1789, 8. Februar.
Mit Caroline Herder
Mit Goethe habe ich mich am Montage über die Leonore im »Pater Brey« ausgesprochen. Ich frug ihn, ob ich diese Person so ganz gewesen wäre? »Beileibe nicht!« sagte er: ich solle nicht so deuten. Der Dichter nehme nur so viel von einem Individuum, als nothwendig sei, seinem Gegenstand Leben und Wahrheit zu geben, das übrige hole er ja aus sich selbst, aus dem Eindruck der lebenden Welt. Und da sprach er[115] gar viel Schönes und Wahres darüber. Auch, daß wir den »Tasso«, der viel Deutendes über seine eigne Person hätte, nicht deuten dürfen, sonst wäre das ganze Stück verschoben u.s.w. Kurz, ich war völlig befriedigt, da ich ihn mir so ganz als Dichter denke. Er nimmt und verarbeitet in sich aus dem All der Natur (wie es Moritz nennt), in das ich auch gehöre, und alle andre Verhältnisse sind dem Dichter untergeordnet.
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