455. Das Sterben.

Es kann nicht auffallen, daß der Tod unter allen Ereignissen, die den Menschen treffen können, am meisten abergläubische Vorstellungen erzeugt oder doch um sich gesammelt hat. Der Tod ist das, was am häufigsten vorspukt: 155ffg; auf ihn gehen häufiger als auf eine andere Tatsache die Vorbedeutungen: 4ffg., und den Zeitpunkt seines Eintritts zu erforschen, gibt es verschiedene Mittel: 115, 117, 120, 121. Die Vorbedeutungen des Todes sind so sehr häufig, daß der Abergläubische sich eigentlich wundern müßte, daß überhaupt noch ein Mensch am Leben ist. – »Alte Leute müssen sterben, junge Leute können sterben«, und: »Dar kamt äben so väl Kalffelle as Kohfelle to Markt«; es soll daher ein jeder stündlich zu sterben vorbereitet sein. Aber dennoch gibt es gewisse Vorbereitungen auf den Tod, vor denen man sich scheut, weil man fürchtet, der Vorbereitung folge das Vorbereitete [214] nicht nur notwendig, sondern auch bald. Daher scheuen sich viele vor der Kranken-Kommunion und letzten Ölung, daher machen viele ihr Testament nicht eher, als bis sie den Tod unmittelbar am Bette stehen sehen, manche, die es doch gewollt hatten, also gar nicht. – Wenn jemand fälschlicher Weise tot gesagt wird, so hat er Hoffnung noch lange zu leben.

Sterbende darf man nicht beklagen, es erschwert das Sterben: 45. Derjenige, an welchen ein Sterbender im letzten Augenblicke denkt, bekommt sofort ein Zeichen seines Todes, überhaupt wird das Sterben eines Verwandten häufig durch gleichzeitige Erscheinungen bekannt: 159. Stirbt jemand, so bleibt die Uhr im Zimmer von selbst stehen (Oldenbg.). Sofort nach dem Tode muß man im Zimmer die Spiegel verhängen und die Uhren still stellen. Im Amte Friesoythe öffnet man sofort Fenster und Tür, damit die Seele einen leichten Ausgang finde. Den Tod eines Hausbewohners muß man den Hausgenossen, den Haustieren, den Bienen, den Obstbäumen ansagen: 72. Einen Verstorbenen darf man nicht sogleich beklagen, er würde es noch hören. Ein plötzlicher Tod erweckt den Verdacht der Freimaurerei: 205. – (Im Ammerlande und einem Teile des Amtes Friesoythe herrscht der Brauch, daß, wenn zur Nachtzeit der Vater oder die Mutter stirbt, alles im Hause geweckt wird, Menschen und Vieh. Man klopft sogar an die Bienenkörbe. Sofort muß auch die Hausuhr stehen bleiben bis dahin, daß die Beerdigung geschehen ist. Es handelt sich um die Uhr, wonach sich die Hausgenossen richten, Taschen- und Weckuhren können weiter gehen. Das Stehenlassen der Hausuhr ist vielerwärts im Lande Sitte und geschieht bei allen Todesfällen im Hause. Stellenweise, nicht überall ist damit das Verhängen der Spiegel verbunden. Das Wecken zur Nachtzeit erfolgt nur beim Tode des Hausherrn und der Hausfrau, nicht bei anderen Sterbefällen. Eine Familie in Westerscheps (Ksp. Edewecht) hatte das Wecken unterlassen. Bald darauf erhielten sie ein taubstummes Kind, die Bienen gingen ein, und die Hausleute glaubten steif und fest, dies rühre daher, weil sie das Wecken unterlassen hätten.)

a.

Wecke Dag is nich in 'n Kalenner betekend? Der Todestag.

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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. Sagen. Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg. Zweiter Band. Zweites Buch. Fünfter Abschnitt. B. Das Leben des Menschen. 455. Das Sterben. a. [Wecke Dag is nich in 'n Kalenner betekend. Der Todestag.]. a. [Wecke Dag is nich in 'n Kalenner betekend. Der Todestag.]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2309-1