Elftes Kapitel.
In der Gewalt eines Feindes.
Nachdem Karl Dragoch und seine Leute sich zurückgezogen hatten, waren die Sieger zuerst auf dem Kampfplatze geblieben, um einem etwa wiederholten Angriffe zu begegnen, während der Wagen schon nach der Donau zu hinrollte. Erst als so lange Zeit verstrichen war, daß die Polizeitruppe endgültig abgezogen sein mußte, machte sich die Bande auf den Befehl ihres Anführers selbst auf den Weg.
[143] Bald hatte sie den von hier nur fünfhundert Meter entfernten Strom erreicht. An diesem wartete der Wagen vor einer Schute, deren dunkle Masse man wenige Meter vom Ufer erkannte.
Die Strecke war gering und die Arbeiterschar zahlreich. In kurzer Zeit war die Ladung des Wagens mittels zweier hin- und hergezogener Fähren an Bord der Schute befördert. Dann fuhr diese ab und verschwand in der Nacht, während die meisten von den Mitkämpfern auf der Waldblöße sich nach Empfangnahme eines Beuteanteils nach allen Richtungen hin zerstreuten. Von dem kurz vorher verübten Verbrechen war keine weitere Spur übrig, als ein Hause Pakete, der auf dem Deck des Fahrzeugs umherlag, worauf sich nur acht Mann eingeschifft hatten.
Tatsächlich bestand die berüchtigte Bande der Donau nur aus diesen acht Männern. Die übrigen bildeten bloß einen geringen Teil gelegentlicher Helfershelfer, die je nach Bedarf in der gerade heimgesuchten Gegend herangezogen wurden. Sie blieben aber der eigentlichen Ausführung der frechen Handstreiche fremd und dienten nur als Träger oder Wachposten, bis es sich darum handelte, die erraffte Beute nach dem Strom zu befördern.
Diese Organisation war offenbar recht geschickt. Die Bande verfügte damit längs des ganzen Laufs der Donau über sehr zahlreiche Hilfskräfte, von denen nur wenige wußten, zur Unterstützung welcher Schandtaten sie sich hergaben. Aus der ungebildetsten Menge ausgesucht, im allgemeinen verrohte Geschöpfe, glaubten sie, nur an gewöhnlichen Schmugglergeschäften teilzunehmen und verlangten auch gar nicht mehr zu wissen. Nie war ihnen eingefallen, sich eine Beziehung zwischen dem, der die Expeditionen, woran sie teilnahmen, leitete und dem berüchtigten Ladko vorzustellen, der ihnen seinen Namen verheimlichte, aber ein fremdartiges Vergnügen daran fand, auf jedem Schauplatz seiner Schandtaten irgendeine Spur von sich zu hinterlassen.
Ihre Gleichgültigkeit wird weniger überraschend erscheinen, wenn man bedenkt, daß diese längs der ganzen Donau begangenen Verbrechen stets örtlich sehr weit voneinander entfernt vorkamen. Die öffentliche Aufregung hatte also zwischen jedem solchen Zeit genug, sich zu legen.
Nur auf den Polizeiämtern, wo alle Klagen der Uferbevölkerung einliefen, hatte der Name Serge Ladkos eine so traurige Berühmtheit erlangt. In den Städten widmete ihm die bürgerliche Gesellschaft infolge der oft hochtrabenden Berichte [144] [147]der Zeitungen sogar ein gewisses Interesse, für die Bauern war er jedoch nur ein Übeltäter wie jeder andre, von dem man einmal zu leiden gehabt hat und den man später nicht wiedersieht.
Die acht an Bord der Schute verbliebenen Männer kannten dagegen untereinander alles und bildeten eine wirkliche Räuberbande. Auf ihrem Schiffe fuhren sie ununterbrochen die Donau hinauf oder hinunter. Wo sich dann Gelegenheit zu einem Nutzen versprechenden Handstreiche zeigte, hielten sie an, zogen aus der Umgegend das nötige Personal zusammen, und fuhren nach Unterbringung der Beute in ihrem schwimmenden Versteck auf der Suche nach andern Gelegenheiten zu Schandtaten weiter.
Wenn die Schute dann gefüllt war, segelten sie aufs Schwarze Meer hinaus, wo ein zu ihrer Verfügung stehender Dampfer an einem bestimmten Tage sie erwartete. Auf diesen übergeladen, wurden die gestohlenen oder sogar um den Preis eines Mordes erworbenen Schätze zu einer gewöhnlichen Schiffsfracht, die in entlegenen Ländern leicht veräußert werden konnte.
Es war nur eine Ausnahme, daß die Bande in der vergangenen Nacht in geringer Entfernung von ihrem letzten Verbrechen von sich reden gemacht hatte. Gewöhnlich beging sie einen solchen Fehler nicht, der bei häufigerer Wiederholung bei den ununterrichteten Helfern, deren sie sich in jedem Lande bediente, hätte Verdacht erwecken können. Diesmal hatte ihr Anführer aber einen besondern Grund gehabt, sich nicht zu entfernen, und wenn das auch nicht der von Karl Dragoch vermutete war, als er in Wien mit Friedrich Uhlmann sprach, so spielte die Persönlichkeit des Polizisten hierbei doch eine gewisse Rolle.
Vom Anführer der Bande, der von seinem »zweiten Offizier« Titscha begleitet war, in Wien erkannt, war seine Fährte, ohne daß er es ahnte, von einer Anzahl jener ortsangehörigen Helfer, denen man nur das Wesentlichste mitgeteilt hatte, unablässig verfolgt worden, und die Schute sollte der Jolle immer nur um einige Kilometer vorausfahren. In einem meist offnen und von Polizisten überwachten Landstrich erlitt diese Spionage natürlich häufiger eine Unterbrechung, und der Zufall hatte es gefügt, daß Karl Dragoch und sein Wirt niemals beisammen gesehen wurden. Nichts hatte daher vermuten lassen, daß die Jolle zwei Insassen trug, und folglich konnte auch der Gedanke nicht aufkommen, daß hier ein Irrtum möglich wäre.
[147] Bei Einrichtung dieser Überwachung träumte der Banditenchef von einem Meisterstreiche. Den Detektiv umzubringen? Daran dachte er, wenigstens für den Augenblick, nicht, er wollte sich seiner zunächst nur bemächtigen. Hatte er Karl Dragoch erst in der Hand, so konnte er, wenn ihm jemals eine Gefahr drohte, ihn wie seinesgleichen behandeln.
Mehrere Tage hatte sich keine Gelegenheit zu einer solchen Entführung gezeigt. Entweder hielt die Jolle des Abends zu nahe an einem bewohnten Orte oder es lag die Gefahr nahe, in ihrer Nachbarschaft auf einen der längs des Ufers verteilten Polizisten zu treffen, die ein Gewohnheitsverbrecher ja leicht als solche erkennen mußte.
Am Morgen des 29. August schienen die Verhältnisse endlich günstiger zu liegen. Das Unwetter der vorigen Nacht, das die Bande bei dem Einbruche in die Villa des Grafen Hagenau begünstigt hatte, mußte die vor oder hinter ihrem Vorgesetzten am Ufer umherstreifenden Polizisten mehr oder weniger zerstreut haben. Vielleicht war dieser jetzt allein und ohne Schutz. Das mußte benutzt werden.
