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An Carl Ludwig von Knebel
Zum neuen Jahre schönstens Glück wünschend, übersende hiebey ein Bildniß, dem du manchmal einen freundlichen Blick gönnen mögest. Ein gleiches lege für Herrn Prof. Göttling bey, den ich schönstens zu grüßen und für seine Zuschrift des Aristoteles zu danken bitte. Er verzeihe, wenn ich nicht selbst schrieb, denn was ich senden wollte, ist mir noch nicht zur Hand gekommen. Ich suche einen Brief von Schiller, worin derselbe die Integrität, Einheit und Vollendung der aristotelischen Poetik auf gleiche Weise ausspricht, wie Herr Göttling der Politik. Wenn er herüber kommt, möge er mich ja besuchen; es freut mich sehr, daß neuere Begünstigungen ihn uns auch für die Folge erhalten.
Möge das nächste Jahr uns beiden und den Unsrigen günstig seyn. Mir kann es nicht an Unterhaltung fehlen, denn ich sehe für die nächsten drey hundert und fünf und sechzig Tage genug zu thun. [53] Auch du hast dir soviel Interesse erhalten, daß es dir weder Tags noch Nachts fehlen kann.
Meine Correspondenz mit Schiller, die nun fast beysammen ist, hat mir Unterhaltung und Belehrung gegeben; sie endigt 1805, und wenn man denkt, daß 1806 die Invasion der Franzosen eintrat, so sieht man bey'm ersten Anblick, daß sie eine Epoche abschließt, von der uns kaum eine Erinnerung übrig bleibt. Jene Weise sich zu bilden, die sich aus der langen Friedens-Epoche des Nordens entwickelte und immerfort steigerte, ward gewaltsam unterbrochen, alles von Jugend und Kindheit auf ward genöthigt sich anders zu bilden, da es denn auch in einer tumultuarischen Zeit an Verbildung nicht fehlte. Desto reiner steht jenes Zeugniß einer Epoche da, die vorüber ist, nicht wieder kommt und dennoch bis auf den heutigen Tag fortwirkt und nicht über Deutschland allein mächtig lebendigen Einfluß offenbart. Vergnügen wir uns, daß wir daran Theil nahmen und noch immer sind, was und wie wir waren, und daß unsere Freundschaft sich auch eben so dauerhaft bewährte. Und also wiederholt: Möge das nächste Jahr uns abermals günstig seyn!
In eben diesem Sinne erhalt ich eben einen köstlichen Brief von Klinger. Er zeigt sich noch immer so streng und brav als vor funfzig Jahren. Das Blatt ist vor dem großen Unglück geschrieben, das auch ihn betroffen, da sein Haus eine Ecke dicht am Kanal bildet und auf diese Weise der Wuth des Sturms [54] und des Wassers doppelt ausgesetzt war, wie mir Gräfin Caroline meldet, die, nach dem höchstverständigen und liebenswürdigen Geiste, der sie bewohnt, mir das Merkwürdigste im Allgemeinen und Besondern über dieses Ereigniß geschrieben hat.
Leider setzen die gewaltsamen Stürme, wovon du auch wohl die Nächte her gelitten hast, die Menschen in Furcht, wozu seltsame Weissagungen noch hinzutreten. Möge diese bängliche Epoche bald vorübergehen.
treulichst
G.