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An Charlotte von Kalb
Mein Dank, werthe Freundin, für Ihren lieben Brief soll nicht leer erscheinen und da ich nichts eigenes finde das Ihrer Gesinnungen werth wäre so schicke ich Ihnen ein Paar Oden welche Herder aus dem Lateinischen eines Deutschen des vorigen Jahrhunderts übersetzt hat, die Ihnen gewiß Freude machen werden. Eine ganze Sammlung davon wird in die zerstreuten Blätter kommen. Die Bekanntschaft mit diesem vergessenen Landsmanne wird bey jedem Epoche machen der Poesie liebt und Menschheit ehrt.
Mein guter Meyer ist nach Dresden wo er einen Genuß finden wird dessen er allein fähig ist, seine Abwesenheit macht eine große Lücke in meine Existenz, ich fülle sie mit Hoffnung und mit dem Gedanken an die Reichthümer aus die er sich und uns überbringen wird.
Ich habe in dieser letzten Zeit noch manche Sorgfalt auf meinen losen Fuchs gewendet der gegen Pfingsten wieder einen Versuch machen wird sich in der Welt auf seine Weise zu produciren. Sonst habe[156] ich noch mancherlei gearbeitet das später wohl auch vor Sie kommen und Ihnen Freude machen dürfte.
Der Herzog befindet sich wohl und vergnügt, sein Interesse an den Dingen weckt manches aus dem Schlummer. Übrigens lebt alles nach alter Weise. Einige neue Schauspieler theilen und beschäftigen das Publikum.
Fichte ist noch nicht gekommen, sobald seine Einladungsschrift, die er vorausschickt, abgedruckt ist erhalten Sie solche. Aus seinen Briefen scheint es er habe vor in ein sonderbares Horn zu stoßen.
Leben Sie recht wohl und lieben Sie mich, sagen Sie mir manchmal ein Wort, ich schreibe auch und schicke was, damit, wenn wir uns wiedersehen, auch kein Augenblick durch Erneuerung der Bekanntschaft verlohren gehe, wie wohl diesmal geschehen ist.
W. d. 29. April 94.
G.