Sofort nach Beladung des Wagens mit dem Raube aus der Villa war Titscha mit zwei der entschlossensten Leute abgeschickt worden. Der Leser weiß, wie sich die drei Abenteurer ihres Auftrags entledigt hatten, und wie statt des Detektivs Karl Dragoch der Pilot Serge Ladko ihr Gefangener geworden war.
Bisher hatte Titscha seinen Vorgesetzten von dem glücklichen Ausgang seiner Mission nur mit wenigen, auf der Waldblöße gewechselten Worten unterrichten können, da das Erscheinen des Polizistentrupps alles weitere verhinderte. Das sollte natürlich sobald wie möglich erfolgen, augenblicklich konnte von einer ausführlichern Berichterstattung aber keine Rede sein. Vor allem kam es jetzt ja darauf an, die zahlreichen Kolli, die auf dem Deck lagen, verschwinden zu lassen und in Sicherheit zu bringen, und damit beschäftigten sich ohne Zögern die acht, die Besatzung der Schute bildenden Leute.
Entweder getragen oder indem man sie über schiefe Ebenen hingleiten ließ, wurden die Kolli zunächst ins Innere des Fahrzeugs geschafft, was nur wenige Minuten in Anspruch nahm; dann begann deren eigentliche Verstauung. Dazu wurde aber der Fußboden des Frachtraums aufgenommen, und dadurch entstand eine gähnende Öffnung, durch die man natürlich [148] erwartet hätte, das Wasser der Donau zu sehen. Eine in diesen zweiten Raum hinuntergelassene Laterne erlaubte, darin eine Menge der verschiedensten Dinge zu sehen, die ihn schon zum Teil füllten. Noch war aber genug Platz, den Raub aus der gräflichen Villa in dem unentdeckbaren Versteck unterzubringen.
Außerordentlich pfiffig war die Schute eingerichtet, die gleichzeitig als Beförderungsmittel, als Wohnstätte und als unentdeckbares Sammelmagazin diente. Unterhalb des sichtbaren Fahrzeugs war diesem ein kleineres angefügt, dessen Deck den Fußboden des andern bildete. Dieses zweite, etwa zwei Meter tiefe Fahrzeug hatte ein solches Deplacement, daß es das erste zu tragen und einen oder zwei Fuß über der Wasserfläche zu halten vermochte. Diesem Übelstande, der die Hinterlist leicht hätte verraten können, war dadurch abgeholfen worden, daß man das untere Schiff genügend belastete, so daß es vollständig versank und die Schute oben nur soweit über das Wasser emporragte, wie es der Fall sein mußte, wenn sie leer war.
Ihr Frachtraum war aber immer leer, da die gestohlenen Gegenstände sozusagen zwischen einem Doppelboden untergebracht wurden und ein dem sonst notwendigen Ballast gleiches Gewicht ersetzten, so daß von außen an der Schute keine Lageveränderung zu sehen war.
Das Fahrzeug, das ohne Last normalerweise nur einen Fuß hätte eintauchen sollen, hatte so freilich einen Tiefgang von sieben Fuß, was die Fahrt auf der Donau oft ernstlich erschwerte und die Hilfe eines gut unterrichteten Lotsen notwendig machte. Diesen Piloten hatte die Bande in Jackel Semo, einem ebenfalls aus Rustschuk stammenden Israeliten. Viel auf dem Strome tätig hätte Jackel Semo bezüglich der Kenntnis des Fahrwassers und der Sandbänke sich vielleicht sogar mit Serge Ladko messen können. Mit sichrer Hand steuerte er die Schute durch die mit Felsen durchsetzten Stromschnellen, die man auf der Donau da und dort zu passieren hat.
Die Polizei konnte das Fahrzeug durchsuchen, soviel ihr beliebte. Sie konnte die äußere und die innere Höhe messen, ohne den kleinsten Unterschied zu finden. Sie konnte rund herum sondieren, ohne auf das Versteck unter Wasser zu treffen, das von der Seitenwand ein Stück zurücklag und so schlanke Linien hatte, daß es unmöglich war, es mit einem Senkblei zu erreichen. Alle derartigen Untersuchungen konnten nur zu dem Ergebnis [149] führen, daß die Schute leer war und ins Wasser gerade nur weit genug eintauchte, sie im Gleichgewicht zu halten.
Was die üblichen Schiffspapiere betraf, war in dieser Hinsicht ebenso peinlich vorgesorgt worden. In allen Fällen, und ob sie mit der Strömung hinab- oder gegen sie hinaussegelte, kehrte die Schute, wenn sie scheinbar Fracht suchte oder eine Ladung gelöscht hatte, allemal nach ihrem Heimatshafen zurück. Je nach Wahl oder wie es am rätlichsten erschien, gehörte sie dann bald einem Herrn Constantinesco oder einem Herrn Wenzel Meyer, beide Kaufleute, der eine in Galatz und der andre in Wien. Die mit allen amtlichen Siegeln versehenen Papiere waren scheinbar so vollständig in Ordnung, daß es niemand in den Sinn kam, ihre Echtheit zu prüfen. Wäre das geschehen, so hätte man freilich weder einen Constantinesco in Galatz noch einen Wenzel Meyer in Wien gefunden.
In Wahrheit hieß der Eigentümer des Fahrzeugs Iwan Striga.
Der Leser erinnert sich vielleicht, daß dieser Name einem der möglichst wenig empfehlenswerten Einwohner von Rustschuk zukam, dem, der nach seinem vergeblichen Widerstand gegen die Vermählung Serge Ladkos mit Natscha Gregorewitsch aus der Stadt verschwunden war. Ohne daß man etwas Bestimmtes von ihm reden hörte, durchschwirrten die Luft doch recht schlimme Gerüchte über ihn, und die öffentliche Meinung beschuldigte ihn aller erdenklichen Verbrechen.
Hier täuschte sich die öffentliche Meinung nun einmal nicht. Mit sieben andern Schandbuben seines Schlags hatte Iwan Striga eine Bande richtiger Piraten gebildet, die sich bald auf beiden Donauufern ruchbar machte.
Auf diese Weise einen leichten Weg zum Reichtum gefunden zu haben, das war ja schon etwas, sich dabei aber sicher zu stellen, war doch noch mehr. Diesen Zweck vor Augen hatte er, statt seinen Namen und sein Gesicht zu verbergen, wie es vielleicht ein gewöhnlicher Verbrecher getan hätte, es vorgezogen, seinen Opfern gegenüber nicht anonym zu bleiben. Wohl zu verstehen, war es aber nicht sein wahrer Name, den er sie erfahren ließ, nein, frecherweise nahm er dazu den Serge Ladkos an.
Sich hinter einer angenommenen Persönlichkeit zu verstecken, um den Folgen einer Untat zu entgehen, das ist ja eine ganz gewöhnliche Taktik. Striga hatte sie hier aber doch durch die kluge Wahl des Namens, den er sich beilegte, erneuert.
[150] Wenn der Name Ladko weder mehr noch weniger als andre geeignet war, eine Konfusion herbeizuführen, und folglich, außer bei einer Ergreifung auf frischer Tat, den Verdacht von dem Schuldigen abzuleiten, so hatte dieser Name für ihn doch einige Vorteile, die ihm allein eigen waren.
