1823, 11. October.
Mit Friedrich von Müller
Von 7 1/2 – 9 Uhr Abends war ich ganz allein bei Goethe. Wir sprachen über Reinhard, Zach, die Herzogin Mutter von Gotha, Herzog Ernst, Frau v. Buchwald, Gotter, Prinz August und von v. Grimm. Letzterer habe ein ganz diplomatisches Ansehen gehabt, doch nicht die feierliche Repräsentation eines Gesandten, sondern die zusammengenommene Haltung eines Legationsrathes, die Schultern und den Kopf etwas vorwärts, was ihm recht gut gestanden. Er sprach über die schnelle, nur achttägige Bearbeitung des »Clavigo«, über »Stella«, deren früherer Schluß durchaus keiner gewesen, nicht consequent, nicht haltbar, eigentlich nur ein Niederfallen des Vorhangs. Goethe war zwar herzlich und mittheilend, jedoch innerlich gedrückt, sichtbar leidend. Seine ganze Haltung gab mir den Begriff eines unbefriedigten großartigen Strebens, einer gewissen inneren Desperation.
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