33/191.
An Joseph Sebastian Grüner
Ew. Wohlgeboren
abermals zu begrüßen ergreife eine ganz besondere Gelegenheit. Frau Rentsecretär Eckhardt, Wittwe eines braven herzoglichen Dieners, zieht mit ihrer Tochter nach Ungarn, indem ein dortiger angestellter Mann sich feiner hiesigen Studien und zugleich des hübschen Kindes erinnert, die Tochter zur Frau begehrt hat.
Nun ist's eine eigne Sache, wenn zwey Frauenzimmer in die Welt ziehen, auf eine Weise, die denn doch einem Abenteuer ähnlich sieht, obgleich Herr v. Gödör, Rector und erster Professor an der hohen Schule zu Raab ein ganz zuverlässiger Mann ist, – deshalb solchen Pilgernden denn auch dieß oder jenes zustoßen kann, besonders fürchten sie sich vor dem Eintritt in die Kaiserlich Königlichen Staaten.
Nun wußte ich Mutter und Tochter (die letzte von der ersten Kindheit an beobachtend und immer alles Gute von ihr denkend) nicht besser zu trösten, als wenn ich ihnen gegenwärtigen Brief zusagte. Haben Sie die Gefälligkeit, die Sie auch ohne mein Ersuchen gewährten, diesen Personen Einleitung und Richtung zu geben, welche förderlich seyn kann. Sie verbinden mich besonders dadurch, ob ich gleich sonst schon manches Gute und Angenehme schuldig bin.
[264] Hiebey nun kann ich nicht unterlassen, zweyer Puncte zu gedenken. Zuerst hat es mich sehr gefreut: daß die Altenburger geistlose Darstellung Ihnen das Gefühl gegeben, wie ganz anders im gleichen Falle zu leisten sey. Möge ich, wenn ich Sie im Frühjahr wieder besuche, eine recht vorgeschrittene Arbeit finden.
Dann liegt mir die Möglichkeit sehr am Herzen, daß zur Aufklärung des Kammerbergs einiges geschehe; sagen Sie mir doch ja bald, was zu hoffen ist. In kurzer Zeit send ich meine Wünsche so kurz als möglich ausgesprochen.
Das Beste treulichst wünschend
ergebenst
J. W. v. Goethe.