verbrochen] bey dem König gedencken: Nun fraget ich erstlich den König, wie es doch umb diesen Hüter beschaffen wäre? Der antwortet mir freundtlich: Es wäre ein berümbter trefflicher Astrologus, so allwegen bey seinem Herren Vattern in hohem ansehen gewesen. Nun hab er sich[Rand: der Verf. / wird / wegen / gleichen /Verbrechens / von ihm / verrathen] auff ein zeit gegen Fraw Venere verwürcket, vnd die in jhrem Ruhbett besichtiget, deßwegen jhm diese straff auff erlegt worden, daß er so lang der ersten Porten hüten solte, biß ihn jemand würde hievon erlösen. Ich antwortet, ob er dann auch zu erlösen wäre: Der König sprach ja, so jemand erfunden wurde, der sich so hoch versündigt als er, der müste an sein statt stehen, vnd er wer loß: Diß Wort gieng mir zu Hertzen, dann mein Gewissen vberzeuget mich, daß ich der Thäter wäre, doch schweig ich still, vnnd vbergab hiemit die Supplication: So bald er die gelesen, Erschrickt er hefftig, daß es auch die Königin, so nur hinder vns mit vnseren Jungfrawen, vnd noch einer Königin, deren ich oben in Auffhenckung der Gewicht gedacht, geritten, gemercket, Ihn deßwegen gefragt, was dieser Brieff zubedeuten habe. Er aber wolte sich nichts vermercken lassen, sondern nam den Brieff zu sich, vnd fieng an von anderen Sachen zu reden, biß wir also umb drey Vhre vollends in das Schloß hinein kamen.

[108] Da wir abgestiegen, vnnd den König in obgedachten seinen Saal begleitet: Alsbald fordert der König den Alten Atlanten zu sich in ein klein Stüblein, zeiget jhm[Rand: was hierauff im / Schloß vorgefallen] den Brieff, der saumet sich nit lang, ritt wider zum Hütter hinauß, die sachen besser einzunemmen. Hierauff setzet sich der Junge König mit seinem Gemahl, auch andern Herren, Frawen vnd Jungfrawen nider. Da fieng vnser Jungfraw an, vnsern gehabten fleiß, mühe[Rand: die Jungfraw mit / der Fackel] vnd arbeit hoch zu rühmen, mit bitt, vns Königlich zu begaben, Sie aber jhrer Commission fürohin geniessen zulassen: So stund auch der alte Herr auff, vnd bezeugets, dz alle der Jungfrawen reden wahr, vnd deßwegen billich, daß wir zu beeden theilen befriediget wurden: Hiemit musten wir ein wenig abtretten, Vnd wurde beschlossen, jedem einen müglichen Wunsch zuthun, so solle er dessen gewert sein, dann es wer nicht zu zweifflen, der Verständige wurde auch den besten wunsch thun, vnd hierauff solten wir vns besinnen, biß nach dem nachtessen. Dieweil fiengen der König vnnd[Rand: das Königl. / Paar / spielet] Königin kurtzweil wegen miteinander an zuspielen. Das sahe einem Schach nicht vngleich, allein hätt es andere Leges: Es waren aber Tugendt vnd Laster wider einander, da kundte man artlich sehen, mit was Practicken die Laster der Tugendt nachstelleten, vnd wie jhnen wider[Rand: ein künstlich Spiel] zu begegnen, diß gieng so artlich vnd Künstlich zu, daß zu wünschen, wir hetten dergleichen Spiel auch.

