[53] 68. Weiße Frau als Hausgeist in Roth.
Mündlich.
Im Kameralamtsgebäude in Roth am See geht eine »weiße Frau« um. Sie erschien zu gewissen Zeiten dem Gesinde, besonders dem Stubenmädchen. Gerne habe sie sich in einer gewissen, der Waschkammer zunächst liegenden Kammer aufgehalten. Nicht nur einmal schaute die weiße Frau dem Kammermädchen über die Achseln, wenn sie wusch, sonst arbeitete oder las, ja das Mädchen spürte ihren Hauch. Oft kam sie über's Bett. Mal griff sie mit eiskalter Hand des Mädchens Füße. Die weiße Frau räumte immer alles schön auf, besonders den Kasten. So oft Stubenmädchen ordnen, besorgen wollte, war alles schon geordnet und besorgt. Nur ein Zitzkleid, wenn es umgekehrt im Kasten hing, war immer auf der rechten Seite eingehenkt. Man sprach von ihr oft allgemein als vom »unsichtbaren Wesen«.
Einsmals am Sonntag vernahm das Mädchen beim Waschen einen fürchterlichen Knall, wie von zwei Pistolen, hüpfte vor lauter Angst in die Höhe, daß sie ihre Füße noch im Spiegel sah. Von da an erschien das »unsichtbare Wesen« nimmer mehr 1.
Fußnoten
1 Sagen von weißen Frauen bei Schambach u. Müller Nr. 105 ff. Die ganze Literatur der Sagen von der weißen Frau hat J.V. Zingerle, Sagen, Märchen etc. S. 210 ff. zusammengestellt. Das Verschwinden des Geistes mit fürchterlichem Knall könnte ich aus vielen Gespenstergeschichten, die ich nicht aufnahm, nachweisen. Nach dem Knall vernimmt man nicht selten ein Stöhnen und Wimmern.