Fünftes Kapitel
Ein Beitrag zu den Kalenderprophezeiungen
Ich war auf einige Tage nach der nächsten Stadt geritten, teils um Geschäfte zu besorgen, teils um einige Bekannten und Freunde zu besuchen.
Als ich noch einmal durch die Stadt spazieren ging, bemerkte [152] ich einige seltsame Veränderungen, die mir schon so oft aufgestoßen sind, daß ich es nicht unterlassen kann, hier meine Bemerkungen darüber mitzuteilen.
Es gibt wunderbare Tage im Jahre, Tage, die so seltsam sind, daß sie gewiß schon vielen meinen Lesern aufgefallen sind, wenn sie gleich nicht so wie ich, ihre Aufmerksamkeit darauf gerichtet haben. Ich möchte diese kuriosen Tage mit einem Worte die unruhigen Tage nennen, denn das ist das Hauptsächlichste, was an ihnen merkwürdig ist.
Ein solcher Tag kündigt sich gleich durch ein seltsames Wetter an: die Sonne geht auf eine eigene Art auf, wie man es sonst nicht an ihr gewohnt ist, die Wolken ziehn tief, der Wind bläst aus allen Weltgegenden; es fallen mehrere Ziegel vom Dache. Ich habe gleich ein besonderes Gefühl, an dem ich weiß, ob ein solcher Tag ein unruhiger werden wird, oder nicht. – Der Sonnenschein sieht an einem solchen Tage ganz anders aus, als gewöhnlich, und geht oft weg und kömmt schnell wieder. – Schon am frühen Morgen zanken sich die Leute aus den Fenstern über die Straße hinüber; man wirft sich hundert Sachen vor, die man bis auf diesen Tag verschwiegen hatte, und es hebt sich nun eine hartnäckige Feindschaft an. – Wenn es erst höher am Tage wird sind die Leute weit früher betrunken, als sonst; in den einsamsten Straßen begegnen sich Wagen und versperren einander den Weg die Fuhrleute schlagen sich; ein Wagen wird umgeworfen; die Personen darinnen rufen um Hülfe; hülfreiche Menschenfreunde erheben ein gewaltiges Geschrei und tun nichts.
Gegen Mittag liegen in den Hauptstraßen Aufwärterinnen mit dem Mittagsessen; gutgekleidete Leute werden nach der Wache gebracht; alle Kreditoren bekommen Lust, ihre Schulden einzufordern; man hört von Leuten, die plötzlich davongelaufen sind; wunderbare Lügen breiten sich aus, und alles ist in einer Art von Revolution.
Ich hüte mich an solchen Tagen sehr vor Händeln, denn jedermann ist dazu aufgelegt. Ich bin überzeugt, daß wichtige Begebenheiten an einem solchen Tage freiwillig ihren Anfang suchen. Ich gehe daher allen Menschen aus dem Wege.
An einem solchen Tage ritt ich aus der Stadt, um mein Dorf noch zu erreichen, denn allenthalben sah ich, wie der Tag auf die auffallendste Weise unruhig war. – Es ist, als wenn die träge langsame Zeit zuweilen Lust bekäme sich schneller aus der Stelle zu bewegen; sie nimmt dann einen frischen Ansatz, und alle Gegenstände, an diese Raschheit nicht gewöhnt, fallen dann durch- und [153] übereinander. Es ist gleichsam ein unsichtbares Erdbeben, das durch die lebendige und leblose Natur fortzittert.
Es war Nachmittag, als ich die Stadt verließ, und das schönste Wetter von der Welt. Am ganzen Horizonte war keine Wolke; ich freute mich schon im voraus auf den schönen Abend und auf die stille, feiernde Ruhe der Natur.
Es war wirklich durch den grünen Wald eine sehr angenehme Reise; die frische Kühle, der Sonnenschein, der durch die Zweige schimmerte, der Gesang der Vögel und der Duft der Kräuter und Bäume, alles versetzte mich in eine recht poetische Stimmung, und ich vergaß ganz, daß dieser Tag ein unruhiger Tag sein müsse; oder wenn ich daran gedacht hätte, so würde ich gewiß in dieser Stimmung den Glauben daran für eine Narrheit gehalten haben.
