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 Ew. Wohlgeboren

Andenken, welches bey mir immer frisch und lebendig bleibt, wurde durch eine von Berlin heiter zurückkehrende Dame völlig zur Gegenwart verwandelt, so daß ich mich nicht enthalte mit wenigem auch wieder einmal mich schriftlich unmittelbar darzustellen. Noch bin ich Dank schuldig für bedeutende Sendungen1; leider ward ich von jenen Capiteln abgezogen und weit seitwärts geführt, deshalb denn die Benutzung auch noch bevorsteht.

Da Ew. Wohlgeboren die Hauptrichtung meiner Denkart billigen, so bestätigt mich dieß in derselben nur um desto mehr, und ich glaube nach einigen [130]Seiten hin bedeutend gewonnen zu haben, wo nicht für's Ganze, doch für mich und mein Inneres. Möge alles, was ich noch zu leisten fähig bin, sich immer an dasjenige anschließen, was Sie gegründet haben und auferbauen.

Erhalten Sie mir eine so schöne, längst herkömmliche Neigung und bleiben überzeugt, daß ich mich derselben als einer der schönsten Blüthen meines immer mehr sich entwickelnden Seelenfrühlings zu erfreuen durchaus Ursache finde.
 ergebenst
J. W. v. Goethe.
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TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 3. Mai 1824. Goethe an Hegel. Z_1824-05-03_d.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.T11991/0000-001C-1CB7-5