[71] An eine Dame
Galante G-- wirst du das Siegel brechen,
So seh ich zu voraus, du lachst in deinen Sinn,
Und wirst, ich weiß es schon, in den Gedancken sprechen,
Daß ich von Worten reich, und arm in halten, bin.
Diß glaube nicht von mir, mein Engel, soltstu wissen,
Wie groß die Sehnsucht stets nach deinen Umgang ist,
So würdest du gewiß mehr als zu klärlich schliessen,
Daß du mir allerdings gantz unentbehrlich bist.
Dein Englischer Verstand und die besondern Gaben,
Verdienen, daß die Welt sie weit und breit verehrt.
Nicht meyne, daß sich nur an dir die Männer laben,
Weil diß Vergnügen uns zugleich auch mit gehört.
Denn auch das weibliche Geschlechte muß bekennen,
Daß ihre Hertzen dir beständge Fröhner seyn,
Ein eintzger Anblick macht, daß wir vor Liebe brennen,
Wir gehen sonder Zwang die schöne Dienstschafft ein.
[72]Wirst du mich in die Zahl von deinen Freunden schreiben,
So schwör ich heilig dir, ich bin vor Lust entzückt,
Und werde dir davor recht sehr verbunden bleiben,
So lange biß der Tod mich in den Bogen rückt.
Indessen will ich mich an dein Versprechen halten,
Galante G-- gedencke stets an mich,
Laß deine Gegen-Gunst zu keiner Zeit erkalten.
Mein dir geweyhtes Hertz verehrt dich inniglich.
Du wirst darüber wohl nicht eifersüchtig heissen,
Daß ich dein liebstes Blat so starck als dich geküßt,
Denn deine Hand muß mir die beste Linderung weissen,
Wenn meine Sehnsucht Dich, mein Element vermißt.