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An Amalie von Levetzow

Es ist nun jährig daß Sie, als theure geprüfte Freundin, mir Ihren Antheil zu erkennen gaben bey [69] dem schweren Geschick das mich betroffen, denjenigen vor mir hingehen zu sehen, dem ich, dem Laufe der Natur und meinen Wünschen gemäß, in jene Gegenden hätte vorantreten sollen.

Da ich wirklich seit jener Stunde nur zur Hälfte lebe, so ist es mir um so erfreulicher von Freunden und Gönnern zu erfahren: daß so mancher gute Geist, manches liebe Herz geneigt ist das Lückenhafte, was in meinem Zustande sich finden mag, durch Wohlwollen und Neigung zu hegen und auszufüllen. Haben Sie den herzlichen Dank daß Sie sich unter die Ersten, die dieses fromme Werk an mir ausübten, stellen und so freundlich erweisen wollten.

Ein Gleiches geschieht nun auch durch die baldige frohe Nachricht, die Sie mir von dem glücklichen Ereigniß geben, das Ihre, mir so werthe Familie nochmals erfreut hat. Möge diese kleine Nachkommenschaft wachsen, blühen und, unter liebevoller Sorge, sich zur Freude der nächsten Mitwelt heranbilden. Empfehlen Sie mich dem werthen Elternpaar; da ich denn zugleich aufrichtigst wünsche, daß Fräulein Ulrike sich aus diesen Zeilen den treulichsten Gruß herausnehmen möge! wie ich denn nicht zweifle daß die Jüngste den Geschwistern in Liebenswürdigkeit werde nachgeeifert haben.

Meine lebhaften Wünsche und wiederholten Grüße zum Schluß, mit der hinzugefügten Bitte: Sie möchten mich von Zeit zu Zeit mit anmuthiger Nachricht [70] von Ihrem und der lieben Ihrigen Wohlbefinden, geneigtest erfreuen und erquicken.

Und so fortan!

angeeignet

Weimar den 2. September 1829.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1829. An Amalie von Levetzow. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7722-2