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An Charlotte von Stein

Deinen Brief vom vierten und fünften erbrach ich auf dem Craynberg wohin mir ihn der Husar brachte bey schönem Sonnenschein. Ich habe gefürchtet du möchtest kranck seyn und der Brief giebt mir die traurige Gewissheit. Die Hoffnung die uns immer gütig täuscht, sagt mir vor daß du ietzt schon wieder wohl seyst.

Nicht wahr liebste du weist doch immer daß ich nie von dir weiche. Wäre ich nur bey dir daß ich dich warten und pflegen könnte.

[301] Daß es mit Brühls so gehn würde hab ich vorausgesehn, da der Herzog sich entfernt, und sie den heimlich tückischen Hofleuten überläßt. Nimm dich ihrer an daß sie nur mit Ehren durchkommen. Sie zu defrayiren mögte angehn, wenn man es sehr artig machte sonst sieht es aus als tracktiere man sie völlig wie Virtuosen. Es ist der gröste Unverstand von ihr daß sie nicht spielt, wenn sie klug wäre, würde sie alles thun um sich andern gleich zu stellen.

Übrigens aber weh dem der sich von groser Herrn Gunst in's freye locken läßt, ohne sich den Rücken gedeckt zu haben. Adieu l. Lotte. Der Bote eilt. Mögt ich bald hören daß du wohl bist. Ach schweerlich, schweerlich vor Meinungen, doch wer weis. Tausendmal Adieu. Du tausendfach Geliebte.

d. 7. Abends Tiefenort.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1782. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8E65-2