42/49.
An Wilhelm Reichel
Ew. Wohlgeboren
wünschte genugsam ausdrucken zu können, wie leid es mir thut, solche Bemühung verursacht zu haben; ich [52] hätte früher bemerkten sollen, daß der doppelte Abdruck mit Vorsatz geschehen. Es wird, ich hoffe, diese Wiederholung zu den Eigenheiten gerechnet werden, deren das Publicum mir so viele nachgesehen hat.
Sinn und Absicht hiebey sind aber folgende: Das erstemal stehen die Gedichte im allgemeinen unter ihres Gleichen, mit denen sie nur durch einen gewissen Anklang verwandt sind; das zweytemal aber in Reich und Glied, da sie denn erst ihrem Gehalt und Bezug nach erkannt und gewürdigt werden können.
Im vierten Bande kommt derselbige Fall noch einmal vor. Im dritten nämlich steht ein Gedicht unter der Überschrift: Aussöhnung, als zu einer Trilogie gehörig, und wird dasselbe nachher durch eine besondere Überschrift an Madame Szymanowska gewidmet. Haben Sie die Gefälligkeit in den prosaischen Noten nachzusehen, wo ich dieser Verdoppelung entschuldigend gedenke.
Nun scheint es mir aber, nach dem Anstoß den Ew. Wohlgeboren mit Recht genommen, nothwendig, an derselben Stelle den doppelten Abdruck der bemerkten Gedichte durch ein bescheidenes Wort wo nicht zu rechtfertigen, doch zu entschuldigen.
Auch bekenne gern bey dieser Gelegenheit einen alten Fehler, daß ich meine Intentionen niemals, wie es Autoren sonst vorsichtig und zweckmäßig in einer Vorrede oder in Noten thun, genugsam ausgesprochen, [53] wodurch denn gar manche Mißverständnisse veranlaßt worden.
Um Gegenwärtiges nicht aufzuhalten, sende das an gedachter Stelle allenfalls Einzurückende nach. Wie ich denn für Ihre vorzügliche Aufmerksamkeit, der ich das Geschäft nicht weiter zu empfehlen habe, abermals den besten Dank abstatte.
Könnte nach beendigtem Abdruck des ersten Theils mir ein erstes Exemplar zugleich mit dem Original zukommen, so würde mir solches, wie schon bemerkt, sehr angenehm sehn.
Mit wiederholtem Danke mich zu geneigtem Andenken empfehlend
ergebenst
J. W. v Goethe.