Zunächst war Serge Ladko keine erfundene Person. Er existierte, wenn der Gewehrschuß, der ihn bei der Abfahrt von Rustschuk begrüßte, ihn nicht niedergestreckt hatte. Obgleich Striga sich gern rühmte, seinen Feind aus dem Wege geschafft zu haben, wußte er tatsächlich darüber nichts. Darauf kam auch bei einer etwaigen Untersuchung, die in Rustschuk stattfinden mußte, nicht viel an. War Ladko tot, so würde die Polizei nicht begreifen können, wie man dazu kam, ihn zu beschuldigen; lebte er aber noch, so würde sie einen Mann mit Fleisch und Bein finden, dessen Ehrenhaftigkeit so zweifellos war, daß jede Untersuchung gewiß zunächst niedergeschlagen wurde. Dann würde man freilich nach denen suchen, die das Unglück hatten, den gleichen Namen zu tragen, ehe man aber alle die Ladkos der Erde ausgekundschaftet hatte, floß gewiß noch viel Wasser die Donau hinunter.
Wenn aber die Verdachtsgründe schließlich gar dahin führten, den Schild der Ehrbarkeit Serge Ladkos zu beflecken, so wäre das für ihn (Striga) doppelt günstig. Außer daß es einem Missetäter immer angenehm sein wird, einen andern für sich in peinlicher Lage zu wissen, mußte ihm das hier um so angenehmer sein, als er seinem Opfer ja ewige Rache geschworen hatte.
Selbst wenn diese Erwägungen nun auch nicht jeder Kritik standhielten, mußte sie die Abwesenheit Serge Ladkos, dessen patriotische Mission niemand kannte, doch logisch erscheinen lassen. Warum war der Pilot weggegangen, ohne das verlauten zu lassen? Die Ortsabteilung der Strompolizei fing bereits an, sich diese Frage zu stellen, als Karl Dragoch enthüllte, was er für die Wahrheit hielt, und jedermann weiß, daß die Polizei, wenn sie erst Fragen aufgreift, diese selten wohlwollend beantwortet.
Die Sachlage war also in ihrer dramatischen Verschlingung klar: eine lange Reihe von Verbrechen, die eine beabsichtigte Ungeschicklichkeit immer einem gewissen Ladko aus Rustschuk zuschrieb, der Pilot gleichen Namens, der infolge seiner Abwesenheit nur flüchtig, ganz flüchtig verdächtigt wurde, der Schuldige zu sein, während Hunderte von Kilometern [151] entfernt ein Ladko, auf dem der schwerste Verdacht lastete, unter der Verkleidung des Fischers Ilia Brusch aufgespürt wurde, und Striga, der nach jedem Raubzuge sich wieder einfach als Bürger hinstellte, um unbehindert die Donau zu befahren.
Um seine Sicherheit jedoch nicht zu bedrohen, war es die erste Bedingung, jede kompromittierende Spur so schnell wie möglich zu beseitigen. Deshalb wurde heute Nacht die neuerdings erlangte Beute wie gewöhnlich eiligst in das unentdeckbare Versteck geschafft. Das Geräusch des Verstauens war es gewesen, was der richtige Serge Ladko in seinem Käfig gehört hatte, der auf Kosten dieses submarinen Fahrzeugs hergestellt war und wo ihm unmöglich jemand Hilfe bringen konnte. Als das Fußbodenstück dann wieder eingesetzt war, stiegen die Leute nach dem Deck hinauf, dessen Luken verschlossen wurden. Nun konnte die Polizei getrost kommen.
Dabei war es früh drei Uhr geworden. Die von den Anstrengungen der letzten und denen der vorvergangenen Nacht erschöpfte Besatzung der Schute brauchte recht notwendig einige Ruhe; davon konnte jetzt aber keine Rede sein. Striga, dem daran lag, sich schnellstens von dem Schauplatze seines letzten Verbrechens zu entfernen, gab Befehl, gleich mit dem ersten Tagesgrauen abzufahren, ein Befehl, der ohne Murren ausgeführt wurde, da jeder das Gewicht der Gründe, die ihn diktierten, einsah.
Während die Mannschaft beschäftigt war, den Anker einzuholen und die Schute in die Strömung des Flusses zu bringen, ließ sich Striga nun berichten, wie die Expedition am Morgen verlaufen wäre.
»War ganz allein, der Bursche, erklärte Titscha. Den Dragoch wie einen Hecht beim ersten Netzauswerfen gefangen.
– Hat er euch gesehen?
– Das glaub' ich nicht; der hatte ganz andre Gedanken.
– Wehrte er sich denn nicht?
– Versucht hat er's, der Bube. Ich habe ihn bald alle machen lassen müssen, um ihn zur Ruhe zu bringen.
– Getötet hast du ihn doch nicht? fragte Striga lebhaft.
– Nein, das nicht; höchstens betäubt. Das tat ich, um ihn besser binden zu können. Ich war aber kaum damit fertig, als das Paket wieder zu atmen anfing, als säße es in Abrahams Schoß.
– Und jetzt?
[152] [155]– Jetzt befindet sich der Erzfeind im Frachtraum, natürlich im untern.
– Weiß er, wie man ihn dahin gebracht hat?
– Da müßte er doch ein gar zu großer Schlaumeier sein, antwortete Titscha, laut und widerlich lachend. Du kannst dir wohl denken, daß ich weder den Knebel noch die Binde vergessen hatte.
Die sind ihm erst abgenommen worden, als er im Käfig saß. Da kann er nun, wenn's ihn beliebt, Lieder singen und die Landschaft bewundern.«
Striga lächelte, ohne zu antworten, und Titscha fuhr fort:
»Ich habe getan, was du befohlen hast; doch wohin soll das führen?
– Wär's nicht schon genug, die ihres Chefs beraubte Polizeibrigade in Unordnung zu bringen?« antwortete Striga.
Titscha zuckte mit den Achseln.
»Man wird da einfach einen neuen Chef ernennen.
– Möglich, er ersetzt aber doch vielleicht den nicht, den wir hier in der Hand haben. Jedenfalls werden wir mit ihm reden können. Im Notfall liefern wir ihn gegen die Pässe aus, die wir brauchen werden. Es ist also wichtig, daß er am Leben bleibt.
– Ja, das ist es, gab Titscha zu.
– Hat denn einer daran gedacht, ihm etwas zu essen zu bringen?
– Zum Teufel! rief Titscha, sich hinter den Ohren krauend, das ist ganz vergessen worden. Na, zwölf Stunden zu fasten, hat noch keinem Menschen geschadet, und ich werde ihm seine Mahlzeit bringen, sobald wir in Fahrt sind... du müßtest sie ihm denn gerade selbst hinunterschaffen wollen, um zu sehen, wie's mit ihm steht.
– Nein nein, das nicht, erwiderte Striga lebhaft. Ich ziehe es vor, mich von ihm nicht sehen zu lassen. Ich kenne ihn nicht und er mich ebensowenig. Das ist ein Vorteil, den ich nicht missen möchte.
– Du könntest ja eine Larve benützen.
– Das würde bei Dragoch nicht viel nützen. Es ist für ihn gar nicht nötig, ihm das Gesicht zu zeigen. Die Größe, die Gestalt, selbst die geringste Einzelheit genügt ihm, die Leute wieder zu erkennen.
