261. Der Kutschenstein am Falkensteine bei Fischbach.

(S. Ziehnert Bd. II. S. 111 etc. nach Müller, Schles. Bergschlösser S. 431 etc.)


Der Kutschenstein 1 bei Fischbach soll seinen Namen folgender Begebenheit verdanken. Der Ritter auf Bolzenstein (im Schönauer Kreise) [281] war von seiner Hausfrau mit einem Söhnlein beschenkt worden und lud zu dessen Pathe die Burgfrau von Falkenstein nebst ihren Töchtern Uda und Gisela ein. In den benachbarten Gauen war Ruhe und man hatte lange nichts von den herumstreifenden Hussiten gehört, daher hatte der Burgherr die ganze umwohnende Ritterschaft zum Kindtaufschmause eingeladen. Diese Einladung war von Allen aufs Beste aufgenommen worden und es hatte sich eine große Versammlung auf dem Bolzenstein eingefunden. Als die heilige Taufhandlung vorüber war, begann ein prächtiges Gelage und nachdem manche Lebehochs auf die Kindtaufseltern und den Täufling ausgebracht worden waren, da erhob einer der Ritter seinen Humpen und rief, er leere ihn zum Wohle der schönsten Jungfrau. Damit meinte er Uda von Falkenstein, der auch alle Anwesenden den Preis der Schönheit zuerkannten. Ihr gegenüber saß ihr heimlicher Liebhaber, Otto von Zedlitz auf Maiwalde, der freilich seine Liebe nicht öffentlich bekennen durfte, da sein Vater und der Falkensteiner in schwerer Fehde gegen einander lagen. Indeß da Ersterer bei dem Taufschmause nicht mit zugegen war, so fingen die Liebenden an sich weniger in Acht zu nehmen und die Anwesenden tranken schließlich frisch weg auf die Gesundheit des jungen Brautpaars. So blieben alle Gäste bis zum dritten Tage ganz ruhig zusammen, auf einmal kam aber die Nachricht, daß sich Hussitenschwärme in der Umgegend zeigten, und nun brach Alles auf, auch die Burgfrau von Falkenstein mit ihren Töchtern. Otto von Zedlitz und ein anderer Ritter begleiteten sie, sie kamen auch ziemlich ungefährdet bis an das Falkensteiner Gebiet und, da indeß der Mond aufgegangen war, sogar bis an den Fuß der Burg. Hier aber zeigten sich plötzlich Hussiten. Die Ritter forderten den Kutscher, welcher die Frauen fuhr, dringend auf, so schnell als es nur immer möglich sei, zu eilen, indeß sie zurückbleiben und die Hussiten aufhalten wollten. Jener aber bedurfte dieser Aufforderung nicht, er trieb schon für sich die Rosse so heftig an, daß diese alle ihre Kräfte aufboten und den steilen Berg hinanjagten, als ob es eine Ebene sei. Da ließ aber das Waldesdunkel und die Angst den Kutscher den rechten Weg verfehlen und rechts an die steile Felsenwand lenken, von welcher der Wagen mit Menschen und Rossen hinab in einen schauerlichen Abgrund stürzte, wo natürlich alle zerschmettert ankamen. Seit dieser Zeit heißt jene Felsenklippe der Kutschenstein.

Fußnoten

1 Da Kutschen erst im Jahre 1457 in Deutschland bekannt wurden, so ist jedenfalls die zweite Benennung des Felsens, Gotschenstein, richtiger, weil um die Mitte des 16. Jhdts. Caspar von Schaffgotsch, der damalige Besitzer von Fischbach, bei einem Streite mit seinen Nachbarn über verschiedene Waldstücke auf dem nordöstlichen und nordwestlichen Abhange des Falkensteins diesen Fels als Hauptgrenzpunkt seiner Ansprüche bezeichnete.

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TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Zweiter Band. Schlesien und die Niederlausitz. 261. Der Kutschenstein am Falkensteine bei Fischbach. 261. Der Kutschenstein am Falkensteine bei Fischbach. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-3BE2-7