[7r]
An
des Königlichen Geheimen Staats- und Mini-
sters der Geistlichen- Unterrichts- und Medicinal-
Angelegenheiten, Herrn Freyherrn von Altenstein
 Excellenz
 Hier.

(Ew.)Euer Excellenz haben mein Unternehmen über die
göthesche Farbenlehre experimental-didactische
Vorträge an der hiesigen Universität zu halten, durch
reichliche Verwilligung alles an Apparat und Räum-
lichkeit hierzu Erforderlichen und Wünschenswerthen
1
auf eine so überaus gnädige und aufmunternde Wei-
se zu begünstigen geruht, daß ich mich, nachdem
ich meine Vorträge nunmehr vor einem zahl-
reichen Auditorio begonnen habe, dringend auf-
gefordert fühle Höchstdenselben für diesen neuen
Beweis huldvollen Vertrauens meinen ehrer-
bietigsten Dank abzustatten und die Versicherung
hinzuzufügen daß ich fortwährend mit angestreng-
ter Thätigkeit dahin streben werde, auch auf diesem
Gebiet mich zur Ehre der Wissenschaft und zu För-
derung der wissenschaftlichen Ausbildung der hiesi-
gen akademischen Jugend, wirksam zu erweisen.

Zugleich halte ich mich für verpflichtet (Ew.)Euer Ex-
cellenz Anzeige zu machen welche erwünschte Un-
terstützung dem in Rede stehenden Unternehmen auch
von Seiten des Begründers der wahren Theorie
über die Natur der Farben bisher zu Theil gewor-
den ist. Es hat nämlich des (Großherzogl.)Großherzoglich Weimarschen
Staatsministers, Herrn von Göthe Exzellenz, des-
sen Rath über die Ausführung meines Vorhabens mir
zu erbitten, ich mich veranlaßt sah, diese Bitte nicht
nur durch Mittheilung einer sorgfältig entworfenen
Übersicht der zur experimentellen Darstellung (d.)der
Chromatik erforderlichen Apparate und durch be-
lehrende Auskunft und Äußerung, sowohl über
mehrere an ihn gerichtete Fragen über einzel-
ne Punkte seiner Theorie, als auch über den beym
Vortrag desselben von mir zu verfolgenden Weg
[7v]überhaupt, auf das wohlwollendste und bereitwilligste er-
füllt
2, sondern nunmehr auch noch mit freygebiger
Hand einen vollständigen Apparat zur Darstel-
lung der in neuerer Zeit entdeckten, so interes-
santen entoptischen Farbenphänomene, zum Behuf
meiner Vorträge an mich übersendet.
3 - In der Vor-
aussetzung daß, sowohl um der Sache selbst als auch um
des verehrten Gebers willen, eine nähere Kennt-
niß dieser Sendung für (Ew.)Euer Excellenz von
Interesse seyn dürfte, verfehle ich nicht Höchstdensel-
ben anliegend A1 die von des Herrn (pp.)perge von Göthe
Excellenz selbst beygefügte Beschreibung des ge-
dachten Apparats und einiger anderer gleichzeitig
mit übersendeter chromatischer Geräthschaften und
Zeichnungen in Abschrift
4 zu2ehrerbietigst zu über-
reichen, indem ich dabey bemerke daß ich Herrn
von Göthe bereits vorläufig meinen persönlichen
Dank ausgesprochen
5 und, - da ich den entoptischen
Apparat, nach der in einem frühern, gleichfalls ab-
schriftlich beygefügten B3 Schreiben
6 enthaltenen Aeuße-
rung als für das physikalische Cabinet der hiesigen
Universität
gestiftet betrachten muß - ihn zu-
gleich von Erstellung gegenwärtiger unterthänigster
Anzeige an (Ew.)Euer Excellenz in Kenntniß gesetzt
7 habe.
- Sollten Höchstdieselben vielleicht die bereits im
Universitätsgebäude, in dem mit Höchstdero Ge-
nehmigung zu den chromatischen Versuchen eingerichte-
ten Zimmer
8, nebst den übrigen bis jetzt fertigen
Instrumenten aufgestellten Apparat, selbst in hohen
Augenschein zu nehmen geneigt seyn4, so erlaube ich mir
für diesen Fall schließlich noch die Bemerkung, daß die
in Rede stehende entoptische Maschine so leicht trans-
portabel ist daß dieselbe ohne Schwierigkeit nach
höchstdero Wohnung gebracht werden kann, worüber
ich demnach (Ew.)Euer Excellenz etwanigen Befehlen ent-
gegen sehe. Ehrerbietigst verharre ich

(Ew.)EuerExcellenz ganz unterthäniger
Leopold von Henning. Dr. Phil.
Notes
2
Von Hegel avisiert (Z 2. August 1821. Hegel an Goethe) hatte von Henning am 18. Oktober 1821 Goethe besucht, mit ihm über die Farbenlehre gesprochen und bei dieser Gelegenheit dessen „Farbentabelle“ erhalten. Auf die folgenden Briefe (Z 19. Januar 1822 und Z 19. März 1822) hatte Goethe u. a. durch Zusendung der Apparat-Anforderungen (vgl. Z 30. Januar 1822) eingehend geantwortet.
3
4
Vgl. wiederum Z 16. Mai 1822. Goethe an von Henning. Die Abschrift in von Hennings Personalakte unter GStA I. HA Rep. 76, Vf Lit H No. 10, Bl. 56-58.
6
Vgl. Z 23. März 1822. Goethe an von Henning. Die Abschrift in von Hennings Personalakte unter GStA I. HA Rep. 76, Vf Lit H No. 10, Bl. 59-60.
7
Nicht ermittelt.
8
Eines von mehreren für das neue physikalische Institut eingeplanten Zimmern der vormaligen Wohnung des Physikprofessors Tralles war für von Hennings Vorlesung über Farbenlehre bestimmt; vgl. Z 19. Februar 1822. C. L. F. Schultz an Altenstein.
A]
zu]
B]
seyn]
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Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek

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TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 31. Mai 1822. Von Henning an Altenstein. Z_1822-05-31_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.T11991/0000-001C-17B9-8