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An Carl Friedrich Zelter

Deine freundliche Meldung einer vorzüglichen Sängerin habe sogleich Capellmeister Hummel mitgetheilt, welcher, nach Berathung mit Collegen und Vorgesetzen, mir eine zwar dankbare, aber ablehnende Erwiderung zubrachte. In ihren beschränkten Zuständen, hieß es, wär ihnen mit einer Altistin nicht geholfen; könntest du ihnen eine dergleichen Sopranistin zuweisen, so würden sie es dankbar erkennen. Und wie die Sachen stehen, ist dieses eigentlich das nächste Bedürfniß unsrer Bühne.

Auf die Anfrage des Herrn Ben David liegt ein Blättchen bey; ich hätte es beynahe bey'm Wiederlesen zurückbehalten. Ich kann an diese Dinge nicht denken, ohne einigen Unmuth zu bezeugen; nicht um meinetwillen, denn ich habe diesen Studien großen Vortheil, aber umgebildeter Menschen willen, die[230] noch als sechzig, siebzig Jahre zurück an Problemen herumtasten, deren Verhältniß, Ableitung und Erklärung schon längst am hellen Tage liegt, ohne anerkannt zu werden.

So mag dieß abgehen mit den besten Wünschen und Grüßen. Mir geht es verhältnißmäßig ganz wohl. Die Alte Frau v. Kotzebue ließ kurz vor ihrem Ende unsrer Frau Großherzogin auf gnädigste Anfrage antworten: achtzig Jahre mögen noch angehen, neunzig aber sey ein schlechter Spaß.

Und hiemit allen guten Geistern empfohlen.

Der dritte Theil des Schillerischen Briefwechsels ist unterwegs, erbaue dich daran; ein dir bestimmtes Exemplar kommt nicht eher, als bis alles beysammen ist; da fängst du ja wohl wieder von vorn an.

and so for ever

Weimar den 2. April 1829.

Goethe.


[Beilage.]

Wäre meine Farbenlehre nicht ein verbotenes Buch und deshalb schwer aufzufinden, so würde ich sagen: die unter dem Datum 2. Januar 1766 von dem wackern Franklin als problematisch hinterlassenen Erscheinungen sind in obgedachten meinem Büchlein, und zwar gleich zu Anfang in der ersten Abtheilung, überschrieben: Physiologische Farben, mit allen ihren Seitenverwandten auf's deutlichste und vollständigste, wie mir scheinen darf, abgeleitet, ausgelegt und erklärt, [231] wie man sagen möchte. Diese meine Arbeit ist nun bald zwanzig Jahre öffentlich; das Nützliche davon hat sich aber noch nicht in die Masse verbreitet. Vielleicht schwirrt das laufende Jahrhundert vorüber und es bleibt bey'm Alten. Die Vortheile, die ich mir dadurch selbst verschafft habe, kenn ich, andere mögen für sich sorgen. Die Herren vom Fach, denen es freylich ihr Fach zu zerstören droht, haben alle Ursache sich zu wehren und abzuwehren, daß niemand darüber in's Klare komme. Ich habe geschwiegen und werde schweigen.

Gar vieles wäre noch zu sagen, leider ist dieß schon zu viel.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1829. An Carl Friedrich Zelter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9255-7