[1437] [1457]1575.
Mel. In dulci jubilo etc.
1. Du unvergleichlichs Lamm! bist ja wohl wundersam, wenn mans überleget, und sieht die liebes-flamm, die sich in dir erreget, und dein grosses mühn seelen herzuziehn.
2. Du denckst beständig dran, Lamm! was du schon gethan vor der menschen leben, daß du als schmertzens-Mann dich vor sie hingegeben an dem creutzes-stamm, als das Opffer-Lamm.
3. Der trieb geht immer fort, an allem end und ort regest du die hertzen, durch das gewaltge wort von deinem tod und schmertzen, und das wunden-licht leuchtet ins gesicht.
4. Denn deiner nägelmahl so majestätscher strahl kan auch steine schmeltzen, und kan sich überall auch durch die felsen weltzen, wer sie siehet an, um den ists gethan.
5. Die kirche, welche itzt zu deinen füssen sitzt, kan davon erzehlen, sie weiß es, was es nützt, dein seeliges erwehlen; denn der wundenblick war ihr einigs glück.
6. Die liebe nahm uns an, als einen todten mann, dem das recht gesprochen, der nun nicht weiter kan, dieweil der stab gebrochen, der auf einmahl wird frey und absolvirt.
7. Das übermeisterte, ja das begeisterte, machte den zum sünder, der sonst verkleisterte, was ihm der heylserfinder etwan aufgedeckt, da er ihn geweckt.
8. Was uns nun in der welt alleine wohlgefällt, [1457] und uns recht vergnüget, ist Jesu löse-geld, das uns zum grunde lieget, daran halten sich alle lediglich.
9. Wir gehn auf deine bahn vergnügt und frisch hinan, nimm uns bey den armen, führ uns berg ab berg an mit deinem liebserbarmen, und bey jedem schritt gehe selber mit.
10. Bring uns von grad zu grad, aus gnade in genad, jeglichs als ein stäublein, als eine wunden-mad, und als ein solches däublein, das nie sonst mag seyn, als im wunden-schrein.
11. Das seelge sünderloos, das bleib uns immer groß, laß uns nicht verschweigen, und allen seelen blos dasselbige bezeugen, was das wunden-blut an den sündern thut.
12. Diß sey das Schibolet, wenn man zum seelen redt, alles was uns eigen, das werde ausgejät't, und müste völlig schweigen, nach der reinen spur, neuer creatur.
13. Nun Lamm vor uns verwund! sey uns zu dieser stund und auf ewig nahe, und durch den blutgen bund uns inniglich umfahe: weich uns ewig nicht, Lamm aus dem Gesicht.