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An Carl Ernst Schubarth
Ihre reichliche Sendung, mein werther Freund, hat mich sehr gefreut, und ich genieße die Frucht eines persönlichen Zusammenseyns; wie Sie sich's denken, ist mir alles vollkommen klar.
Mit Ihren Blättern bin ich dergestalt zufrieden, daß ich wünschte, sie wären gedruckt, ohne irgend [4] eine Abänderung. Haben Sie keine Copie, so schicke ich eine, denn wer weiß, ob es gelänge, Sich zum zweytenmal von Grund aus so entschieden auszudrücken.
Was Sie von Zueignung und Vorspiel sagen, ist untadelig; rührend aber waren mir Ihre Conjecturen über den zweyten Theil des Faust und über die Auflösung. Daß man sich dem Ideellen nähern und zuletzt sich entfalten werde, haben Sie ganz richtig gefühlt; allein meine Behandlung mußte ihren eignen Weg nehmen: und es giebt noch manche herrliche, reale und phantastische Irrthümer auf Erden, in welchen der arme Mensch sich edler würdiger, höher, als im ersten, gemeinen Theile geschieht, verlieren dürfte.
Durch diese sollte unser Freund Faust sich auch durchwürgen. In der Einsamkeit der Jugend hätte ich's aus Ahnung geleistet, am hellen Tage der Welt säh es wie Paßquill aus.
Auch den Ausgang haben Sie richtig gefühlt. – Mephistopheles darf keine Wette nur halb gewinnen, und wenn die halbe Schuld auf Faust ruhen bleibt, so tritt das Begnadigungs-Recht des alten Herrn sogleich herein, zum heitersten Schluß des Ganzen.
Sie haben mich hierüber wieder so lebhaft denken machen, daß ich's, Ihnen zu Liebe, noch schreiben wollte. Mehr sage ich nicht, denn, eben im Begriff, meinen jenaischen Aufenthalt abzuschließen, und die[5] weimarischen Winterquartiere zu beziehen, bin ich auf mancherley Weise gedrängt. Leben Sie wohl, gedenken Sie mein, grüßen Sie Ihren Herrn Bruder zum schönsten und lassen bald wieder von sich hören.
freudig theilnehmend
Goethe.