163) Die betenden Straßenräuber. 1
Es lebte vor vielen Jahren in einem Dorfe bei Stendal ein Prediger, der sehr geizig war. Der war eines Tags in der Stadt gewesen und hatte dort viel Geld eingenommen, was drei Soldaten gesehen hatten. Als er nun die Stadt verließ, um nach Hause zurückzukehren, folgten ihm dieselben in der Absicht, ihm sein Geld abzunehmen. Da sie nun aber nicht Gewalt [148] anwenden wollten, bedienten sie sich folgender List. Als nämlich der Pfarrer mitten im Felde war, traten sie zu ihm und baten ihn demüthig um eine Reiterzehrung. Der geizige Prediger aber antwortete ihnen, es thue ihm sehr leid, daß er ihnen ihre Bitte abschlagen müsse, insofern er kein Geld bei sich habe. Da sprach einer der Galgenvögel heuchlerisch: so lasset uns, lieber Herr, mit einander beten, daß Gott uns etwas bescheeren wolle, und was er uns dann zuwenden wird, das wollen wir redlich mit einander theilen. Der Pfarrer konnte sich natürlich dem nicht entziehen und so knieeten sie denn alle hin und fingen an mit einander zu beten. Nachdem sie ihr Gebet beendet, standen sie alle auf und einer fragte den andern, ob ihm denn der Herr nichts bescheert habe. Die drei Soldaten verneinten dies natürlich und der Prediger sagte selbstverständlich auch, daß er nichts erhalten habe. Allein damit waren jene nicht zufrieden, sondern behaupteten, er wisse es wahrscheinlich selbst nicht, er möchte nur in seinem Kober nachsehen und seine Taschen untersuchen, es werde schon etwas darin sein. Der arme Pfarrer mußte wohl oder übel dem Willen der Bösewichter nachkommen, und siehe, es fanden sich gar viele harte Thaler, die nahmen sie, theilten sie ehrlich in vier Theile, davon gaben sie dem Pfarrer einen, sie selbst aber nahmen sich die andern drei und zogen damit fürbaß.
Fußnoten
1 Nach Temme S. 11 etc.