Wenn man aus dem Walde kömmt, so hat man anderthalb Meilen zu reiten, ehe man wieder ein Gebüsch, oder ein Dorf antrifft; ein freies, schönes Feld zeigt sich dann dem Blicke, in der Ferne die blauen Gebirge, die still und erhaben die Aussicht beschließen.
Kaum war ich aus dem Walde gekommen, so sah ich einige Wolken heraufziehen, und es war, als wenn ich es fernab im Gebirge donnern hörte. Aber ich ritt langsam weiter, weil dies im Sommer nichts Ungewöhnliches ist und das Wetter dennoch schön bleibt. Es währte nicht lange, so hörte ich den Donner vernehmlicher; es kam mir auch ein stärkerer Wind entgegen.
Ich fing an, mißtrauischer zu werden, und mein Roß zu spornen Aber kaum war ich eine Viertelstunde geritten, als der ganze Himmel schon schwarz bezogen war; die Sonne entfloh und ein feuchter Wind zog langsam über das Feld.
Es verändert sich wirklich in der Welt nichts so schnell, als das Wetter, und es ist oft unbegreiflich, wo plötzlich die Heereszüge von Wolken herkommen. –
Der Regen stürzte nun herunter; der Blitz zuckte durch die schwarzen Wolken, und der Donner rollte laut über meinem Kopf weg. Mein Pferd ward scheu, und der Regen war mir selbst außerordentlich unangenehm. Kein Baum war in der Nähe, kein Dorf zu erreichen; der Regen fiel immer dichter, und der Donner ward immer lauter und häufiger. Stillestehn konnte ich nicht denn der Regen konnte bis in die Nacht fortdauern; ritt ich aber weiter, so wurde mir Gesicht und Augen mit Strömen von Regen überschüttet, die mir der Wind entgegentrieb.
Jetzt sah ich ein, daß dieser Tag, trotz seiner anscheinenden [154] Freundlichkeit, seinen boshaften Charakter nicht ablegen konnte. – Unwillig ritt ich weiter, und es war nun noch ein Vorteil mehr, daß das nasse Wetter die Wege schlüpfrig und uneben machte.
In den unangenehmsten Situationen aber findet sich die Geduld von selbst; sie ist dann keine Tugend mehr, sondern man ist nur aus Bequemlichkeit geduldig. Ich war froh, wenn mein Pferd nicht fiel, wenn der Blitz nicht dicht neben mir einschlug; jede ungeduldige Gebärde hätte nur meine Gefahr vermehrt und am Ende fiel mir ein, daß das arme Pferd im Grunde noch übler daran sei, als ich selbst.
»Warum ist unser Körper so eingerichtet, daß der Regen eine unangenehme Wirkung auf ihn macht?« so sagt ich zu mir selbst, um mir nur die Zeit zu verkürzen. »Warum muß eine ganze Wolkenmasse auf mich armes zerbrechliches Wesen herunterstürzen? Schnupfen, Kopfweh, Husten, Erkältung, fliegen jetzt wie Harpyien in der Luft umher, und machen mich zu ihrer Beute. Es ist möglich, daß mein Pferd fällt, und ich mit einem zerbrochenen Fuße in diesem Wetter hier liegen muß; der Blitz kann mich treffen und mich lähmen, oder mir den wenigen Verstand gänzlich neh men, den ich etwa noch habe. Es ist möglich, daß mein Kopf elektrisch wird, und die Elektrizität aus der Luft an sich zieht. – O Himmel! wie viele Gefahren und Schmerzen lauern rund um den armen kleinen Menschen, der nichts Böses im Sinne hat, sondern auf seinem Pferde nur nach Hause reiten will, um einen Eierkuchen zu verzehren. – O wäre doch erst die Sonne herunter, und dieser unruhige Tag zu Ende!« –
Jetzt ging alles gut, denn ich hatte mich in ein recht schönes Mitleid mit mir selbst hineingeklagt. Es war mir eine Art von Freude, daß die Regengüsse sich noch immer nicht verminderten, daß ich vor Kälte schon ganz erstarrt war. – Bewahre der Himmel, daß ich je auf die menschliche Eitelkeit schimpfen sollte! Sie ist das schönste Geschenk des Himmels, das diesen armen reduzierten und invaliden Engeln, den Menschen, zuteil ward; sie ist ein Ordenshand, das jeder immer, in Leiden und Widerwärtigkeiten, so wie Yoricks armer Pastetenbäcker vorn im Knopfloche trägt: wenn ihn alles verläßt, so blickt er auf dieses Zeichen, und er ist getröstet. Man suche ihm nicht dies Andenken aus einer bessern Existenz zu rauben, denn dadurch macht man den Armen erst wirklich arm, und den Elenden elend.
