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An Thomas Johann Seebeck

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die mir mitgetheilten Blätter dankbar zurück; verzeihen Sie, daß sie nicht eher gekommen, und haben ja die Güte mich in ähnlichen Fällen zu mahnen, denn wenn man älter wird, so anticipirt man gelegentlich einen Trunk aus dem Bächlein Lethe.

Ihr werther unterrichtender Brief war mir höchst erfreulich, da schon seit mehreren Wochen der entoptische Apparat nicht von meinem Fenstertische kommt, auch alle Freunde und Fremde in die Spiegel sehen müssen, da denn mancherley Bemerkungen stattfinden. Ich habe angefangen mir die Phänomene nach meiner Weise zusammenzustellen, sie schließen sich an die früher bekannten gar hülfreich an und sind das Complement der übrigen. Es ist die schönste Entdeckung, die seit langer Zeit gemacht worden, ja diesem Phänomen ist kein anderes optisches zu vergleichen. Die auf ihre ursprüngliche Einfalt zurückgeführte prismatische Erscheinung hat lange nicht den inneren Werth, ja sie stammt gewiß aus dieser her. Haben Sie die Güte mich von Zeit zu Zeit mit dem Nächsten bekannt zu machen. Sobald mein Aufsatz einige Gestalt hat, sende ich ihn als Anlaß zu neuen Unterhaltungen.

Der Gedanke, in diesem Frühjahre Nürnberg zu besuchen, ist für mich sehr reizend und wäre ausführbar, [300] ich möchte mich nachher an den Rhein oder an die Moldau wenden. Doch fürchte ich dießmal nicht so bald von Weimar und Jena loszukommen. Ihro Königliche Hoheit haben sämmtliche von Ihnen unmittelbar abhängende Institute für Wissenschaft und Kunst in ein Ganzes versammelt, worüber Herr Staatsminister von Voigt und ich, wie bisher, die Oberaufsicht führen. Ankäufe zu neuen Localitäten sind genehmigt, und bis hiebey das Nöthige eingerichtet und eingeleitet ist, darf ich nicht recht von der Stelle. Doch sollen Sie von Zeit zu Zeit hören, wie es bey uns aussieht. Womit ich mit Ihnen und den liebwerthen Ihrigen zum allerschönsten empfehle.

Weimar den 22. März 1816.

J. W. v. Goethe.


Nun aber noch eine lakonische, doch bedeutende Frage. Wäre es denkbar, daß Sie zu den Unsrigen zählen möchten? Vorausgesetzt, daß man Ihnen und den lieben Ihrigen eine convenable Stätte bereitet.

Unter den aufrichtigsten Wünschen

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An Thomas Johann Seebeck. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8EFD-C