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An den Grafen Sergej Semenowitschvon Uwarow
Ew. Excellenz
mit einem bescheidenen Schreiben anzugehen war ich schon mehrmals in Versuchung gerathen. Das Glück, unsre durchlauchtigste Frau Großherzogin persönlich zu verehren, und manches, was durch Sie von Nordosten her auch mir zu Gute kommt, verbindet mich, wie so viele, nach jenen fernen Gegenden hinzublicken [22] auf die mannichfaltigste Weise. Jetzt aber werd ich durch jenen bedeutenden Umstand angeregt, daß einer der gefährlichsten Krankheitszüge dort sich kaum abweisen läßt. Alle Welt ist um jene bedrohten Gegenden bekümmert, sowohl um des dortigen traurigen Zustands willen, als aus heimlicher Furcht, das Übel möchte sich weiter nach Westen verbreiten.
Bey dem lebhaften Antheil, wozu Wohldenkende besonders aufgefordert sind, ist meine Correspondenz mit vertrauenswürdigen Ärzten mit Betrachtungen hierüber beschäftigt, um so mehr, als von dort her selbst eine allgemeinere Theilnahme ausdrücklich aufgerufen worden.
Beykommendes Blatt ist ein Resultat solcher vertraulichen Mittheilungen, welches Hoch Denselben zu übersenden ich mir die Freyheit nehme, zu geneigter Beurtheilung und allenfallsiger Beförderung an die dieses Geschäft behandelnde Stelle. man beeilt sich ohne die mindeste andere Absicht einen Gedanken und Vorschlag mitzutheilen, der, wenn er auch nur geeignet wäre, gesunde Personen, welche das gefährliche Geschäft des Wartens und Pflegens auf sich zu ermuthigen, schon einen erwünschten Zweck erreicht haben würde.
Gar manches möcht ich hinzufügen, hielt ich nicht für Pflicht, keinen Augenblick also sende ich schleunigst in die Ferne, wo sie nützlich werden, auf jeden Fall aber ein Zeugniß [23] ablegen möge von dem Antheil, den ich an jenem ahnungsvollen bedrohenden Zustande mit manchem einsichtsvollen manne zu nehmen nicht verfehlen konnte.
Ew. Excellenz
ganz gehorsamster Diener
J. W. v. Goethe.