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Zu dem Schmucke des Hochzeitshauses gehört im Süden ein Kranz, der gewöhnlich Sonntags vor der Hochzeit von den Freundinnen der Braut oder den jungen Mädchen aus der Nachbarschaft angefertigt wird. (Vechta.) Im nördlichen Teile wird eine mit Blumen und Grün, Bändern und Flittergold bunt verzierte Krone über der Haustür und nachher beim Tanz über der Diele aufgehängt. – Der Tanz gehört überall zum Hochzeitsvergnügen. Er beginnt gewöhnlich mit dem Ehrentanz, der darin besteht, daß die Braut erst mit dem Manne, darauf mit allen Hochzeitsgästen tanzt, das heißt, mit denselben eine Runde macht. Jeder Tänzer muß dafür der Musik ein Geldstück verabreichen. (Amt Vechta.) In Langförden begann früher der Tanz damit, daß erst der »lange Tanz« gegangen wurde. Die ganze Hochzeitsgesellschaft, die Musik vorauf, dann zu zweien die Gäste, hierauf die Brautleute, machte einen Gang durch das Dorf (Polonaise). In Großenkneten kennt man den Ehrentanz nicht. In der Fries. Wehde werden Haustrauungen vielfach am Nachmittage abgehalten. Die Hauptmahlzeit fällt dann fort und es wird sofort nach Ende der Kopulation der Kaffee serviert. Später bringt man die Krone auf die Diele, die Braut erhält eine Frauenhaube, der Mann eine Zipfelmütze, und der Ehrentanz nimmt seinen Anfang. Nach Ende desselben bringen die jungen Leute (Gäste) die Krone nach einem Hause, in dem sich eine wirkliche oder vermutliche Braut befindet, und hängen sie dort über der Türe auf, hierauf kehrt alles zum Hochzeitshause zurück und der Tanz nimmt seinen Fortgang. Im Ammerlande und bei Oldenburg übt man denselben Brauch, nur geschieht hier die Ueberbringung der Krone am späten Abende oder von den letzten Gästen. – Ist in Schweiburg oder Umgegend eine Hochzeit und in nächster Nähe ein Mädchen, das [197] sich verlobt hat und in absehbarer Zeit Hochzeit macht, dann winden die Hochzeitsleute einen Kranz von Kohl und begeben sich damit am späten Abend nach dem Hause der Braut. Dort sind die Leute gewöhnlich schon zu Bett gegangen. Sie werden geweckt, und ist die Braut zum Vorschein gekommen, dann nimmt die junge Frau des Hochzeitshauses den Kohlkranz und wirft ihn der Braut über den Kopf. Hierauf eine kleine Feier bei der überraschten Braut, wozu die Gäste die Getränke schon mitgenommen haben. Nach einer Stunde erfolgt die Rückkehr zum Festhause. – Geht die Festfeier zur Neige, dann macht sich die Gesellschaft daran, den Brautschleier zu zerreißen. In Großkneten bis Oldenburg hinauf herrscht folgende Sitte: Am Abende des Hochzeitstages wird getanzt, dann gegen 11 oder 12 der Tisch, an dem vorher gespeist worden, mehr nach dem Feuer hingeschoben und die junge Frau darauf gestellt. Jeder Gast zupft an ihrem Brautschleier, reißt einen Fetzen herunter und steckt denselben vorsichtig in die Tasche, denn der Fetzen bringt Glück. Die Frau hält darauf, daß nichts vom Schleier übrig bleibt. Dies bedeutet für sie Glück. Ist der Schleier fort, wird der Kranz vom Kopfe genommen und dafür die Frauenhaube aufgesetzt. Danach Fortsetzung des Tanzes. In Butjadingen, Harkebrügge, Altenoythe wird so verfahren, daß gegen 12 Uhr nachts das Tanzen unterbrochen wird, einige junge Leute die junge Frau aufsuchen, die dann gewöhnlich im Zimmer bei Verwandten sitzt, und ihr mit einer Schere den Schleier unter dem Kranze wegschneiden. Dann geht man mit dem Schleier hinaus, wirft ihn unter die Tänzer auf der Tenne und jeder reißt ein Stück herunter, um es mit nach Hause zu nehmen und gut zu bewahren. Ist der Schleier fort, dann wird der Kranz vom Kopfe genommen und die Frauenhaube aufgesetzt. Hierauf Fortsetzung des Tanzes. In Butjadingen leert jeder Gast am Schluß der Hochzeit sein Glas auf das Wohl der Brautleute und schleudert es dann auf den Boden, damit es dort in Stücken gehe. Die Sitte, viele Scherben zu produzieren auf Hochzeiten, ist noch nicht ausgestorben, man trifft sie mehrfach an im Lande. Je mehr Scherben, desto mehr Glück. – In Landwührden wird einer früheren Liebsten des Bräutigams in der Hochzeitsnacht ein Strohmann, einem früheren Liebsten der Braut ein Strohweib auf den Dachfirst gesetzt. – Die Eltern der Braut bezw. des Bräutigams, wenn er auf den [198] Hof der Braut heiratet, dürfen auf dem Ammerlande und im Saterland bei der Hochzeit nicht zugegen sein; aber am Sonntage nach der Hochzeit, an welchem die jungen Leute ihren ersten Kirchgang halten, ist nachmittags eine Nachhochzeit, zu welcher sie und einige andere nähere Verwandte und Nachbarn sich einfinden. Im ganzen Münsterlande pflegen die Neugetrauten am ersten Sonntage nach der Hochzeit im vollen Hochzeitsstaate ihren Kirchgang zu halten. Am Nachmittage pflegen sich dann wohl Bekannte oder Verwandte einzustellen, die zur Hochzeit nicht geladen waren. – Daß die zur Hochzeit Geladenen Geschenke mitbringen müssen, ist ein uralter Brauch. Auf dem Ammerlande sagt man:
Wenn früher im Jeverlande das Brautpaar von der Trauung nach Hause gekommen war, setzte sich die Braut in der guten Stube auf einen geschmückten Stuhl und nahm die Geschenke von den Gästen entgegen. Diese Geschenke bestanden meist aus großen zinnernen Kummen. Als Gegengabe erhielt der Schenkgeber einen Löffel voll »schmeerige Bohnen«, bestehend aus Syrup, Rosinen und Branntwein. Die Kummen wurden bei nächster Gelegenheit bei einem Zinngießer gegen irgend welche nützliche Gegenstände umgetauscht. – In Altenoythe darf ein Mädchen, das aus dem Hause heiratet, in den ersten sechs Wochen das elterliche Haus nicht wieder aufsuchen, weil es sonst über kurz oder lang in die elterliche Wohnung zurückkehren muß. – Die bekannte Schauspielerin Elise Devrient schreibt in ihren Jugenderinnerungen bei Erwähnung ihrer 50jährigen glücklichen Ehe von ihrem Hochzeitstage: Viel schlimme Vorbedeutungen: Regen im Brautkranz! der schlüpfrige Weg! der heulende Wind. Und doch, o ihr Abergläubigen, nach 50jähriger glücklicher Ehe rufe ich euch zu: Glaubt diesen Vorzeichen nicht, denn sie sind falsch.