47/76b.

An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

[Anfang Juni 1830?]

Unterthänigster Vortrag.

Ew. Kaiserliche Hoheit

sind schon von jungen Kunstaspiranten angegangen worden in Hoffnung von Höchstdenenselben unterstützt zu werden; es wird sich dieses noch öfters wiederholen und ich halte daher für Schuldigkeit etwas in allgemeinen hierüber zu sagen.

Meiner Übersetzung nach sollte man nur solche begünstigen, welche den hier unter dem Director Hofrath Meyer zu gewinnenden gründlichen Unterricht ernstlich benutzt und nicht wie in der neuern Zeit so oft geschieht sich auf eine selbstgefällige Weise herumgetrieben [68] und es in mehreren Jahren doch nicht so weit gebracht daß sie Liebhaber anzulocken und sich ihren Unterhalt zu verschaffen wüßten. Will man aber, wie billig und löblich ist, auf eine mäßige und gehörige Weise Künstler unterstützen, so seyen es diejenigen von den unsrigen für welche schon so viel geschehen, daß es gleichsam nur eine Nachhülfe braucht um sie in ein wünschenswerthes Künstlerleben einzuleiten.

Hier tritt nun gleich der Fall ein wo etwas Wünschenswerthes geschehen könnte.

Der Landschaftsmaler Preller, dessen von dem höchstseligen Herrn verwilligte Pension mit dem Verlauf dieses Jahres sich endigt, hat von unserm gnädigst regierenden Herrn die Erlaubniß erhalten sich bey einer vorgefundenen günstigen Gelegenheit nach Neapel zu begeben und dort in der freylich für sein Fach höchst günstigen Gegend sich umzuthun und neuen Gewinn aus der Natur sich zuzueignen.

Hiedurch nun bin ich bewogen einen schon früher gehegten Wunsch auszusprechen, daß derselbe noch das Jahr 1831 in Italien zubringen dürfte; eine mit ihm gepflogene Correspondenz gibt mir die Überzeugung daß er auf dem guten Wege sey um die höheren landschaftlichen Darstellung für das Ziel der Kunst zu halten.

Gibt man ihm Gelegenheit nachdem er Neapel besucht das Weitere aus sich zu entwickeln, so dürfte man wohl hoffen, daß er sich in der Folge bedeutend auszeichnen dürfte.

[69] Zu diesem Behuf würden vierhundert Thaler nöthig seyn, und ich habe die Aussicht [daß] Ihro Königliche Hoheit der Großherzog die Hälfte dieser Summe aus Ihro Kammermitteln bewilligen werden; einhundert Thaler würde die Oberaufsichtliche Reservekasse bey tragen können, und es fragt sich nur ob Ew. Kaiserliche Hoheit die Gnade haben wollten aus der mir anvertrauten Separatkasse gleichfalls hundert Thaler beyzutragen, wobey ich übrigens an aufmerksamer Leitung es nicht würde fehlen lassen; denn da das vorhin Zugestandene aufgehört so erklärt man ein neues Recht nach seinem Studiengange sich umzuthun.

Der Verein mit den Dresdner Kunstfreunden hat unsern Künstlern für die Folge ein hübsches Feld eröffnet, und es käme jetzt nur darauf an inwieman sie noch so weit zu fördern wüßte, daß sie fern solcher Vortheile zu ihrer Subsistenz wirklich genießen könnten.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1830. An die Großherzogin Maria Paulowna. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-92DF-6