Nach und nach ward ich so verdrüßlich, daß ich die Schritte des Weges zählte; denn man mag noch so geistreich und delikat [155] mit sich selber umgehen, so verliert sich doch bald in einer solchen Lage die gute Lebensart, und man gesteht es sich, daß man ennuyant ist.
Endlich kam ich in dem Dorfe an; in der Schenke hörte ich ein großes Lärmen, denn es war gerade auf dem Lande ein Feiertag. Ich ließ mein Pferd in den Stall ziehn, und trat in die Wirtsstube.
Alle Anwesenden, selbst der Wirt nicht ausgeschlossen, hatten ziemlich viel getrunken. Man disputierte über Sachen, und wußte selbst nicht worüber; der Wirt strich mit einem grünen Kamisol umher, und füllte bald die Gläser von neuem, bald machte er sich unter die Disputierenden, bald mokierte er sich gegen einen andern über die Hauptstreiter, als über betrunkene Dummköpfe, die selbst nicht wüßten, was sie redeten.
Ich ließ mir etwas zu essen und zu trinken bringen, um dadurch nur ein Recht zu haben, in der Stube zu bleiben, bis der Regen aufhörte.
»Recht will ich haben!« rief ein kleiner brauner Kerl sehr heftig, und schlug dabei auf den Tisch – »und recht, siehst du, hab ich, und weiter braucht's nix!« –
Sein Gegner war ein langer Mann, der still auf seinem Schemel sitzen blieb, um seine Betrunkenheit nicht zu verraten. Seine Augen waren klein, und er drückte sie noch mehr zu, um recht listig auszusehn. – »Nein, Nachbar Kasper«, sagte er gesetzt und nachdrücklich, »Ihr seid ein guter Mann, aber Ihr habt getrunken, und wißt nun nicht, was Ihr redet.«
»Ich, getrunken?« fing jener an: »ich habe nichts getrunken, aber nun will ich erst trinken. – Ein Glas, Herr Wirt! dem langen Peter da zum Possen! – Ich kann trinken, so viel ich will, wenn ich bezahle, denn hier ist's Wirtshaus, und weiter braucht's nix!«
Wirt: Aber mit Maß, Kasper.
Kasper: Mit Maß oder ohne Maß, hier ist Geldund weiter braucht's nix!
Peter: Ei, es braucht noch viel mehr, Nachbar. – Verstand, Verstand muß man haben.
Kasper: Ich bin hier für mein Geld im Wirtshause, und solange ich Geld habe, habe ich auch Verstand, sieht Er, und weiter braucht's nix!
Diesen letzten Satz sprach er immer mit einem ganz besondern Nachdruck aus, denn er war seinquod erat demonstrandum. – Sein langer Gegner sah immer auf mich, und suchte mich durch Blicke auf seine Seite zu ziehn; als er sah, daß ich [156] lachte, zuckte er über seinen Nachbar spöttisch die Schultern, und schüttelte mit dem Kopfe.
»Der Herr da«, fing er endlich an, »sieht auch ein, daß du ein Narr bist.«
»Das ist nicht wahr!« rief Kasper hitzig; »er lacht über deine Dummheit, daß du nix einsehn tust, daß du keine Vernunft annimmst. – Hier, Herr! sagen Sie mal; er hat unrecht, nicht wahr? Unrecht hat er, und weiter braucht's nix!«
»Laß den Herrn gehn«, rief der Wirt, »oder du mußt aus der Stube.«
»Laß Er ihn doch«, sagte ich, »er tut mir ja nicht zu nahe.«
»Nun, wenn Sie an Besoffenen Gefallen finden, in Gottes Namen!« brummte der Wirt.
Peter: Der Herr da wird schön bei sich über solchen besoffenen Esel spotten.