Vnter dem Spiel kommet Atlas wider daher, thut sein Relation heimlich, doch gieng mir der Roth an allen orten auß, dann mein Gewissen ließ mir kein ruh, hierauff bot mir der König die Supplication selbsten zulesen,[Rand: die Supplik des / Pförtners / wird dem /Verf. vbergeben] deren Inhalt war vngefahrlich dieser: Erstlich wünschet er dem König Glück vnnd vermehrung, daß sein Same weit außgebreitet werde: Darnach zeigt er an wie das nuhn mehr der Tag erfüllet, daran er der Königlichen Zusagung nach solt erlediget werden. Dann Venus sey allbereit von seiner Gäst einem auffgedeckt worden, dann [109] seine observationes können jhm nicht liegen. So solle nun, Königliche Majestat scharpff vnd fleissig inquirieren, werde er befinden, daß seine entdeckung wahr, dann wann solches nit werde also befunden werden, wölle er sein Lebenlang vor der Porten verbleiben. Bitte demnach auff das aller vnterthänigst, man wölle jhn auff sein Leibs vnd Lebens gefahr bey heintigem Nachtessen sein lassen, wölle er verhoffentlich den Thätter selbsten erspähen, vnd zu erwünschter erledigung kommen. Diß war nun außführlich vnd zierlich gestellet: Dabey ich sein Ingenium wol spüren kundte, aber mir war es zu scharpff, vnnd hätt mögen leyden, Ich hette es nie gesehen. Nun gedacht ich, ob jhm vielleicht durch meinen Wunsch möchte geholffen werden. Fraget demnach den König: Ob er sonsten durch keinen andern weg könte erlediget werden? Nein antwortet der König, dann die sachen haben ein sonders bedencken, doch können wir in seines begehren auff diese Nacht wol gewehren: Schicket also einen hinauß jhn herein zuholen: Vnter deß wurden Taflen in einem Saal zugerüst, in dem wir zuvor nie gewesen, der war das Complete, vnd dermassen beschaffen, daß mir nit müglich ist, jhn nur anzufangen zuerzehlen.[Rand: wird in / ein prächtigen Saal / geführt] In diesen wurden wir mit sonderm Pomp vnd Ceremonien geführt.

Cupido war dißmal nit vorhanden: Dann wie ich berichtet worden, hat jhn der Schimpff, so seiner Mutter begegnet, vmb etwas erzürnet, In Summa, mein that, vnnd die ergebene Supplication waren ein vrsach [Rand: Cupido ist / unwillig, / der König / auch] vieler trawrigkeit. Dann dem König war bedencklich, vber sein Gäst zu inquirieren, mehrertheils darumb, daß es also auch die, denen es noch vnbewust, wurden erfahren. Ließ also den Hüter selbsten, so schon albereit ankommen, sein scharpffes auffsehen haben, vnd stellet[Rand: die Gäste / aber sind / vergnügt] er sich so frölich er kondte. Doch fieng man zuletzt an wider lustig zu werden, vnd mit allerley kurtzweiligen nutzlichen Gesprächen einander zu zusprächen. Wie nun [110] die Tractation, vnd andere Ceremonien damalen gewesen, ist vnvonnöten zusagen, weil solches dem Leser nit von nöten, vnd zu meinem vorhaben vndienstlich, alles aber vber die maß, mehr von Kunst vnd Menschlicher geschickligkeit, dann das wir mit Trincken weren beschweret worden, vnnd diß war das letste vnd herrlichste Maal, bey welchem ich gewesen. Nach dem Pancket, wurden [Rand: Nach der / Tafel werden die / Ritter verpflichtet] die Tisch schnell auffgehebt, vnnd etliche schöne Sessel im Zirckel herumb gestellet, darein wir vns sampt dem König vnd Königin, deren beyden Alten, der Frawen vnd Jungfrawen, nidersetzen müssen. Hierauff eröffnet ein schöner Knab das obgedachte herrliche Büchlin, Bald[Rand: Seite 61] stellet sich Atlas in die mitte, vnd fieng folgends Inhalts mit vns an zu reden,

Königliche Mayestät hetten noch nicht in Vergeß gestellet, was wir an jhm gehandelt, vnnd wie fleißig wir vnserm Ampt abgewartet, hetten vns demnach zur Vergeltung sampt vnnd sonders zu Rittern des Guldin Steins erwehlet. So sey nun von nöten, daß wir vns nachmalen nit allein gegen Königlicher Majestät obstringieren, sondern auch auff folgende Articul angeloben, So werden alsdann Kön. May. abermal wissen, wie sie sich gegen jhren Bundsgenossen sollen verhalten. Hierauff ließ er den Knaben die Articul ablesen: Die waren diese.

I. Ihr Herren Ritter solt schweren, das jhr ewern Orden, keinem Teuffel oder Geist, sondern allein Gott, Ewerm Schöpffer, vnd dessen Dienerin der Natur jederzeit wöllen zuschreiben.

