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An Christine de Ligne

[Concept.]

Läugnen darf ich nicht, meine schöne Gnädige, daß, schon vor geraumer Zeit, ein allerliebster Curier bey mir angekommen, an dessen Depeschen, so wie an seinem anmuthigen Gruß, ich mich auf's innigste ergötzt habe. Ich behielt ihn bey mir und behandelte ihn aufs beste, indem ich hoffte er sollte mir bey meiner Ankunft in Töplitz, wenn ich ihn zur Anmeldung vorausschickte, eine günstige Aufnahme bereiten.

Unglücklicher Weise ward ich von Carlsbad gerade wieder nach Hause geführt und ich wußte nun nicht wie ich meine doppelte Verzögerung auf irgend eine Art entschuldigen sollte.

Nun aber kommt vor einiger Zeit glücklicher Weise der Dechant aller Prinzen, und das Muster aller Grosväter (und wovon nicht alles noch Muster) unser [192] kleines Weimar durch seine Gegenwart zu beglücken und mich besonders, indem er mir keinen Zweifel läßt daß er mir seine unschätzbare Huld beständig erhalten wollen und daß er mir seine unschätzbare Huld beständig erhalten wollen und daß ich in dem verehrten Kreise des Schlosses von Töplitz noch in günstigen Andencken stehe.

Die Tage des Hierseyns dieses erfahrnen, geistreichen, einzigen Fürsten flohen schnell vorüber, wie denn die Zeit in seiner Gegenwart gar nicht verweilen kann, und beym Abschiede waren wir alle verwundert, ja betäubt, daß er uns unsern Fürsten entführte; ob wir dieses gleich ganz natürlich fanden; denn wer mag sich gern von ihm trennen. Herr von Spiegel übernahm gefällig mich in Töplitz aufs dringendste zu empfehlen.

Nun, bey unsers theuren Fürsten Zurückkunft, höre ich von bevorstehenden Festen, bey welchen man sich freylich glückwünschend einfinden muß. Zugleich vernehme ich daß Sie schöne Freundinn einigen Werth auf ein Blat legen wollen auf welchem ich der lieben Natur mit eingeübter Hand etwas abzugewinnen versucht, ja daß Sie es sogar in das Büchlein der Erinnerung aufzunehmen gedencken. Beschämt von dieser Güte sende ich mehrere zu beliebiger Auswahl und völliger Disposition.

Damit aber doch mein Andencken auf eine etwas anständigere Weise bey Ihnen verweile; so lege ich ein paar Blätter bey welche der geschickte Hammer [193] in Dresden nach meinen Scizzen ausgeführt, die eine Übersicht von Bilin, und den Platz vor dem Thore dieses anmuthigen Städtchens vorstellen.

Möchten Sie diese Bilder unter Rahmen und Glas in dem Cabinete aufhängen. in welchem Sie in Gesellschaft Ihres fürtrefflichen Gemahls und dereinst umgeben von liebenswürdiger Familie die glücklichsten Stunden zubringen, und dabey desjenigen gedencken dem Ihre Vorzüge welche Sie der Natur und Bildung verdancken immer gegenwärtig sind.

Indem hohen Claryschen Hause bitte mir eine gnädige Aufnahme bey meiner Rückkehr nach Töplitz gütig zu bereiten und mein Andencken in dem Herzen des grosväterlichen Fürsten nicht ersterben zu lassen.

[Weimar] 10. Nov. 1811.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1811. An Christine de Ligne. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8DDD-B