– Dann muß ich ihm ja wohl oder übel seine Ration bringen.
– Einer muß es doch übernehmen. Dragoch ist übrigens jetzt nicht gefährlich, und wenn er's einmal würde, werden wir uns zu schützen wissen.
[155] – Amen! sagte dazu Titscha.
– Augenblicklich, fuhr Striga fort, lassen wir ihn noch in seinem Käfig, doch nicht zu lange, er könnte uns sonst darin ersticken. Wenn wir morgen früh und nach meinem Weggange über Budapest hinaus sind, mag er in eine Kabine auf dem Deck geschafft werden.
– Du hast also die Absicht wegzugehen?
– Ja, antwortete Striga. Ich werde unsre Schute von Zeit zu Zeit verlassen, um am Ufer Erkundigungen einzuziehen, und zu erfahren suchen, was man über unsern letzten Streich und über das Verschwinden Dragochs denkt.
– Und wenn man dich nun festnimmt? wendete Titscha ein.
– Keine Angst! Mich kennt hier niemand, und die Strompolizei, na, die ist jetzt gelähmt. Für die andern aber werde ich eine ganz neue Identität haben.
– Welche denn?
– Ich werde als der berühmte Ilia Brusch, als der Preisträger des Donaubundes auftreten.
– Welcher Gedanke!
– O, ein vortrefflicher. Ich habe ja Ilia Bruschs Boot und borge mir nur noch seine Haut, wie es Karl Dragoch getan hat.
– Wenn man von dir aber Fische haben will?...
– Dann kaufe ich solche, um sie, wenn nötig, wie der zu verkaufen.
– Du hast doch auf alles eine Antwort.
– Sapperment, das versteht sich.«
Hiermit ging das Gespräch zu Ende. Die Schute wurde jetzt von der Strömung fortgetragen. Dazu wehte eine leichte Brise, die, wenn die Donau unterhalb Visegrad erst wieder in umgekehrter Richtung und nach Süden fließt, sehr günstig wirken mußte. Vorläufig hemmte die nördliche Brise den Lauf des Fahrzeugs, und Striga, dem daran lag, sich vom Schauplatz seiner Taten zu entfernen, ließ zwei lange Riemen einlegen, die helfen sollten, gegen den Wind aufzukommen.
Drei Stunden verstrichen, zehn Kilometer zurückzulegen und die erste Biegung des Stromes zu erreichen, und dann noch zwei weitere, über den Bogen hinauszukommen, den die Donau beschreibt, ehe sie geraden Wegs nach Süden fließt. Ein wenig oberhalb von Waitzen konnten die Riemen [156] [159]endlich eingezogen werden, und unter dem Drucke eines Segels wurde der Lauf des Schiffes wesentlich schneller.
Gegen elf Uhr kam es an Sankt Andrä vorbei, wohin die beiden Wagenführer, Kaiserlick und Vogel, sich vergangene Nacht hatten begeben wollen. Anhalten wollte Striga hier nicht; die Schute fuhr also weiter auf Budapest zu, das jetzt etwa noch fünfundzwanzig bis dreißig Kilometer entfernt war.
Je weiter man nach Süden kam, desto ernster wurde das Bild der Landschaft. Schattige grüne Inseln tauchten immer zahlreicher auf und ließen zwischen sich nur enge Kanäle die sich für Schuten nicht eigneten und nur für kleine Lustfahrzeuge ausreichten.
Von diesem Teile der Donau an wird die Schiffahrt schon recht lebhaft. Hier treten oft Hindernisse ein, denn das Strombett wird zwischen den ersten Verzweigungen der Norischen Alpen und den letzten Ausläufern der Karpathen stark eingeengt. Zuweilen kommt es auch zu Strandungen oder Zusammenstößen, wenn die Steuerleute ein geringes Versehen begehen; die Unfälle verlaufen aber meist ohne ernste Beschädigungen. Gewöhnlich beschränkt sich das Unglück auf einen Zeitverlust. Geschrei und Streitigkeiten gibt es bei solchen Kollisionen aber genug.
Die Schute, deren Kapitän Striga war, gehörte jedoch zu denen, die am besten geführt wurden. Ziemlich groß – sie maß über zweihundert Tonnen – trug ihr eigentliches Deck einen Oberbau, ein Spardeck, das am Hinterteile das Dach des Volkslogis bildete. Eine Spiere am Bug diente zum Aufhissen der Nationalflagge, und am Achter ermöglichte ein Steuer mit langem Haken es dem Piloten, das Fahrzeug in gewünschter Richtung zu halten.
Je weiter dieses hinunterkam, desto belebter wurde der Strom, wie das mit der Annäherung an große Städte ja immer der Fall ist. Leichte Dampfer oder Segelschiffe, die mit Spazierfahrern oder Touristen besetzt waren, glitten zwischen den Inseln hin. Bald verdüsterte in der Ferne der Rauch von Fabrikschloten den Horizont und verkündete die Vororte von Budapest.
Da ereignete sich ein recht seltsamer Vorfall. Auf einen Wink Strigas drang Titscha mit einem Manne aus der Besatzung in das Volkslogis auf dem Hinterteile, woraus sie bald wieder hervorkamen. Sie führten eine [159] Frau von schlanker Gestalt, deren durch einen Knebel halb verdeckte Züge man nur schwer erkennen konnte. Die Hände hinter den Rücken gebunden, ging die Frau zwischen den beiden Männern, ohne einen Widerstand zu versuchen, von dessen Nutzlosigkeit sie jedenfalls aus Erfahrung überzeugt war. Gewandt stieg sie die Leiter nach dem Frachtraume hinunter und schlüpfte dann in ein Abteil zwischen dem Doppelboden, dessen Lukendeckel sich über ihr schloß.
Nachher gingen Titscha und der andre wieder an ihre Beschäftigung, als ob nichts geschehen wäre.
Nachmittag gegen drei Uhr lief die Schute zwischen den Kais der Hauptstadt Ungarns ein, wo zur Rechten Buda, die alte türkische, und zur Linken Pest, die moderne Stadt liegt. Jener Zeit war Buda noch weit mehr als in unsern Tagen eine der alten malerischen Städte, die unter dem alles ausgleichenden Fortschritt mehr und mehr verschwinden. Pest dagegen hatte, obgleich schon ein bedeutendes Gemeinwesen, noch nicht die wunderbare Entwicklung erfahren, die es später zu einer der schönsten Metropolen des östlichen Europas erhoben hat.
An beiden Ufern, vor allem auf dem linken, reihten sich Häuser mit Bogengängen und Terrassen aneinander an, überragt von den Glockentürmen in den Strahlen der Sonne goldig erglänzender Kirchen, so daß die lange Strecke der Kais einen ebenso vornehmen wie großartigen Eindruck machte.
Die Mannschaft der Schute hatte für das entzückende Bild aber keine Augen.
Die Fahrt durch Budapest konnte für so verdächtige Leute leicht unangenehme Überraschungen bringen, und so beobachtete die Mannschaft nur den Strom selbst, auf dem sich viele Fahrzeuge kreuzten. Diese kluge Vorsicht erlaubte es auch Striga, rechtzeitig ein von vier Männern bewegtes Boot zu bemerken, das in gerader Linie auf die Schute zusteuerte. Da er es als ein Fahrzeug der Strompolizei erkannt hatte, gab er Titscha einen Wink, der sich ohne weitere Erklärung durch die Luke in den Frachtraum hinuntergleiten ließ.
