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An Charlotte von Stein

Sehr gut hab ich geschlafen und bin wohl aufgewacht, nur sizzt mir ein stiller trauriger Zug über der Seele, ich kan lesen und schreiben, wie gestern Englisch erklären, mag nicht fechten und s.w. Gestern fühlt ich recht dass Sie mich lieb haben, obs nun ist dass man's dem Krancken und Übel bestellten mehr zeigt, oder ob der Mensch in solchem Zustand mehr Ahndung und Gefühl für die Empfindungen des andern hat. Das Wetter ist recht zu mir gestimmt, und ich fange an zu glauben dass Witterung in der ich immer lebe auch so den immediatsten Einfluss auf mich hat, und die grose Welt meine kleine immer mit ihrer Stimmung durchschauert. Und dass sich gegen die Witterung abhärten eigentlich seye seinen Körper allen manchfaltigen Verändrungen mitfühlend machen. Ich bleibe wohl zu Hause. Adieu bestes.

[Weimar] d. 1. May 77.

G. [152]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1777. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9EFF-9