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An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Gegenwärtige Sendung will nicht unbegleitet abgehen lassen; deshalb einiges Freundliche dankbar für Ihr Letztes.

Die Exemplare haben Sie die Gefälligkeit den Freunden mit meinen besten Empfehlungen zuzutheilen, auch eins allenfalls für Paris liegt bey. Unser unermüdeter [44] Herr von Cotta befährt mit Dampfschiffen den Bodensee und möchte darüber wohl die Angelegenheiten eines englischen Autors, geschweige eines deutschen vergessen.

Herrn Beer bitte mit dem schönsten Gruß zu vermelden: daß ich der ersten, nicht zu scheltenden Aufführung seines Paria beygewohnt und, ohngeachtet meiner Theaterferne, einiges geäußert welches man zu Herzen genommen, wodurch denn die zweyte Vorstellung dergestalt erhöht worden daß sie (wie ich allgemein höre) einen wirklichen Enthusiasmus erregt hat und das Stück auf dem Repertorium also gesichert ist.

Unsere neuste Literatur-Zeitung wird nun auch in den Händen des guten Dramatikers seyn. Die Rezension wohlwollend, vorzüglich in dem Ernst womit sie die Sache nimmt. Möge sich der wackere Mann nur niemals im Süjet vergreifen und sich vor ungünstigen Motiven hüten, davon hängt alles Heil ab; die sorgfältigste Behandlung rettet nicht einen unglücklichen Stoff. Doch wer will hier sich selbst rathen, geschweige andern!

Weimar den 17. December 1824.

G.


[Beilage.]

Geneigtest zu gedenken.

Auf's genauste glaube ich zu fassen was Sie bey Gelegenheit der bewußten Vorrede sagen; ich erwidere [45] nur soviel: Hier ist die Frage von der Wirkung aus dem Centrum zu der Peripherie und umgekehrt von der Peripherie nach dem Centrum. Jenes mußte meine Tendenz seyn und bleiben; das Letztere ist Browns Weg und wäre denn doch genau betrachtet immer das beste Verfahren einer rationellen Empirie. Denn wer kann dieß lebendige Aus- und Einathmen, das doch ganz allein Wissenschaft zu nennen wäre, in Einem Sinn und Busen vereinigen.

Da Sie nun aber alles dieses bey Sich überlegen und zuletzt bestimmen müssen was Sie exoterisch aussprechen und esoterisch für sich behalten wollen, so wird bey dieser Gelegenheit ein heimlicher Schatz zurückbleiben und ich wollte fragen: ob Sie nicht, diesen sondernd und sichtend, einen kleinen Aufsatz für mein morphologisches Heft bey Seite legen könnten; das nächste wird auch wohl wieder langsam vor sich gehen, aber am Ende erscheint es denn doch.

Da meine Hefte mit Morphologie der Pflanzen angefangen und sich den Weg suchen vom Centrum nach der Peripherie, so könnte die Bewegung von der Peripherie nach dem Centrum im allergünstigsten Lichte dargestellt werden und ganz eigentlich imLichte, da denn doch das Centrum der Kugel immer im Verborgenen bleibt.

Und so sag ich weiter: die reine Empirie sucht unbewußt das Centrum, treue Anschauung überall wird von der Einheit angezogen, als ihrem Schwerpunct.[46] Und so könnte man noch lange fortfahren wie Sie am besten und vollständigsten einsehen.

Verzeihung

Weimar den 16. December 1824.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1824. An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-78A6-1