Kasper: Der Herr da soll mal sagen, ob ich besoffen bin. – Ha! – Kann ein Besoffener reden, wie ich? Ein Besoffener schnappt mit der Zunge über, so wie Gevatter Peter da. – Nicht wahr, Herr? aber den Verstand geradeaus, so sag ich und weiter braucht's nix!
Peter: Wer hat recht, mein Herr?
Ich: Wie kann ich das entscheiden? ich kenne ja die Ursach des Streits nicht.
Kasper: Daß er unrecht hat, davon ist die Rede!
Peter: Daß er keinen Verstand hat, ist meine Meinung.
Kasper: Nun, warum antwort't der Herr nicht? – Sind wir keiner Antwort wert? –
Peter: Recht, Kasper, du hast wie ein vernünftiger Mann gesprochen.
Kasper: Ja, weiter braucht's nix!
Peter: Sind wir keiner Antwort wert?
Ich konnte mich des Lachens nicht enthalten.
»Worüber lacht der Herr?« riefen beide Gegner sehr hitzig.
»Was ist hier zu lachen?« fragte Kasper; »antworten soll der Herr, und weiter braucht's nix!«
»Recht, Kasper«, fiel Peter ein, »da hast du die Wahrheit gesagt.«
»Der Herr sucht hier vielleicht Händel«, sagte der Wirt, und trat auf die Seite der Streitenden: »aber mein Haus ist ein ehrliches Haus, und ich will mir dergleichen verbitten.«
»Wir wollen ihn durchschlagen, daß er daran denkt«, rief Kasper, »und weiter braucht's nix!«
[157] Und wirklich machten nun alle drei Miene, über mich herzufallen. Ich aber glaubte am besten zu tun, wenn ich den Anfall nicht abwartete; ich eilte nach dem Stalle, bestieg mein Pferd, und ritt davon, indem ich sie noch immer hinter mir aus dem Fenster schimpfen hörte.
Der Regen hatte zwar etwas nachgelassen, aber das Wetter war mir doch immer noch sehr empfindlich; ich beschloß daher, im nächsten Dorfe in der Schenke einzukehren. – Als ich ankam, fand ich alle Stuben leer; kein Mensch kam, mir das Pferd abzunehmen; ich rief, ich fluchte, aber alles war vergebens, denn alle Leute waren davongegangen, um ihr Heu in Sicherheit zu bringen, das der Regen von der Wiese zu verschwemmen drohte. Ein Kind saß in der Stube und sagte mir, daß es mit Pferden nicht umzugehen wisse, auch sei der Stall zugeschlossen.
Ich mußte fort, so leid es mir auch tat, denn ich konnte doch das arme Pferd nicht im Freien stehen lassen. Das nächste Dorf war nur eine Viertelmeile entfernt, und ich beschloß, mich endlich dort zu erquicken.
Als ich ankam, sah ein altes Weib durch das Fenster der Schenke, und fragte, ob ich einkehren wolle; sie sagte mir aber gleich dabei, daß sie das Pferd nicht unterbringen könne, und daß sie auch nur im Hause allein sei. Ich bat sie jetzt nur um ein Glas Kirschwasser, um mich zu erwärmen, und nur endlich nach Hause zu kommen. Sie kam mit einem Glase nach dem Fenster zurück, und ich bat sie, mir einen Taler zu wechseln, weil ich kein andres Geld bei mir hatte. – Schnell zog sie das Glas zurück. »Ei, gehorsamer Diener!« rief sie, »der Herr ist pfiffig! – Aber wir sind auch nicht so dumm, als wir aussehn. – Umsonst das Wasser, und noch Geld obendrein bekommen, für falsches Geld, was nicht zwei Groschen wert ist? Nein, großen Dank!« – Damit schob sie das Fenster wieder zu, und ich mußte weiterreiten.
