[256] Waldhornsmelodie

Hörst! wie spricht der Wald dir zu,
Baumgesang,
Wellenklang:
Komm und finde hier die Ruh.
Ruhe aus in dem Gedanken,
Daß sie dich ja wieder liebt;
Sieh, wie alle Zweige schwanken,
Echo Töne wiedergiebt.
Spricht's herüber dir in's Herze?
Sei getrost und geh' in's Thal,
Weide dich an deinem Schmerze,
Deinem Glücke, allzumahl.
[257]
Bist und wandelst in der grünen Waldnacht,
Von dem Treiben der Welt so weit, weit,
Weißt, daß sie mit Sonnenaufgang bald wacht,
Denkst, empfindest ihre Holdigkeit.
Trarah! so springe muntrer Klang
Durch die Berge, durch das grüne Gebüsch!
Fühlst doch nach der Größe, nach Ruhm nicht Drang,
Schlägt dir's Herz vor Liebe doch so frisch.
Und sie hat dir ja versprochen,
Treu zu seyn bis in den Tod;
Hat ihr Wort noch nie gebrochen:
Nun, was hast du dann für Noth?
Und auch wieder wird sie kommen
Mit dem süßen, holdgen Mund,
Gram hat dann ein End genommen,
Küssest dich an ihm gesund.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Tieck, Ludwig. Gedichte. Gedichte. Erster Teil. Waldhornsmelodie. Waldhornsmelodie. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-544A-A