Striga hatte sich nicht getäuscht. Nach wenigen Minuten lag das Boot an der Seite der Schute. Zwei Männer stiegen daraus an Bord.
»Der Schiffer? fragte einer von ihnen.
[160] – Der bin ich, meldete sich Striga, während er einen Schritt aus der Reihe seiner Genossen hervortrat.
– Euer Name?
– Iwan Striga.
– Eure Nationalität?
– Bulgare.
– Woher kommt diese Schute?
– Von Wien.
[161] – Und wohin ist sie bestimmt?
– Nach Galatz.
– Ihr Eigentümer?
– Herr Constantinesco in Galatz.
– Ist sie befrachtet?
– Nein, leer. Wir sind auf der Rückfahrt.
– Eure Papiere?
– Hier sind sie, sagte Striga, der schon dem Fragenden die verlangten Ausweise hinhielt.
– Es ist gut, antwortete dieser, sie nach genauer Durchsicht zurückgebend. Wir werden nur noch euern Frachtraum besichtigen.
– Ganz nach Belieben, sagte dazu Striga. Ich muß Ihnen aber bemerken, daß das die vierte Untersuchung ist, der wir von Wien bis hierher unterworfen worden sind. Das ist nicht gerade angenehm.«
Der Polizist lehnte mit einem Zeichen jede persönliche Verantwortlichkeit für die Vorschriften, die er zu befolgen hätte, ab und stieg ohne eine weitere Antwort in den Frachtraum hinunter. Nichts verriet ihm hier, daß unter seinen Füßen zwei Menschen schmachteten, ein Mann auf der einen und eine Frau auf der andern Seite, beide zur Ohnmacht verdammt und außerstande, um Hilfe zu flehen. Die Besichtigung konnte keine lange Zeit in Anspruch nehmen. Der Raum war völlig leer, und es bedurfte also keines Ursprungszeugnisses für etwaige Frachtstücke, was die Sache sehr vereinfachte.
Der Polizist kam wieder zutage und begab sich, ohne weitere Fragen zu stellen, in sein Boot zurück, um neue Visitationen vorzunehmen, während die Schute langsam stromabwärts glitt.
Als man die letzten Häuser Budapests hinter sich hatte, schien die Zeit gekommen, sich mit der Gefangenen im Frachtraum zu beschäftigen. Titscha und ein Begleiter begaben sich dahin, um bald wieder hervorzukommen, wobei sie dieselbe Frau mit sich führten, die erst einige Stunden früher da unten eingesperrt worden war und die man jetzt ins Volkslogis steckte. Die übrige Mannschaft schien sich um den Vorgang nicht zu bekümmern
Erst in der Nacht wurde zwischen den Marktflecken Erasin und Adony, mehr als fünfzig Kilometer unterhalb von Budapest, Halt gemacht, und am nächsten Tage brach man am frühen Morgen wieder auf. Im Laufe [162] dieses Tages, des 31. August, wurde die Fahrt mehrmals unterbrochen, weil Striga sich wiederholt von dem Fahrzeuge entfernte, wozu er sich der gestohlenen, seiner Meinung nach Karl Dragoch gehörigen Jolle bediente. Ohne sich zu verbergen, landete er an verschiednen Dörfern, deren Bewohnern gegenüber er sich für den berühmten Preisträger des Donaubundes ausgab, dessen Ruf doch auch bis zu ihnen gedrungen sein mußte, und dann knüpfte er Gespräche an, die er geschickt auf das, was ihm am meisten am Herzen lag, hinzulenken verstand.
Seine Ernte an Nachrichten fiel freilich sehr mager aus. Der Name Ilia Bruschs schien in dieser Gegend nicht allgemein bekannt zu sein. In Mohacs, Apatin, Neusatz oder Belgrad mußte das wohl anders liegen. Dahin wollte sich Striga aber nicht wagen, sondern sich darauf beschränken, Erkundigungen nur in Dörfern einzuziehen, wo die Überwachung jedenfalls nicht so streng gehandhabt wurde. Leider wußten aber die Bauern so gut wie gar nichts von dem Wettbewerb von Sigmaringen und machten Schwierigkeiten, sich ausfragen zu lassen Sie kannten übrigens Karl Dragoch noch weniger als Ilia Brusch, und Striga verschwendete an sie vergeblich alle seine diplomatischen Kniffe.
Entsprechend der Verabredung vom vorigen Tage wurde Serge Ladko während der Abwesenheit Strigas herauf und in eine kleine Kabine gebracht, deren Tür fest verriegelt wurde... vielleicht eine übertriebene Vorsichtsmaßregel, da der eng gefesselte Gefangene ja kein Glied regen konnte.
Die Tage vom 1. bis zum 6. September verliefen in völliger Ruhe. Gleichzeitig von der Strömung und von einem günstigen Winde getrieben, glitt die Schute mit der Geschwindigkeit von sechzig Kilometern in vierundzwanzig Stunden immer weiter hinunter. Sie wäre sogar noch schneller fortgekommen ohne die Verzögerungen, die sie wegen der wiederholten Ausflüge Strigas erlitt.
Während dessen Exkursionen hinsichtlich der Gewinnung spezieller Auskünfte immer ziemlich unfruchtbar blieben, hatte er wenigstens, unter Aufbietung aller seiner professionellen Talente, eines Tages einen Erfolg, die erhaltenen Auskünfte in andrer Beziehung auszunützen.
Das geschah am 5. September. An diesem Tage ankerte das Schiff vor einem kleinen Flecken Namens Szuszek, wo Striga wieder einmal ans Land ging. Der Abend war schon vorgeschritten. Da die Bauern, die[163] gewöhnlich mit der Sonne zu Bett gehen, sich bereits in ihre Wohnungen zurückgezogen hatten, ging er ganz allein dahin, als er ein recht behäbig aussehendes Haus erreichte, dessen Besitzer im Vertrauen auf die allgemeine Ehrlichkeit die Tür offen gelassen hatte und wahrscheinlich in die Nachbarschaft gegangen war.
Ohne Zögern schlich sich Striga in das Haus hinein, das einen Laden enthielt, an den sich eine kleine Schreibstube anschloß. Aus einer Schublade die Tageskasse zu stehlen, dazu genügte ein Augenblick. Nicht zufrieden mit diesem geringfügigen Raube, entdeckte er noch im Innern eines Schrankes, den er leicht aufbrechen konnte, einen prall gefüllten Sack, der schon beim Herausnehmen einen metallischen Klang vernehmen ließ.
Mit seiner Beute beeilte sich Striga nun, seine Schute wieder zu erreichen, die, als der Tag anbrach, schon weit von hier weg war.
Das war das einzige kleine Abenteuer der Reise.
