Zeit und Ewigkeit

Zur Stunde düstrer Mitternacht/
Wenn alles schläfft/ mein Auge wacht/
Erweg' ich/ wie die Zeit wegeilt/
Die unser kurtzes Leben theilt.
Ein Tag ist lang/ wenn Schmertz und Noth
Wird unser hartes Wochen-Brod:
Wie schwer die Angst und Arbeit sey/
Geht Woch und Tag doch bald fürbey.
In Monat theilet sich das Jahr/
Doch wird man unverhofft gewahr/
Wie dieser kömmt und jener weicht/
Biß Jahr und Leben mit verstreicht.
Trau/ Seele/ keiner Stunde nicht!
Du weist nicht/ wenn das Leben bricht/
Und nimmst doch durch die kurtze Zeit
Den Weg zur langen Ewigkeit.
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Ein Tag hat sein geseztes Ziel/
Das ihm die Sonne gönnen will/
Wer aber mißt den langen Tag
Der keinen Abend finden mag?
Wir schreiben nach des Monden Lauff
Die Zahl der Jahres-Wochen auff;
Wer ist der uns zu rechnen weiß
Der Woch ohn Ende rundten Kreiß?
Jedweder Monat hat den Schluß/
Damit er sich verlieren muß:
Der Monat/ der nicht wechseln kan/
Fängt immerdar von neuem an.
Kein Jahr taurt über seine Frist/
Wenn sich der zwölffte Monden schlüst/
Wenn aber kömmt das Jahr zum Schluß/
Das alle Jahre schlüssen muß?
Es ist der Erden Weite kund/
Man find des Meeres tieffen Grund/
Wer weiß diß zu beschreiben/ rath/
Was weder Ziel noch Anfang hat.
In tieffster Berge finstrer Schoß
Giebt sich Crystall und Silber bloß:
Vernunfft forscht nicht mit Fürwitz aus
Der Ewigkeit veborgnes Hauß.
Trau/ Seele/ dieser Närrin nicht/
Wenn sie dir hier viel Zeit verspricht/
Der Weg ist kurtz durch diese Zeit/
Und führt zur langen Ewigkeit.

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TextGrid Repository (2011). Abschatz, Hans Aßmann von. Gedichte. Gedichte. Himmelschlüssel oder Geistliche Gedichte. Zeit und Ewigkeit. Zeit und Ewigkeit. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-CED1-5