[213] 9/2825.

An Carl Ludwig von Knebel

Meinen Faust und das botanische Werckchen wirst du erhalten haben, mit jenem habe ich die fast so mühsame als genialische Arbeit der Ausgabe meiner Schriften geendigt, mit diesem fange ich eine neue Laufbahn an, in welcher ich nicht ohne manche Beschwerlichkeit wandeln werde. Mein Gemüth treibt mich mehr als jemals zur Naturwissenschaft, und mich wundert nur daß in dem prosaischen Deutschland, noch ein Wölckchen Poesie über meinem Scheitel schweben bleibt. Mein Libellus Epigrammatum ist zusammengeschrieben, [213] du sollst ihn dereinst sehen, aus der Hand kann ich ihn noch nicht geben.

Kaum habe ich mich von meiner Venetianischen Reise erhohlt, so werde ich zu einer andern berufen, von der ich mir ausser mancherley Beschwerden viel Vergnügen und Nutzen verspreche. Der Herzog hat mich nach Schlesien berufen, wo ich einmal statt der Steine und Pflanzen die Felder mit Kriegern besät finden werde. Unterwegs gedencke ich Dresden zu sehn, im Rückweg Freyberg.

Sollte ich irgendwo lange Stunden haben, so schreibe ich das zweyte Stück über die Metamorphose der Pflanzen, und den Versuch über die Gestalt der Thiere: beydes möchte ich künftige Ostern herausgeben.

Soviel von mir wenn ich gleich noch manches zu sagen hätte.

Die Herzoginn Mutter ist nach Belvedere gezogen, sie beträgt sich würcklich heroisch und verbirgt was sie schmerzt unter einer Affabilität die jedem wohlthut. Wenn es nur einigermaßen schön Wetter wird, so wird ihr Aufenthalt in Belvedere ihr angenehm werden. Es werden viele Menschen sich um sie versammeln und sie wird für den trostlosen Winter einige Stärckung gewinnen.

Empfiehl mich deiner Frl. Schwester, ich habe mir recht sehnlich gewünscht länger mit ihr zu seyn und über manches mich mit ihr auszuschwätzen. Vielleicht wird mir es künftig so wohl.

[214] Deinen Brief habe ich dem Herzog geschickt, wenn ich ihn spreche werde ich deinen Auftrag ausrichten.

Meine Casse für den jungen Steinschneider ist durch seine Reisen diesen Sommer und durch die Erbauung seiner Maschine etwas schmal geworden. Ich kann deßwegen den obgleich vortheilhaften Handel de Petschaft Steine nicht machen. Schicke mir gelegentlich einige zur Probe und zum Versuch, in einiger Zeit kann ich sie vielleicht alle nehmen.

Grüße die Frau Castellan schönstens und den Holzschuher. Murr hat mir schon geschrieben und mir wieder einen Handel angeboten. Was ich auch mit ihm schachre will ich, wenn du magst, durch deine Vermittlung thun. Zu den Aretinis habe ich noch immer Lust. Laß dir doch gelegentlich den Catalogus geben.

Lebe wohl. Dießmal sag ich nicht mehr. Aus Schleßien sollst du ein Wort hören. Lebe in deinem Kreise glücklich und laß uns die Hoffnung, daß wir dich wieder sehen. W. d. 9. Jul. 90.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1790. An Carl Ludwig von Knebel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6C80-5