229. Die Pestmachenden Todtengräber in Schlesien.

(S. Ernst, Histor. Confecttafel, Altenburg 1690 S. 109 etc. Misander Th. II. S. 262 etc.)


Guhrau ist eine Schlesische, im Herzogthum Groß-Glogau 1 an der Polnischen Grenze liegende Stadt, daselbst hat (im Jahre 1656) der Teufel [263] den Todtengräber durch die Hoffnung künftigen Reichthums dermaßen eingenommen, daß er von ihm erlernt ein Pulver zu machen, vermittelst welchen einer großen Menge Menschen der Tod könnte unvermerkt beigebracht werden. Mit diesem Pulver hat er nicht allein alle Brunnen in der Stadt vergiftet, sondern auch die meisten und fürnehmsten Gassen der Stadt damit bestreut, also daß, wer das Wasser zum Trinken oder Kochen gebraucht, anstatt des Lebensunterhaltes und Nothdurft den Tod eingenommen; wer über die Gassen gegangen, sonderlich die Frauensleute, welche mit ihren langen Kleidern den hingestreuten Giftstaub am meisten aufgefangen, hat wie das unvernünftige Vieh unwissend woher oder warum gleichsam verrecken müssen, darauf großes Elend entstanden, weil sie jählings hinweggestorben und in kurzer Zeit sind an die 2400 Jung und Alt darauf gegangen. Bei dieser Noth ist's noch nicht geblieben, sondern es ist auch dieses Unglück dazu gekommen, daß die Bäcker und Brauer gestorben und alle Nothdurft des Lebens selten geworden, dadurch viele Leute elendiglich Hungers sterben und verschmachten müssen. Inmittelst lachte der teufelische Mensch des Unglücks sich ins Fäustchen und war nicht zufrieden mit dem was in Guhrau geschah, sondern hat sein mörderisches Giftpulver auch andern Todtengräbern zu Prausnitz, zu Brieg, zu Raloß und andern in Niederschlesien gelegenen Orten mitgetheilt, sie zu gleichmäßiger Nachfolge, die ihnen nicht schaden, sondern sie, wie ihn, reich machen würde, angereizt, welches Pulver das gottlose Gesindel angenommen und der zu Prausnitz allein über 700 Menschen hingerichtet hat.

Vorher hatte schon im Jahre 1606 das gottlose Todtengräbergesindel zu Frankenstein im Herzogthum Münsterberg mit Giftmischen, Kochen, Salben und Aussäen bei 2000 Menschen niedergefällt, bis Gott solche verborgene Teufelsstricke offenbart hat und 19 Personen, Eltern und Kinder, darüber eingezogen und gestraft worden sind. Dergleichen hat sich auch 1562 zu Reichenstein in Schlesien begeben, da der Todtengräber mit seiner Zauberei 1600 Personen hingerichtet hat.

Fußnoten

1 Nach Gödsche S. 84 hatten die Juden die Krankheit in die Stadt gebracht. Erst trat sie nicht heftig auf, als aber drei Todtengräber daran gestorben, hat der vierte Adam Henning, der sich dem Teufel verschrieben und drei todte Kinder gepulvert und die Asche umhergestreut, die Pest so gesteigert. Es kam aber heraus und der Teufel brachte ihm drei neue Stricke ins Gefängniß um sich zu entleiben, er hatte aber keinen Muth dazu. Er mußte die Folter erleiden und ward am 30. August 1656 hingerichtet.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Zweiter Band. Schlesien und die Niederlausitz. 229. Die Pestmachenden Todtengräber in Schlesien. 229. Die Pestmachenden Todtengräber in Schlesien. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-5662-F