An Bord hatte Striga ganz andres zu tun. Von Zeit zu Zeit verschwand er im Volkslogis und begab sich hier in eine Kabine, die der, wohin man Serge Ladko gebracht hatte, gegenüber lag. Manchmal dauerte ein solcher Besuch nur einige Minuten, manchmal zog er sich auch länger hin. Im zweiten Falle war es nicht selten, daß bis zum Deck hin ein heftig geführtes Gespräch hörbar wurde, wobei man die Stimme einer Frau unterscheiden konnte, die einem wütenden Manne mit aller Ruhe antwortete. Das Ende blieb dann immer dasselbe: die Mannschaft verhielt sich gleichgültig, während Striga wutschnaubend herausstürzte und sich beeilte, zur Beruhigung seiner Nerven das Fahrzeug zu verlassen.
Seine Erkundigungen betrieb er meist auf dem rechten Ufer. Auf dem linken, jenseits dessen sich die große Pußta unabsehbar ausdehnt, lagen nur wenige Weiler und Dörfer.
Die Pußta bildet die bedeutendste ungarische Ebene, die in mehreren hundert Kilometer Entfernung von dem transsylvanischen Gebirgszug begrenzt wird. Die hier vorhandenen Eisenbahnen durchschneiden eine ungeheure Strecke verlassenen Landes, umfänglicher Weiden und großer Sumpfgebiete, wo es von Wasservögeln wimmelt. Diese Pußta ist der reichlich gedeckte Tisch für unzählige Vierfüßler, für die Tausende und Abertausende von Wiederkäuern, die den Reichtum Ungarns bilden. Klee- oder Maisfelder finden sich dagegen selten.
[164] Die Breite des Stromes ist hier nun sehr beträchtlich, und zahlreiche Inseln und Eilande zerteilen seinen Lauf. Manche Inseln sind von sehr ansehnlichem Umfange und lassen auf jeder Seite eine Wasserstraße übrig, in der die Strömung eine große Schnelligkeit annimmt.
Fruchtbar sind diese Inseln nicht. Darauf stehen nur Birken, Espen und Weiden mitten in dem durch häufige Überschwemmungen abgelagerten Schlick. Daneben wird nur reichlich Heu geerntet, das schwer beladne Boote den Gehöften oder Weilern am Ufer zuführen.
Am 6. September ging die Schute mit Anbruch der Nacht vor Anker. Striga war eben abwesend. Er hatte weder Neusatz, noch das diesem gegenüberliegende Peterwardein zu betreten gewagt, da er sich in den beiden nicht unbedeutenden Städten für zu gefährdet hielt, sondern war nur ans Land gegangen, um im Flecken Karlowitz, der gegen zwanzig Kilometer weiter unten liegt, seine Nachforschungen fortzusetzen. Auf seinen Befehl hatte die Schute erst zwei bis drei Kilometer stromabwärts Halt gemacht, wo er sie mit Hilfe der Strömung wieder einzuholen gedachte.
Gegen neun Uhr am Abend war er von ihr nicht mehr weit entfernt. Besondere Eile hatte er ja nicht. So ließ er sich, in freundliche Gedanken versunken, von der Strömung hinabtragen. Sein Verhalten hatte sich bewährt. Niemandem war er verdächtig erschienen und keiner hatte seinen Fragen gegenüber Schwierigkeiten gemacht. Erfahren hatte er dabei übrigens herzlich wenig. Die allgemeine Unkenntnis, die schon an völlige Gleichgültigkeit streifte, war ihm mehr ein günstiges Zeichen. In dieser Gegend hatte man offenbar nur sehr wenig und nichts Bestimmtes über die Raubgesellen der Donau gehört und wußte nicht das Geringste von dem Verschwinden Karl Dragochs, das also auch keine Beunruhigung erregen konnte.
Anderseits schien die Aufsicht der Polizei, ob wegen der armseligen hiesigen Gegend oder weil diese ihren Chef verloren hatte, stark vermindert zu sein. Seit mehreren Tagen schon hatte Striga keinen Menschen gesehen, der etwas von einem Polizisten an sich gehabt hätte, und niemand sprach hier von der zwei- oder dreihundert Kilometer weiter oben so streng durchgeführten Überwachung des Stromes.
Alles sprach also dafür, daß die Schute glücklich das Ziel ihrer Fahrt, d. h. das Schwarze Meer, erreichen würde, wo ihre Ladung an Bord des bestimmten Dampfers übergeführt werden sollte. Morgen würde[165] man jenseits Semlins und Belgrads sein. Dann mußte es genügen, sich am rechten Ufer zu halten, um gegen jede schlimme Überraschung geschützt zu sein. In Serbien ging ja infolge des Krieges mit der Türkei sozusagen alles drunter und drüber, und es war kaum anzunehmen, daß die Behörden am Strome ihre Zeit damit verschwenden würden, eine leere, stromabwärts segelnde Schute eingehender durchsuchen zu wollen.
Vielleicht war das überdies die letzte Fahrt Strigas. Vielleicht zog er sich als reicher, geachteter und... glücklicher Mann zurück, das hoffte er wenigstens noch immer, wenn er an die Gefangne auf der Schute dachte.
Damit beschäftigte er sich, als seine Augen auf mehrere Kasten fielen, die Karl Dragoch und dessen Wirt solange als Lagerstatt gedient hatten, und sofort kam ihm der Gedanke, daß er während seines achttägigen Besitzes der Jolle noch gar nicht daran gedacht hatte, deren Inhalt zu untersuchen. Es war jetzt hohe Zeit, diese unbegreifliche Nachlässigkeit zu verbessern.
Zuerst nahm er einen Kasten an Steuerbord vor, den er im Handumdrehen erbrach. Darin fand er nur wohlgeordnete Stöße von Wäsche und Kleidungsstücken. Damit wollte Striga nichts zu tun haben, und so schloß er den Kasten und öffnete einen zweiten.
Dessen Inhalt unterschied sich nicht besonders von dem des ersten, und Striga wollte enttäuscht schon auf seine Durchsuchung verzichten, als er in einer Ecke einen ihn mehr interessierenden Gegenstand entdeckte. Wenn er aus den Bekleidungsartikeln nichts erfahren konnte, würde es mit dieser großen Brieftasche, die jedenfalls Papiere enthielt, doch wohl anders liegen. Obgleich Papier stumm ist, kommt in gewissen Fällen doch nichts seiner Beredsamkeit gleich.
Striga öffnete die Brieftasche und entsprechend seiner Erwartung fand er darin verschiedne Schriftstücke, die er aufmerksam durchmusterte. Da waren Quittungen und mehrere Briefe, alle auf den Namen Ilia Brusch lautend, dann aber hafteten seine Augen, die sich vor Verwunderung weiter öffneten, auf dem Porträt, das früher schon Verdacht bei Karl Dragoch erregt hatte.