II. Daß jhr alle Hurerey, Vnzucht, Vnreinigkeit wöllen gehaß sein: Vnd mit solchen Lastern Ewern Orden nicht beschmeissen.

III. Daß jhr durch Ewere Gaben, menniglich wer deren werth, vnnd bedürfftig, wöllen zu hülff kommen.

IV. Daß jhr solche Ehr nicht begeret zu Weltlichem Pracht, vnnd hohem ansehen anzuwenden.

[111] V. Daß jhr nicht wöllet lenger leben, dann es Gott haben will.

Vber diesen letzten Articul musten wir gnug lachen, mag auch wol nur zum Possen hinzugesetzt worden sein. Wie nun dem allem, wir musten bey deß Königs Scepter angeloben. Hierauff wurden wir mit gebräuchlicher[Rand: Privilegien] Solennitet zu Rittern installiert, vnd vnder andern Privilegien vberVnverstand: Armuth: vnd Kranck heit: gesetzet, mit denselben vnsers gefallens zu handlen. Vnd diß wurde hernach in einer kleinen Capellen (dahin wir in aller Proceßion geführet worden) bestettigt. Gott hierumben gedanckt: Da ich dann auch Gott zu Ehren mein Guldin Flüß, vnd Hut auffgehenckt, vnd zu ewiger Gedächtnuß allda gelassen. Vnd weil jeder da sein Namen schreiben muste, schreib Ich also:


Summa scientia nihil scire


Fr. CHRISTIANUS ROSENCREUTZ,


Eques aurei Lapidis:


Anno 1459.


[Rand: sollen / sagen, was / jeder / wünscht] Andere schrieben anderst, vnd zwar jeder was jhm gut dauchte. Hierauff wurden wir wider in den Saal gebracht, vnd nidergesetzt, auch ermahnet, wir solten vns schnell besinnen, was jeder wündschen wolte: Der König aber mit den seinigen hatte sich in das kleine Stüblein gesetzt, daselbsten vnsere Wündsch anzuhören. Nun wurde jeder insonderheit hinein gefordert, daß ich also von keines einigen Wunsch etwas sagen kan.[Rand: Verf. bittet /um die / Befreyung / des / Pförtners] Ich gedachte, es wer nichts Löblichers, dann wann ich meinem Orden zu Ehren ein löbliche Tugend sehen ließ. Befand auch, daß keine jetzmals rühmlicher, vnnd die mich säurer ankam, dann die Danckbarkeit. Deßwegen [112] vnangesehen Ich mir wol etwas liebers hette wündschen können, vberwand ich mich selbst, vnnd beschloß auch mit meiner Gefahr den Hüter, meinen Gutthäter zuerledigen: Wie ich nun hinein gefordert wurde, zeiget man mir erstlich an, weil ich die Supplication gelesen, ob ich nichts vom Thäter gemerckt, oder verargwohnet hette? Hierauff fieng ich an vnerschrocken zuberichten, wie alle sachen ergangen, wie ich auß vnverstand dahin gerathen, Erbot mich also, alles außzustehen, so ich hierüber verwürcket[Rand: Verf. bekennt sein / Antheil an / dem Verbrechen] hette: Der König vnd andere Herren verwvnderten sich hoch ab solcher vnverhoffter Bekandtnuß: Hiessen mich also ein wenig abtretten. So bald Ich nun wider fürgefordert wird, zeiget mir Atlas an: Es were gleichwol Königlicher Majestat schmertzlich, daß ich, den sie vor andere geliebet, in solchen Vnfall gerahten, weil aber jhr nicht müglich vber jhr Altes herkommen zuschreiten, wuste sie mich nicht anderst zu Absolvieren, dann das jener loß, vnnd ich mich an sein statt stellen solt, wölle sie verhoffen, es wurde sich bald ein anderer vergreiffen, damit ich also wider heimkommen köndte. Gleichwol were kein Erledigung vor jhres Zukünfftigen Sohns[Rand: vernimmt / das Vrtheil] Hochzeitlichem Fest zuhoffen. Diß Vrtheil hatte mich bey nahem vmb das Leben gebracht, vnnd war ich mir vnd meinem Verschwatzten Maul erst feind, daß ichs nicht hette Verschweigen können, fasset doch entlich ein Hertz, vnd weil Ich gedachte es muste einmahl sein, referiert[Rand: rühmt die / Wohlthaten des / Pförtners] ich, wie mich dieser Hüter mit einem Zeichen begabet, vnnd bey den andern Commendiert. Durch welcher hülff ich auff der Wag bestanden, vnd also alle eingenommene Ehr vnd Frewd theilhafftig worden, So habe sich nun wöllen gebühren, daß er sich gegen seinem Gutthäter danckbar erzeige, weil es dann anderst nit sein könne, bedanck ich mich des Vrtheils, wölle gern von dessen wegen etwas vngelegens thun, der jhm zu solchem Stand behülfflich gewesen, da aber mit meinem wundsch etwas außzurichten were: wündschet ich mich wider heim, [113] were also dieser durch mich, Ich aber durch meinen[Rand: wird vom / König / gelobt] wundsch erlediget: Mir wurde zur Antwort: Das wünschen erstreckte sich so weit nit, sonst hette ich wol jhn Loß wündschen können: Doch ließ J.R.M. wolgefallen, daß ich mich so fein darein schickt, sie besorgten aber, ich möchte noch nit wissen, in was elende Condition ich mich durch solchen Fürwitz gestecket.

