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An Carl Dietrich von Münchow

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben mich, durch den köstlichen Kupferstich, an meinem frohen, in Jena freundlich gefeyerten Geburtstage auf das angenehmste überrascht und um auf das deutlichste auszudrücken, in welchem Grade das geschehen, sey mir folgende kurze Erzählung vergönnt. In meiner Kupferstich-Sammlung war die Rubrik Martin Schön von je her die schwächste, theils wegen der Schwierigkeit, gute Abdrücke zu erhalten, theils auch, weil andere Fächer meinen Zwecken und Untersuchungen näher lagen. Erst seit zwey Jahren ward mir das Glück, in verschiedenen Auctionen und sonst, mehrere Blätter zu erlangen und meine Verehrung gegen diesen trefflichen Altvater ist nur immer zunehmend.

Das durch Ihre Geneigtheit mir nunmehr gewordene Blatt jedoch besitze ich nicht, hatte es auch niemals gesehen, und was dem Abdruck betrifft, so ist vielleicht in meiner Sammlung nur einziger, der sich an Güte, Klarheit und Erhaltung mit dem Ihrigen messen kann. Der Gegenstand ist höchst bedeutend, besonders auch deshalb, weil alle Figuren in Bewegung, Reuter und Fußvolk ohne Verwirrung, klar und musterhaft zusammengebildet sind. Mit diesem Wenigen sey mein vollständiger Dank für jetzt [194] und künftig ausgesprochen und ich möchte wünschen, daß Sie recht lebhaft empfänden, wie sehr es mich freut, daß Sie mir Gelegenheit geben, Ihrer, wie in so manchen andern Fällen, auch gegen Kunstfreunde, bey wiederholter Betrachtung dieses Juwels erkenntlich zu gedenken.

Der ansehnlichen niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde statten Sie gefällig meinen Dank ab; ich zweifle nicht an glücklicher Wirkung dieses neuen Verbandes; zu beleben, zu sammlen und zu erhalten sind solche Mittelpuncte höchst günstig und es müssen immer deren neue entstehen, weil von den älteren Anstalten nach und nach sich doch manche zur Ruhe hinneigt.

Unsere hiesigen sind noch in dem lebhaften Betrieb wie Ew. Hochwohlgeboren solche verlassen; der bescheidene Posselt findet sich nach und nach recht gut. Bey Gelegenheit verschiedener Aufträge konnt ich seine schönen Fähigkeiten recht gut bemerken. Serenissimus gedenken für Meteorologie einen Verein zu bewirken; sollten Posselt oder Körner deshalb Antrag oder Anfrage an Dieselben ergehen lassen, so bitte mit Rath und That geneigtest beyzustehen. Mir scheint die Sache von großem Umfang und in manchem Sinne schwierig, vielleicht aber nur, weil ich diesem Fache gewissermaßen fremd bin.

Das Grundstück neben der Sternwarte hätte, da es feil geboten wurde, gar zu gern erstanden, dieses [195] ereignete sich aber zu einer Zeit, wo man Vorschläge solcher Art kaum zu thun getraute; ich hab es jedoch immer im Auge gehabt und werde, auf Ihre vorsorgliche Äußerung, dieser Angelegenheit zu guter Stunde höchsten Ortes gedenken.

Die Einrichtung Ihrer Universität ist, wenn man sie auch nur von Weitem und im Ganzen betrachtet, bewundernswerth; daß im Einzelnen Stockungen, Retardationen eintreten, liegt freylich in der Sache und in der großen Ausdehnung des Reichs, zu welchem sie gehört. Möge Geduld und Ausdauer, die Sie in Ihrem Fache beweisen, in einigen Jahren reichlich belohnt seyn.

Ein großes und beynahe unausführbares Unternehmen scheint mir das einer Sanscrit-Druckerey am Rheine, deshalb jedoch um desto respectabler; Indus und Ganzes mögen ihren Segen darzu ertheilen. Auch ich wünsche den besten Fortgang. Die Studien unseres guten Kosegartens zu beleben habe dergleichen Werke, Grammatiken und andere Bücher, kommen lassen und erfahre nun, durch seine Vermittlung, worauf ich in diesem Leben schon völlig Verzicht gelei stet. Mögen Sie mir von Zeit zu Zeit Nachricht geben von den Fortschritten der Anstalt, so verbinden Sie mich sehr; Herrn v. Schlegel wünsche gegrüßt und von meiner wahrhaften Theilnahme versichert; gleichfalls haben Sie die Güte, Herrn Professor Nees v. Esenbeck zum allerschönsten zu grüßen, [196] ich wünsche bald einmal auch wieder etwas von ihm zu hören.

Jena den 2. September 1820.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An Carl Dietrich von Münchow. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-81FA-B