Zunächst war sich Striga nicht klar. Daß sich in der Jolle nur für Ilia Brusch bestimmte Papiere vorfanden, kein einziges aber, das den Namen des Polizisten trug, war doch einigermaßen auffallend. Vielleicht erklärte sich das aber auf höchst natürliche Weise. Karl Dragoch konnte [166] ja, statt den Doppelgänger des Preisträgers des Donaubundes zu spielen, wie Striga bisher geglaubt hatte, mit dem Fischer übereingekommen sein, allein an dessen Stelle zu treten, und dann mochte er im Einverständnis mit dem wirklichen Ilia Brusch, um im Notfalle seine Identität nachweisen zu können, auch dessen Papiere übernommen haben. Warum aber der Name Ladko, dieser Name, unter dem Striga mit teuflischer List bei seinen Verbrechen auftrat? Und wie kam hierher das Bild jener Frau, auf deren Besitz er trotz vielfacher strenger Abweisungen noch immer nicht verzichtet hatte? Wer war nun der Eigentümer der Jolle, der hier ein so persönlich gewidmetes Bild besaß? Wem gehörte sie wirklich: Karl Dragoch, Ilia Brusch oder Serge Ladko, und welchen von diesen drei Männern, von denen ihn zwei ganz besonders interessierten, schleppte er hier als Gefangenen mit sich fort? Den letztgenannten behauptete er ja getötet zu haben mit dem Gewehrschüsse, der einen von zwei Männern zu Boden gestreckt hatte, als diese aus Rustschuk über die Donau hin entwichen. Wenn er da wirklich schlecht gezielt hätte, würde er schon besser zielen, wenn er statt des Polizisten den Piloten in seiner Gewalt hatte, den er dann gewiß nicht verfehlte. An dem konnte ihm ja als Geisel nichts gelegen sein. Einen Stein an den Hals, das genügte, und, befreit von einem tödlichen Feinde, hätte er damit gleichzeitig das wichtigste Hindernis beseitigt, daß sich seinen mit ungeschwächtem Trotze verfolgten Plänen entgegenstellte.
Ungeduldig, hierüber Gewißheit zu erhalten, hatte Striga, der das entdeckte Bild bei sich behielt, ein Ruder ergriffen und die Jolle schneller fortgetrieben.
Bald tauchte die Masse der Schute in der Finsternis auf. Er legte daran schnell an, sprang auf das Deck und begab sich, den Türschlüssel in der Hand, nach der gegenüberliegenden Kabine von der, die er gewöhnlich aufzusuchen pflegte.
Ladko hatte weniger als sein Kerkermeister die Wahl zwischen verschiedenen Erklärungen seines Abenteuers. Ihm erschien dieses Geheimnis immer so unenträtselbar wie bisher, und er hatte darauf verzichtet, den Gründen nachzuforschen, warum man ihn hier eingesperrt hielt.
Als er aus fieberhaftem Traume auf dem Fußboden seines Käfigs erwachte, war seine erste Empfindung die des Hungers. Schon waren [167] vierundzwanzig Stunden seit seiner letzten Mahlzeit verflossen, und die Natur fordert allemal ihre Rechte, was uns auch zugestoßen sein oder erregt haben mag.
Erst faßte er sich in Geduld, bald wurde der Hunger aber quälender und er verlor die schöne Ruhe, die er sich bisher bewahrt hatte. Wollte man ihn hier an Nahrungsmangel zugrundegehen lassen? Da rief er laut; niemand antwortete,... noch lauter, derselbe Erfolg, endlich hatte er sich ganz heiser geschrien, ohne damit etwas zu erreichen.
Vor Verzweiflung außer sich, versuchte er seine Fesseln zu sprengen. Die waren aber fest, und vergeblich wälzte er sich auf dem Boden umher, um unter Anspannung aller Muskeln seine Stricke zu zerreißen.
Bei einer dieser krampfhaften Bewegungen stieß er mit dem Gesicht an etwas, das neben ihm lag. Not schärft die Sinne. Serge Ladko erkannte in dem Funde sogleich ein Stück Brot und Speck, die man ihm jedenfalls während seines Schlafes gebracht hatte.
In seiner Lage war es freilich nicht leicht, sich diese Aufmerksamkeit seiner Häscher zunutze zu machen. Die Not macht aber auch erfinderisch, und nach mehreren vergeblichen Versuchen gelang es ihm, ohne Hilfe der Hände etwas zu essen.
Nach Stillung seines Hungers verliefen die Stunden langsam und eintönig weiter. Bei der herrschenden Stille schlug etwas wie Murmeln oder Rascheln vom Winde bewegter Blätter ihm ans Ohr. Das Fahrzeug, das ihn trug, bewegte sich offenbar und durchschnitt wie ein Keil die Wellen des Flusses.
Er wußte nicht, wie viele Stunden verstrichen waren, als ein Deckel über ihm aufgeschlagen und eine Ration Nahrungsmittel, gleich der, die er nach seinem ersten Schlafe vorgefunden hatte, an einer Schnur durch die Öffnung herabgelassen wurde, durch die gleichzeitig ein schwacher Lichtschein bis zu ihm herunterdrang.
Wiederum vergingen zwei Stunden, dann öffnete sich der Deckel von neuem. Ein Mann stieg herunter, näherte sich dem regungslosen Körper, und Serge Ladko fühlte zum zweitenmal, daß man ihm den Mund mit einer breiten Binde fest verschloß. Fürchteten die andern etwa sein Geschrei und daß ihm dadurch Hilfe kommen könnte? Jedenfalls, denn der Mann war kaum wieder hinaufgestiegen, als er über sich hin- und hergehen hörte.
[168] Er wollte rufen... kein Laut kam über seine Lippen. Das Geräusch der Schritte hörte auf.
Die erhoffte Hilfe mußte schon weit sein, denn kurz darauf kam wieder einer zu ihm, der ihm ohne weitere Erklärung die seinen Mund verschließende Binde wieder abnahm. Wenn man ihm jetzt gestattete, zu rufen, konnte das jedenfalls keine Gefahr mehr bringen; doch wozu hätte es genützt?
Nach der dritten den frühern ganz gleichen Mahlzeit, mußte er länger warten Gewiß war es schon Nacht. Serge Ladko berechnete, daß seine Gefangenschaft jetzt etwa achtundvierzig Stunden währte, als der Deckel sich wiederum öffnete und eine eiserne Leiter heruntergelassen wurde, über die vier Männer in seinen Käfig hinabstiegen.
Serge Ladko hatte keine Zeit, die Züge dieser Männer zu erkennen. Schnell wurde ihm wieder ein Knebel auf den Mund und eine Binde über die Augen gelegt, und so, zum blinden und stummen Pakete verwandelt, wurde er wie das erste Mal von Hand zu Hand weitergegeben.
An den Stößen, die er empfing, erkannte er die enge Öffnung, durch die er, nur in umgekehrter Richtung, schon einmal geschafft worden war. Die Leiter, die ihm so viele Schmerzen verursacht hatte, war dieselbe, und er litt davon ebenso, als man ihn jetzt hinaufhißte. Dann folgte eine kurze wagerechte Strecke, und endlich fühlte er, wie ein Ballen auf den Boden geworfen, daß er wie vorher von Knebel und Binde befreit wurde. Kaum hatte er aber die Augen geöffnet, als eine Tür krachend zuschlug.
Serge Ladko blickte umher. Wenn er auch nur sein Gefängnis vertauschen sollte, war das jetzige doch weit erträglicher als das frühere. Durch ein kleines Fenster strömte Licht herein, wobei er sehen konnte, daß seine Ration neben ihm lag, die er früher nur tastend suchen mußte. Das Licht der Sonne machte ihm neuen Mut, so daß ihm seine Lage weniger trostlos erschien. Hinter diesem Fenster wohnte die Freiheit... die galt es nun zu erringen.
