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An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

An dem heutigen feyerlichen Tage, wo Freude ihn wieder erlebt zu haben nur durch einen Trauerflor durchblickt, Ew. Kaiserliche Hoheit schuldigst zu verehren, finde nichts aufrichtender und stärkender als den Gedanken: daß wir bey allen Unfällen, die uns betreffen, sogleich möglichst gefaßt das Auge dahin richten, wo eine wohlüberlegte Thätigkeit glücklich ihren Zweck erreichte.

Und so ist es denn wohl nicht unzeitig zu berichten, daß ein Brief von Kirchnern, geschrieben aus Paris, vor seiner Abreise nach London, die zuversichtliche Hoffnung gibt, er sey auf dem Wege die Absicht seiner Höchsten Gönner zu erreichen, er habe denen ihm von der Natur verliehenen Kräften, auch seiner bisherigen Ausbildung gemäß, den dortigen Aufenthalt redlich benutzt und sey, besonders in der letzten Zeit, mit einer löblichen Freyheit der Umsicht, mit einem kräftigen Eingreifen und Benutzen der ihm gegönnten Gelegenheit begabt worden, wenn die früheren Berichte dagegen eine verzeihliche Unbehülflichkeit in manchen Stücken zu verrathen schienen pp. Höchstdieselben werden das, was ich hier im Allgemeinen niederlege, ausführlicher vernehmen, wenn es schickliche Zeit seyn wird Abschriften der Berichte unterthänigst vorzulegen.

[245] In Bezug auf das Obengesagte darf ich ja wohl noch wiederholend hinzufügen daß, wenn bey großen Unglücksfällen die Betroffenen sich billig zu zerstreuen suchen, doch nicht leicht eine schönere Ableitung gefunden werden kann, als den Geist dahin zu lenken wo die Menschheit sich in ihrer höchsten Würde zeigt, indem sie das Bessere, Wünschens- und Hoffenswerthe nach verliehenen Kräften und Möglichkeiten zu fördern trachtet.

Gnädigste Verzeihung des Vorgesagten mir erbittend, darf ich die Hoffnung hegen daß Höchstdieselben gar manches und vieles hier nicht Ausgesprochene Sich selbst entwickeln und von meiner lebenslänglichen Anhänglichkeit sich überzeugen werden. Wie ich denn nichts mehr wünsche, als die mir noch gegönnten Kräfte in der Richtung, welche Höchstdieselben mir vorzeichnen, unwandelbar anzuwenden.

Weimar, den 16. Februar 1830.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1830. An die Großherzogin Maria Paulowna. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-90B0-7