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An Siegmund August Wolfgang Herder
[29. April 1830.]
Ew. Hochwohlgeboren
bleiben versichert daß ich stets mit Heiterkeit und Vergnügen unsrer früheren Lebensgenossenschaft gedenke, und um so lieber als ich Sie nunmehr in so bedeutender würdiger Thätigkeit erblicke. Auch Sie haben meiner keineswegs vergessen und erinnern [45] sich noch wohl was mich in der Naturwissenschaft besonders interessirt, indem Sie mir die merkwürdigsten Gegenstände des mineralogischen und chemischen Reichs zusenden, welche nun zu meiner Freude, Belehrung und Bewunderung vor mir aufgestellt sind. Die Überbringer derselben habe freundlich aufgenommen und recht werthe Männer an ihnen gefunden; auch ein Theil meiner Sammlung konnte Ihnen gezeigt werden.
Die angekündigte Sendung von dort erwarte mit Verlangen. Besonders angenehm ist es daß sie mit eintretendem Frühling erscheint, wo man in den während des Winters unzugänglichen Gemächern sich nach allen Seiten ausbreiten und an dem Vorliegenden sich ergötzen und belehren mag.
Hiebey darf ich nicht verschweigen daß, wenn mich irgend ein Gedanke zu einem Ausflug anwandelt, er vor allem sich nach Freyberg richtet. Da aber die Ausführung desselben nicht wohl möglich ist, so wär es um desto erfreulicher wenn Sie Ihren wichtigen Geschäften so viel Zeit abgewinnen könnten um in Weimar ihre Angehörigen und alte geprüfte Freunde zu besuchen, worunter ich mich, in vorzüglichster Hochachtung und aufrichtigster Neigung verharrend, ohne Bedenken zählen darf.
Weimar den 28. April 1830.
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