[327] Als Lesbia sich einbildete / sie hätte einen schönen Fuß
Was bildt sich Lesbia auf ihre Füßgen ein,
Die groß und ungeschickt? es geht ihr wie den Pfauen,
Die gantz vortrefflich schön nach ihren Federn seyn;
Doch darff man selbgen nicht nach ihren Füßen schauen,
Denn diese sehen plump, beschmutzt und heßlich aus.
Ihr ungestalter Schein entziehrt ihr gantzes Prangen;
Mich dünckt, es kommt bey dir auch eben so heraus,
Die Haut von Elffenbein, der Purpur deiner Wangen
Fällt ieden ins Gesicht, dir selbsten, ists nicht wahr?
Du kanst dich nimmer satt in deinen Spiegel sehen.
Doch schau nach deinen Fuß, wie stellt sich dieser dar?
So, daß ihn iederman mit rechte muß verschmähen.
[328]Indeßen bildst du dir doch recht was grosses ein,
Die Schrittgen seyn gewiß, wie nach dem Tact, gemeßen.
Die Männer müsten dir, meynst du, geständig seyn,
Es habe die Natur gar nichts an dir vergeßen.
Nein! du betrügest dich, denn es ergehet dir,
Wie jenen Bilde dort, das Babels König sahe:
Die Füße stellten Thon und kahles Eisen für;
Jedoch der Cörper kam Gold, Ertz und Silber nahe.