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An Georg Joachim Göschen
Rom, den 9. Febr. 88.
Ew. Hochedelgeb.
Brief vom 27. Novbr. vorigen Jahrs erhalte ich erst heute, eben da ich in Begriff stehe an Sie zu schreiben.
Es ist mir angenehm, daß Sie wegen der verschiedenen Mängel unserer Ausgabe einige Auskunst geben. Ich glaube gern, daß Ihnen manches selbst Mißvergnügen gemacht hat und weiß recht gut, daß bey einem solchen Unternehmen sich manche Hinderniße in den Weg legen.
Ich halte mir ein Exemplar, in welches ich wie die Zeit erlaubt, hineinschaue, um alle Druckfehler, Auslassungen, und was mir sonst vorkommt, zu korrigiren [341] und zu notiren. Es ist dieses eine gute Vorarbeit zu einer künftigen Ausgabe.
Heute geht der letzte Ackt Claudinens an Herrn Herder ab. Leider kann ich nur, und das knapp genug, den fünften Band zur Ostermesse bringen. Als ich nach geendigtem Egmont, die beyden Singspiele Erwin und Claudine durchsah, um mit kleinen Correckturen nachzuhelfen, sah ich gar bald daß ohne völlige Umarbeitung aus beyden Stücken nichts werden könne. Ich entschloß mich dazu und werde erst in dem Augenblicke fertig. Das Publikum wird hoffe ich zufrieden seyn, in diesem Bande nicht allein Egmont als ein Ganzes, sondern noch dabey zwey neue Singspiele zu finden. Von den Scizzen der ersten Ausgabe ist nur der Nahme und einige Liedchen übriggeblieben. Der folgende Band wird wahrscheinlich Tasso, Lila, Jery und Bätely und die Fischerinn enthalten. Mit diesen Stücken geht es mir nicht besser als mit obgenannten Operetten. Ich muß sie ganz neu arbeiten, wenn sie in Gesellschaft der vorigen Bände sich nicht schämen sollen. So wird man aus einem ins andere geführt. Die schwerste Arbeit die mir bevorsteht ist Faust. Doch eins nach dem andern.
Die Vermischte Gedichte zum letzten Bande habe ich auch schon gesammelt und meist zusammengeschrieben; doch will auch dieser achte Band wohl ausgedacht und ausgeziert seyn.
[342] Die Kupfer zu den drey folgenden Bänden hoffe ich auch hier stechen zu lassen. Wenns möglich ist; so laß ich sie bald und alle nach einander machen, denn Herr Lips hat einen Ruf nach Florenz erhalten. Für die beyden Platten zum dritten und fünften Bande erhält Herr Lips 8 Carolin oder französche Louisdor. Wollen Sie wegen der zwey Vignetten zur Iphigenie noch etwas zulegen; so wird es ihn freuen. Künftig will ich auch für die Titel Vignetten hier sorgen lassen, damit alles mehr Einheit habe.
Wollen Sie das Geld für Herrn Lips zugleich mit dem Betrag des fünften Bandes an den Cammerkalkulator Seidel auszahlen, so kann ich Herrn Lips hier befriedigen.
Den Buchhändler Chiupponi und Sigr. Niorrazzi kenne ich nicht.
Die Litteraturzeitung wird künftig regelmäsig litterarische Beyträge aus Italien erhalten. Herr Legations Rath Bertuch kann Ihnen von den interessantesten Wercken, jedesmal, wenn Sie ihn darum ersuchen, einige Notiz geben.
Ich sehne mich recht nach der Vollendung unserer Ausgabe der acht Bände, um alsdann an neue Arbeiten zu gehen. Sie können denken, was für eine Menge Stoff ich dieß Jahr gesammelt habe, mehr als ich je zu verarbeiten hoffen kann.
Herr Legations Rath Bertuch schreibt mir daß Sie[343] eine liebenswürdige Braut gefunden haben, ich wünsche Ihnen das beste Glück zu dieser Verbindung.
Leben Sie recht wohl.
Goethe.