[Rand: die übrigen / gehen vergnügt ab] Hiemit, wurde der gute Mann ledig gesprochen, vnd must ich mit trawrigem hertzen abtretten. Nach mir wurden die vbrigen auch erfordert, die kamen alle frölich[Rand: Verf. macht / Grillen] herauß, welches mir noch schmertzlicher war, dann ich meinet nit anderst, Ich must mein Leben vnter dem Thor beschliessen. Spintisiert auch hin vnd her, was[Rand: Hoffnung, / Furcht vnd / Trost] ich doch anfangen, vnnd warmit ich die zeit hinbringen wolt. Entlich gedacht ich, ich were nunmehr alt, hette natürlicher weise wenig Jahr mehr zu leben: So würde mich dieser Kummer vnd Melancolisch leben leicht hinrichten, so were dann mein Hüten auß. Köndte ich mich auch selbsten durch seligers Schlaffen bald ins Grab bringen: dieser Gedancken hätte Ich mancherley. Zu weilen verdroß mich, daß ich so schöne sachen gesehen, vnnd deren muste beraubt sein. Zu weilen frewet mich, daß Ich dannoch vor meinem Ende zu allen Frewden genommen worden, vnnd nicht so schandlich abziehen müssen, wap also diß der letste vnd beste stoß, den ich erlitten. Vnder solchem meinem Tichten wurden die anderen fertig, vnnd deßwegen, nach dem sie eine gute Nacht von dem König vnnd Herren genommen, ein jeder in sein Losament geführt. Ich armer Mann aber hatte keinen der mir den Weg zeiget, vnnd muste mich[Rand: der Verf. / bekommt / einen Ring] noch darzu vexieren lassen, vnnd damit ich doch meiner künfftigen function gewiß were, muste ich den Ring, den jener zuvor getragen anstecken. Endlich ermahnet mich der König, daß weil ich jhn einmahl jetzvnder daß letstmahl in solcher gestalt sehe: Solte Ich mich doch meinem Beruff gemeß, vnd nicht wider den Orden, halten: Nam [114] mich auch hierauff in den Arm, vnnd küsset mich, welches ich alles dahin verstund, als muste ich morgen zu meinem Thor sitzen. Nach dem sie nun alle noch ein weil mit mir freundlich geredt, vnnd zu letst die Hand gebotten, mich Göttlichem Schutz befohlen, werde ich durch beyde Alte: dem Herren deß Thurns vnnd Atlante[Rand: Verf. schläft / sammt dem / Atlas und / dem Alten / ein] in ein herrlich Losament geführt, darinnen drey Bett gestanden, vnnd jeder in eines gelegen. Da brachten wir noch fast zwo, etc.

Hie manglen vngfehr zwey quart Bletlin, vnd ist er (Autor huius) da er vermeinet er muste morgens Thorhüter sein, heimkommen.


ENDE. [115]

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Andreae, Johann Valentin. Roman. Die chymische Hochzeit: Christiani Rosencreutz anno 1459. Die chymische Hochzeit: Christiani Rosencreutz anno 1459. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-DD68-9