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In früheren Jahren bestand in der Stadt und im Amte Vechta die Gewohnheit, einmal im Jahre die Grenzen der Marken zu begehen, und man nannte diesen Rundgang Snatgang Das gab für einige Bauerschaften eine besondere Festlichkeit. Eine Tonne Bier und Weißbrod und Kuchen wurde mit rund gefahren, auch die kleinen Knaben aus dem Dorfe mitgenommen. Bei jedem Grenzzeichen – Kreuzkuhle – wurde Halt gemacht, Bier getrunken und Kuchen und Weißbrot unter die Knaben verteilt. Sobald aber die Knaben ihre Geschenke erhalten hatten, liefen sie fort, denn wer eingeholt wurde, bekam Schläge. Dies wiederholte man bei jeder Kreuzkuhle. Es geschah aber, damit die Knaben später, wenn es etwa zu einem Grenzstreite käme, die Kreuzkuhlen fest im Gedächtnisse [308] hätten und sagen könnten: »Hier an dieser Stelle habe ich Kuchen und Schläge bekommen.« In anderen Bauerschaften wurde Bier und Musik mitgenommen und bei jeder Kreuzkuhle ein Feuer angemacht, getrunken und getanzt; die Kohlen aber wurden zuletzt in die Grube geworfen. Als daher vor einigen Jahren Streit um eine Markengrenze war, weil die Kreuzkuhlen nicht sicher aufzufinden waren, sagte ein alter Mann, sie sollten an den zweifelhaften Stellen nach graben: wenn es die rechten seien, müßten Holzkohlen darin liegen. Wieder in einer andern Bauerschaft gingen die jungen Leute gleichfalls mit; bei der ersten Kreuzkuhle wurde getrunken, und dann mußten zwei von den Jungen nach der nächsten Kreuzkuhle laufen; wer zuerst kam, erhielt ein Geschenk; traf einer aber die Kuhle nicht in grader Richtung, so wurde er doppelt gestraft und obendrein ausgelacht. Abends aber wurde getanzt. Tages vor dem Snatgang mußte in einigen Bauerschaften einer durch das Dorf laufen und vor jedem Hause rufen: »Morgen werd Snat goahn!« Wurde er dabei gestört, oder begegnete ihm ein altes Weib, oder ein Hase lief über den Weg, so mußte er gleich wieder um und rufen: »Morgen werd nin Snat gahn!« und er mußte die Ansage so oft wiederholen, bis sie glücklich ablief.