1788, 7. September.
Mit Caroline Herder
Über die Götter und Helden will ich Dir [Herder] doch etwas sagen, was ich damals beiläufig von Goethe gehört habe, als er von den Charakteren in den Bildsäulen sprach, als wir von Kochberg zurückfuhren. »Es ist selbst schwer einen ächten und wahren Götter- und Heldenkopf unter den alten aufzufinden. Der Künstler hat oft, wenn er diesen oder jenen ehren wollte, sein Portrait zum Gott oder Helden, oder jenes Frauenportrait zur Göttin genommen. Dazu gehört ein Studium, die ächten Ideale aufzufinden.« Vielleicht[97] weißt Du dies schon, oder es wird Dich aufmerksam machen. Wenn Goethe begünstigt würde durch Glück, Geld und Künstler in Rom, so glaube ich gewiß, daß er jeden menschlichen Charakter vom Scheitel bis zur Fußsohle, wie er glaubt, herausbringen könnte. Dies scheint tief in seiner Seele zu liegen. Sage aber um Gotteswillen keinem etwas davon, weder Angelica noch den Malern! Wir haben ihm ein heiliges Stillschweigen angeloben müssen.
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