5/1493.

An den Herzog Carl August

Haben Sie lieber gnädigster Herr viel Danck für Ihren Brief. Den meinigen werden Sie erhalten haben und ich sehe durch den Husaren einer Antwort entgegen. Dieser soll Sie wenn das Glück gut ist in Sonneberg empfangen.

Zuförderst viel Glück zum schönen Wetter das die Honneurs der alten Berge gar trefflich machen wird.

Ihre Frau Gemahlinn ist, und mich dünckt nicht ganz mit Unrecht, ungehalten daß der Fürst und die Fürstinn so sehr hier wegeilten und doch so viele Zeit fanden in Eisenach zu bleiben. Wie ihm auch sey, so freut mich daß der Alte diesen schönen Theil Ihres Besitzthums gesehen. Ich sehne mich recht iene Plätze auch einmal im Geist und Sinn zu geniesen, und mit neuen Augen anzusehen, davon wir das reitzende zuerst im Taumel verschlangen und welche ich nachher,[346] unangenehmen Erinnerungen auszuweichen, nur flüchtig besuchte.

Der Herzog von Gotha hat mir geschrieben und bestimmt 100 Dukaten. Tischbein soll heute Nachricht erhalten.

Ihre Frau Gemahlinn hat Sonnabends bey mir gegessen, das Kleine bat auch: liebe Waldnern! dableiben! Es wurde auf dem Altan mit zu Tische gesetzt und gefiel sich sehr wohl. Heute früh gab die Stein der Herzoginn ein Frühstück in meinem Garten.

Gestern hab ich einen herrlichen Morgen genossen. Ich stand um halb viere auf. Seit dem mein Garten mir ist was er soll, Zufluchtsort; so hat er für mich einen unaussprechlichen Reitz.

In meinem neuen Hause breite ich mich aus und alles kommt in die schönste Ordnung. Dabey rekapitulire ich mein Leben, vergleiche die Epochen und seze das karackteristische der Gegenwärtigen fest. Sie gewährt mir gute Hoffnungen und Aussichten. Wie viel mir die neue Einrichtung an Arbeit erleichtert, ist kaum zu sagen, ich kann in eben der Zeit und mit gleicher Mühe noch einmal so viel thun.

Die neue Staatsveränderung hat zu einer Menge Aneckdoten Gelegenheit gegeben die Sie bey Ihrer Rückkunft unterhalten sollen. Das Publikum verabschiedet auch Wetken und Bertuch. Jenem wird fast einstimmig der Stab gebrochen.

In Rousseaus Wercken finden sich ganz allerliebste [347] Briefe über die Botanick, worinn er diese Wissenschafft auf das fasslichste und zierlichste einer Dame vorträgt. Es ist recht ein Muster wie man unterrichten soll und eine Beylage zum Emil. Ich nehme daher den Anlas das schöne Reich der Blumen meinen schönen Freundinnen aufs neue zu empfehlen.

Geh. Rath Thümmel von Coburg schreibt mir: »So wunderlich es klingt so ist es doch gewiß daß wir in der Hitze unsres guten Willens den Herrn Ausfeld ganz übersehen haben; der Fehler ist nun berichtigt« pp.

An Koch hab ich auch geschrieben.

Villoisons Cynismus ist dem Herzog von Gotha sehr aufgefallen.

Der Husar bringt Ihren Brief. Geleite Sie der Himmel. Dieses Blat trifft Sie also in Sonneberg sehr richtig.

Derartigen Fräulein und den schönen Damen überhaupt werden Sie ia wohl gelegentlich etwas verbindliches von mir gesagt haben.

Was den Venus betrifft so find ich Ihren Gedancken sehr glücklich. Unter allen Subalternen dieser Classe, auch wohl weiter hinauf hab ich keinen, der so resolut, gescheid, ehrlich, aufmercksam und unverdrossen wäre. Ich habe ihn über seine beym Brand beschädigte Füse examinirt. Sie sind wieder ganz zu, am liebsten trägt er Stiefel, doch kann er auch in Strümpfen gehn wann er sich nur gegen die Mücken verwahrt. Ich verliehre dabey, denn auch bey der [348] Kriegs Casse ist mir seine Maitre Jaquesschafft fast unentbehrlich geworden. Auch in der Folge zum Cammerdiener wäre er zu brauchen, da Ihnen auch näher sein strackes Militarisches Wesen nicht unangenehm seyn wird.

Weimar, d. 16. Jun. 82.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1782. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8773-D