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An Christian Gottfried Körner
Von Carlsbad bin ich dießmal mit schwerem Herzen abgereist, da mir, werthester Freund, Ihre nahe Ankunft gemeldet war, allein der peremptorische Termin, der mich aus meinem Quartiere trieb, war erschienen, und ich mußte wohl Platz machen.
Dagegen hat mich Frau Hofrath Schiller mit dem biographischen Aufsatz desto mehr erfreut. Mir scheint diese schwere Aufgabe sehr gut gelöst. Die ganze Lebensreihe unsres verewigten Freundes entfaltet sich leicht und angenehm vor dem Gemüthe, und es ist sehr glücklich, daß Sie ihn meistens konnten selbst reden lassen. Das heitre Bewußtseyn, wie er mit freyen Zügen seine jedesmaligen Zustände schildert, ist wirklich erquickend und aufregend, und es wäre dem nächsten Freunde und genausten Beobachter nicht möglich, ihn so angemessen darzustellen, als er es hier selbst thut. Ich wüßte nichts hinzu zu setzen noch davon zu thun: es ist alles hübsch aus Einem Gusse, fließt gemächlich vor sich hin und nimmt uns zur Theilnahme mit sich fort. Haben Sie von meiner Seite recht vielen Dank. Komme ich je an die Schilderung meines Verhältnisses zu ihm, so finde ich in diesem Ihren Aufsatze den schönsten Anlaß zu einer weitern Ausführung von manchem das hier nur mit leichten aber doch so sichren Umrissen angegeben ist.
Auch bey der Ordnung, die Sie gewählt haben, [136] um die Werke unsres trefflichen Freundes darnach herauszugeben, wüßte ich nichts zu erinnern. Da die Arbeiten desselben so in einander greifen, indem er meist nur durch innern Anlaß dazu getrieben wurde; so läßt sich so eine chronologische Ordnung gar wohl denken, und es wird gewiß durch Ihre Bemühung dieser Zusammenhang recht deutlich hervorgehen.
Wie leid thut es mir, daß ich nicht mündlich über das Einzelne dieses Sommers, Sie und die lieben Ihrigen in Carlsbad kennen gelernt zu haben. Wir empfehlen uns beyde zum schönsten und hoffen nichts so sehr, als einmal in dem schönen Dresden einen Besuch abzustatten, oder Sie hier bey irgend einem günstigen Anlaß in Weimar zu sehen. Leben Sie recht wohl und erhalten mir ein freundschaftliches Andenken.
Weimar den 4. August 1811.
Goethe.