Das Gewitter war jetzt vorüber, und ein feiner schneidender Regen eingetreten. Ich hatte nur noch zwei Meilen bis nach meinem Dorfei von einer Anhöhe konnt ich es schon sehn. – Auf dem nächsten Dorfe ritt ich wieder vor die Schenke, fast schon überzeugt, daß hier ein neues Unglück entstehn müsse, und dies war auch wirklich der Fall; denn kaum war man in der Stube meiner ansichtig geworden, so eröffnete sich sogleich das Fenster, und vier starke Arme griffen nach dem Zaum meines Pferdes. – »Ei, das ist Lindners gestohlnes Pferd!« riefen alle Stimmen durcheinander: »gut, daß wir das wieder erwischt haben.« – In demselben Augenblicke umringten mich auch schon fünf bis sechs [158] Bauern, und bestanden darauf, ich solle vom Pferde steigen, denn es sei gestohlnes Gut. Ich mochte dagegen sagen und einwenden, was ich wollte, ich wurde nicht gehört, sondern alle fingen nur an, desto stärker zu schreien, und man würde mich am Ende wahrscheinlich vom Pferde mit Gewalt geworfen haben, wenn nicht zu meinem Glücke ein Bauer hinzugekommen wäre, der mich und mein Pferd kannte, und für beide gutsagte.
Als ich schon in meinem Dorfe war kamen mir noch einige Kühe entgegen, die beim Anblick meines Pferdes wild wurden: mein Pferd, das gern bei noch geringern Veranlassungen scheu wird, sprang plötzlich auf die Seite, und warf mich vor meinem eigenen Hause auf einen Haufen Stroh hin. – So war ich endlich glücklich in meiner Heimat angelangt.
Alle bedauerten mich des schlechten Wetters wegen, und ich sorgte für nichts so sehr, als mich gänzlich umzuziehn, und dann starken Kaffee zu trinken. Als beides geschehn war, fühlte ich mich nach den überstandenen Beschwerlichkeiten in meinem Sessel recht behaglich. – Ich überlegte bei mir selbst, ob denn nun der unruhige Tag wirklich geschlossen sei; ich glaubte, er müsse noch auf eine ganz eigne Art endigen, da dieser so ausgezeichnet gewesen war, wie ich nur noch wenige erlebt hatte.
Die Sonne ging sehr dunkelrot unter und der ganze Garten war mit Purpur gefärbt. Ich beschloß, noch einen kleinen Spaziergang zu machen.
Die Luft und die Erleuchtung waren nach dem Regenwetter seltsam; alle Bäume und Stauden waren wie neubeseelt, die ganze Natur schöpfte nach dem Gewitter gleichsam frischen Atem, und alles Grüne funkelte wie Diamanten und Rubinen. Ich war noch mit vielen poetischen Ideen beschäftigt, als ich jemand bemerkte, der seitwärts durch die Gänge schlich. Es war niemand aus dem Dorfe, und auch kein Bekannter; es fiel mir auf. – Kaum hatte er mich gesehn, so kam er schnell auf mich zu, fiel, obgleich der Boden naß war, zu meinen Füßen nieder, und sprach schnell folgende Worte:
»Helfen Sie mir! schützen Sie mich großmütiger Mann. – Sie können mich retten, wenn Sie wollen, und ich werde mich Ihnen zeitlebens verbunden erkennen. – Wenn Sie des Mitleids fähig sind, so nehmen Sie sich eines armen verlassenen Menschen an, der ohne Sie verloren ist.«
Ich wußte nicht, was ich denken oder sagen sollte, ich hielt den Menschen für wahnsinnig, bis es mir einfiel, daß dies die möglichbeste Beschließung dieses wunderbaren Tages sei. Ich [159] fragte ihn noch einiges, und da er um meine Verschwiegenheit bat, so führte ich ihn endlich, ohne daß ihn jemand bemerkte, in ein Zimmer, das nach dem Garten ging, verschloß ihn dort, und trug ihm selbst nachher das Abendessen hinüber.
Jetzt war ich mit mir und dem Tage zufrieden. Warum hat unsre Seele zuweilen eine Begierde nach irgendeiner seltsamen Begebenheit? Was sind diese Ahndungen, die sie uns zuweilen gleichsam im voraus ankündigen? –
Dies ist die kurze Beschreibung eines von jenen unruhigen Tagen. Es sollten sich Leute mit ihren Beobachtungen beschäftigen, so fände man am Ende vielleicht, nach welchen Regeln sie wiederkehrten; dieses Studium wäre ebenso nützlich, als die Wetterbeobachtungen.