Lange verzweifelte er, ein Mittel dazu zu finden. Endlich, als er sich zum tausendstenmale in seiner Kabine umsah, entdeckte er nahe der Wand eine vom Fußboden bis zur Decke reichende dünne Eisenplatte, die wahrscheinlich im Fall des Bedarfs zur Verbindung der Bohlen der Bordwand dienen sollte. Die Eisenplatte stand von der Wand etwas ab, und wenn sie auch keine schneidende Kante zeigte, war es doch vielleicht möglich, sie [169] zum Durchscheuern, wenn auch nicht gerade zum Zerschneiden seiner Armfesseln zu benutzen. So schwierig das auch erschien, den Versuch mußte er doch unternehmen.
Nachdem es ihm mit vieler Mühe gelungen war, bis zu dem Eisenstück hinzukriechen, begann Serge Ladko sofort, daran mit dem Stricke zu reiben, der um die Handgelenke geschlungen war. Die fast vollständige Unbeweglichkeit infolge seiner Fesselung machte diese Arbeit freilich sehr schwierig, und da er die Hin- und Herbewegung der Arme nur durch einander ablösende Zusammenziehungen des ganzen Körpers ermöglichen konnte, blieb der Erfolg recht beschränkt. Außer daß seine Arbeit so nur langsam fortschritt, war sie auch höchst anstrengend, und alle fünf Minuten mußte der Pilot dabei ausruhen.
Zweimal täglich, zur Zeit seiner Mahlzeiten mußte er sie überhaupt unterbrechen. Es war immer derselbe Bursche, der ihm seine Nahrung brachte, und obwohl dieser sein Gesicht hinter einer Leinwandlarve verbarg, erkannte ihn Serge Ladko doch leicht wieder an seinen schon ergrauten Haaren und an der auffallenden Breite seiner Schultern. Obgleich er aber dessen Gesicht nicht sehen konnte, machte ihm die Gesamterscheinung des Mannes doch den Eindruck, als ob er ihm nicht unbekannt wäre. Dafür sprach – wenn auch nicht mit voller Sicherheit – seine mächtige Gestalt, sein schwerer Schritt und das halbergraute Haupthaar, das neben der Larve hervorquoll.
Seine Ration empfing er immer zu bestimmter Stunde, außer dieser Zeit betrat niemand sein Gefängnis. Nichts hätte auch die Stille ringsum gestört, wenn er nicht dann und wann gehört hätte, daß eine ihm gegenüber gelegene Tür geöffnet wurde. Dann drangen fast stets zwei Stimmen, die eines Mannes und die einer Frau, zu ihm herüber. Serge Ladko horchte gespannt, und seine Arbeit unterbrechend bemühte er sich, diese Stimmen zu unterscheiden, die in ihm unbestimmte tiefe Gefühle wachriefen.
Abgesehen von solchen Zwischenfällen, aß der Gefangene zunächst, sobald ihn sein Kerkermeister verlassen hatte, und ging dann wieder eifrig an seine Arbeit.
Fünf Tage waren schon vergangen, seit er damit begonnen hatte, und er fragte sich noch immer, ob er denn dabei Fortschritte machte oder nicht, als gegen Abend am 6. September der Strick, der seine Hände fesselte, [170] plötzlich zerriß. Der Pilot mußte einen Freudenschrei unterdrücken, der ihm zu entfliehen drohte. Da ging seine Tür auf. Derselbe Mann erschien, der jeden Tag seine Zelle betrat und die gewohnte Ration neben ihn hinsetzte.
Sobald er sich wieder allein befand, wollte Serge Ladko die befreiten Arme bewegen, das war ihm aber zunächst unmöglich. Eine ganze lange Woche unbewegbar zusammengeschnürt, waren seine Arme und Hände wie gelähmt. Allmählich gewannen sie jedoch die Beweglichkeit in immer zunehmendem Grade wieder. Nach einer Stunde gelangen ihm schon einige – anfangs ziemlich ungeschickte – Bewegungen und Versuche, nun auch seine Beine freizumachen.
Endlich war er frei oder hatte wenigstens den ersten Schritt zur Freiheit getan. Der zweite würde sein, durch das Fenster, das er jetzt mit den Händen erreichen konnte, zu entkommen. Durch dieses sah er die Donau, wenn auch nicht deren jetzt im Dunkeln liegendes Ufer. Die Umstände waren günstig Draußen herrschte die tiefste Finsternis. Das müßte ein Schlaukopf sein, der ihn in der mondeslosen Nacht, wo man keine zehn Schritt weit sehen konnte, wieder einfinge. Übrigens würde ja vor dem nächsten Morgen niemand in seine Zelle kommen, und wenn man dann seine Entweichung entdeckte, konnte er schon weit fort sein.
Eine ernste Schwierigkeit, noch mehr, eine materielle Unmöglichkeit, hielt ihn beim ersten Versuche zurück. Groß genug für einen schmiegsamen schlanken Jüngling, war das Fenster doch zu klein, einen erwachsenen und so stark gebauten Mann wie Serge Ladko hindurchzulassen. Nach vergeblicher Anstrengung mußte dieser erkennen, daß das Hindernis unüberwindbar sei, und so ließ er sich keuchend in sein Gefängnis zurückgleiten.
Wäre er also verurteilt, daraus nicht zu entkommen? Längere Zeit starrte er auf das dunkle Viereck des unerbittlichen Fensters, dann entledigte er sich, zu einem neuen Versuche entschlossen, seiner Kleidung und zwängte sich in die gähnende Öffnung, durch die er sich, koste es was es wolle, hindurchdrängen wollte.
Bald blutig verletzt und mit knackenden Knochen brachte er doch erst eine Schulter, dann einen Arm hindurch, blieb aber mit der linken Hüfte an der Fensterbekleidung eingeklemmt, und ebenso mit dem rechten Arm, so daß jede weitere Anstrengung nutzlos erschien.
[171] Ladko, von dem ein Teil des Körpers frei hinaus und über dem Wasser hing, während seine Seiten durch die Reibung abgeschürft waren, fand diese Lage bald unerträglich. Da eine Flucht auf diese Weise unmöglich erschien, mußte er auf andre Mittel sinnen. Vielleicht gelang es ihm, die eine Fensterwange herauszureißen und damit die unpassierbare Öffnung zu erweitern.
Dann mußte er aber erst in sein Gefängnis zurückgleiten; Ladko sah jedoch bald ein, daß das unmöglich wäre. Er konnte jetzt weder vorwärts noch rückwärts, und, ohne um Hilfe zu rufen, schien er unabänderlich verurteilt, in dieser grausamen Lage auszuharren.
Vergeblich wand er sich hin und her... alles vergeblich. Durch sein ungestümes Vorwärtsdringen hatte er sich in der eignen Falle gefangen.
Ladko schöpfte eben etwas Atem, als ein ungewohntes Geräusch ihn erzittern machte. Hier nahte gewiß eine neue und drohende Gefahr. Was während seiner Gefangenschaft zu dieser Stunde noch niemals geschehen war: es kam jemand an seine Tür. Tastend suchte eine Hand das Schlüsselloch und fand dieses endlich.
Durch die Verzweiflung angespornt, spannte der Pilot alle Muskeln zu einer übermenschlichen Anstrengung an.
Draußen drehte sich der Schlüssel im Schlosse, womit der Riegel zurückschnappte... dann erfolgte eine zweite Umdrehung...