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An Carl Ludwig von Knebel

Gestern ist ein Kästgen an den Herzog, woraus ich für mich die Amazonenkönigin erhalten habe, angekommen, [271] und es werden heute von dem an Frau von Stein geschikten Mehl Waffeln gebaken.

Ich beneide dich um die Ruhe deines Zustandes und um die Nachbarschaft der Raphaels. Neuerlich lese ich die Schriften des verstorbenen Mengs und da lernt man sich bescheiden, daß eigentlich Niemand als ein solcher Künstler über die Kunst reden sollte. Sie sind in allem Betracht vortreflich und gereichen mir zu rechtem Trost, da ich so vieles, was bisher bey mir nur Stükwerk war, verbinden, und meine Erkenntniß der vortreflichen Sachen immer mehr schärffen kann.

Du hast recht wohl gethan, deinem lezten Brief iene lange Rechtfertigung einzurüken. Es ist immer gut, wenn man vergleichen Gegenstände unter sich abhandelt, denn gewöhnlich sezt man sich etwas in den Kopf und ie länger es treibt und Wurzel schlägt, desto schweerer ist es auszurotten.

Unser Carnaval ist zu meinem großen Vergnügen endlich auch vorbey. Ich habe viel ausgestanden, da ich mich, aus alten und neuen Ursachen, dienstfertig erwieß und verschiedene Aufzüge erfand und besorgte. Ich lege dir den Entwurf und die Verse des lezten bey, welchen die beyden Herzoginnen aufführten.

Das Theaterstük zu der Herzogin Geburtstag laß ich dir auch abschreiben. Da es meist Pantomime und Tanz war, so ist freylich nicht viel dran zu lesen. So viel von der glänzenden Schaale unsers Daseyns, [272] das Innere ist im Alten, nur daß mit einem immerwährenden Wechsel, sich das eine Capitel verschlimmert, indem sich das andere verbeßert. Das alberne Geschäft der Auslesung iunger Leute zum Militare, sezt mich in die Nothwendigkeit nächstens vier Wochen im Lande herum zu reiten. Ich denke mir die Reise angenehm und auf alle Weise nüzlich zu machen. Es giebt gar vielerley Weisen die Welt anzusehen und Vortheil von ihr zu ziehen. Mein Gedicht auf Mietings Tod sollst du haben, so bald es fertig ist. Es hat in seiner unvollendeten Gestalt schon einen Beyfall erhalten, der mich vergnügen muß.

Übrigens ist, wie sich es versteht, in dieser Jahreszeit niemand wohl.

Es wäre mir angenehm, wenn Prestel aus seinem Werke dieienigen Kupfer, die nach Raphaelen sind um einen leidlichen Preiß einzeln verlaßen wollte.

Lebe wohl. Nächstens, vielleicht noch vor meiner Reise, die ich den 14. Merz antrete, ein mehreres.

Weimar den 26. Febr. 1782.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1782. An Carl Ludwig von Knebel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6FEF-6