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An Gaëtano Cattaneo
[28. März 1820.]
Mein Herr!
Den schuldigen Dank für das übersendete Trauerspiel il Conte Carmagnola darf ich nicht länger verschieben, ob ich gleich gegenwärtig nur im Allgemein darüber sprechen kann. Herrn Manzoni habe ich an seinen Inni sacri schon als einen gebornen Poeten erkannt und ihn als einen solchen auch meinen Landsleuten gerühmt; in gegenwärtigem Trauerspiel bewährt er sich ebenmäßig als originellen Dichter, sein Vaterland hat sich noch viel von ihm zu versprechen.
Daß er die Einheit der Zeit und des Ortes nicht streng beobachtet, kann von uns Deutschen nicht getadelt werden, da wir seit langen Jahren der Überzeugung sind, die er in seiner Vorrede freymüthig ausspricht. Daß er dagegen die dritte Einheit als die unerläßliche, die der Handlung und des Interesses, stets vor Augen gehabt und uns von Anfang bis zu Ende immer in gleicher Theilnahme erhält, verdient allen Beyfall.
Wäre er nun mein Landsmann, so würde ich weiter gehen, um von der Ökonomie des Stücks zu sprechen und zu entwickeln: in wie fern er, die alten Regeln verschmähend, sich selbst neue gegeben hat. Eine solche Entwicklung aber hat ihre Schwierigkeiten, [210] besonders bey Werken einer fremden Literatur; denn unser Urtheil gründet sich immer auf eine gewisse Theorie, mit der nicht einmal alle unsere eigene Landsleute, geschweigen denn fremde Nationen übereinstimmen.
Sobald ich jedoch einigermaßen Raum finde, verfehle gewiß nicht, die Deutschen von den Verdiensten des Herrn Manzoni und dessen neustem Trauerspiele zu Unterhalten.
Wenn Sie die Gefälligkeit haben, mit älteren Medaillen so wie mit den neuesten meine Sammlung zu vermehren; so werde jederzeit die Auslagen dafür durch Herrn Mylius dankbar ungesäumt dagegen erstatten. Mögen Sie mich dem werthen Paare abermals empfehlen und mich eines ferneren Andenkens und mancher interessanter Mittheilung werth achten.
Weimar den 5. März 1820.