[270] Fest. Trinit
Dictum.
Es ist ein trotzig und verzagt Ding um aller Menschen Hertze.
Heist diß nicht recht verzagt,
Daß Nicodemus sich bey Tage nicht,
Und nur bey Nacht zu Jesu wagt?
Die Sonne, die sich ließ im schnellen Laufe sehn,
Muß dort dem Josua so lange stille stehen,
Biß daß der Sieg vollkommen war geschehn;
Hier aber wünschet Nicodem: Ach sah ich sie zu Rüste gehen!
Aria.
Dein sonst hell beliebter Schein
Soll dißmahl umnebelt seyn,
Weil ich nach dem Meister frage,
Denn ich scheue mich bey Tage.
Niemand kan die Wunder thun,
Die sein Allmacht-volles Wesen
Sich zu Zeugen auserlesen,
Gottes Geist muß auf ihm ruhn.
So wundre dich, o Meister, nicht
Warum ich nur nach dir bey Nacht-Zeit frage,
[271]Ich fürchte, daß bey Tage
Mein Ohnmacht nicht bestehen kan.
Jedoch du nimmst mein zages Hertz und Geist
Zum Leben auf und an.
Aria.
Ermuntert euch, furchtsam und schüchterne Sinne,
Erhohlet euch, höret was Jesus verspricht,
Daß ich durch den Glauben den Himmel gewinne,
Wann die Verheissung erfüllend geschicht,
Werd ich dort oben,
Mit dancken und loben,
Vater / Sohn und heilgen Geist
Preisen, der dreyeinig heist.
Auf daß wir also all zugleich zur Himmels-Pforten dringen, und dermahleinst in deinen Reich ohn alles Ende singen, daß du alleine König seyst, hoch über alle Götter, Gott Vater, Sohn und heilger Geist, der Frommen Schutz und Retter, ein Wesen drey Personen.